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Retentionsrecht
Ein Stockwerkeigentümer
zahlt die monatlichen Beiträge nicht mehr ein. Der Verwal- ter der
Stockwerkeigentümergemeinschaft gelangt mit der Frage an uns, ob die in
der Wohnung befindlichen wertvollen Perserteppiche für die ausstehenden
Beträge gepfändet werden können. rz. Angesichts der Bedeutung, welche die Beiträge
der Stockwerkeigentümer an die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten sowohl
für die Gemeinschaft als auch für deren Gläubiger besitzen, und
weil die Stockwerkeigentümer nicht solidarisch für gemeinschaftliche
Schulden haften, hat der Gesetzgeber ein Retentionsrecht vorgesehen. Dieses
bezieht sich auf die in den Räumen einer Stockwerkeinheit befindlichen und
zu deren Einrichtung und Benutzung gehörenden beweglichen Sachen.
Das in Art. 712 k ZGB geregelte
Retentionsrecht steht der Stockwerkeigentümergemeinschaft zu. Für die
Aufnahme der Retentionsurkunde ist das Betreibungsamt am Ort der Räume des
säumigen Stockwerkeigentümers zuständig. Ermächtigt, die
Aufnahme einer Retentionsurkunde zu begehren, ist der Verwalter sowie ein
einzelner Stockwerkeigentümer, und zwar auf Beschluss der Mehrheit hin
oder mit Bewilligung des Richters. Gegenüber dem Betreibungsamt muss die
Forderung glaubhaft gemacht werden, d. h., es muss dargelegt werden, dass der
betreffende Stockwerkeigentümer mit seinen Beiträgen im
Rückstand ist. Das Retentionsrecht der Gemeinschaft beschränkt
sich auf die in den letzten 3 Jahren entfallenden offenen
Beitragsforderungen. Für die Berechnung der Dreijahresfrist ist das
Begehren um Verwertung der Retentionsobjekte bzw. die Konkurseröffnung
über deren Eigentümer als Ausgangspunkt zu nehmen.
Gemäss Art. 712 k ZGB
können nur bewegliche Sachen retiniert werden, die sich in den Räumen
eines Stockwerkeigentümers befinden und zu deren Einrichtung oder
Benutzung gehören. Keine retentionsfähigen Objekte bilden die vom
Stockwerkeigentümer in seiner Einheit eingebauten und damit fest
verbundenen Gegenstände sowie die Kompetenzgüter (Art. 92 SchKG: z.
B. Kleider, unentbehrliche Möbel, Apparate, Hausgeräte,
religiöse Erbauungsbücher und Kultusgegenstände).
Das Retentionsrecht kann seitens
des nicht zahlenden Stockwerkeigentümers durch Leistung einer
Sicherstellung (Wertschriften, Bargeld, Bürgschaft, Errichtung eines
Schuldbriefs) abgewendet werden. Durch die Sicherstellung geht das
Retentionsrecht unter. Erfolgt eine Sicherstellung erst nach Aufnahme der
Retentionsurkunde, fällt das Retentionsrecht als solches jedoch nicht
dahin. Vielmehr tritt die Sicherheitsleistung an die Stelle der
Retentionsgegenstände und ist in der Retentionsurkunde aufzunehmen.
Will der nicht zahlende
Stockwerkeigentümer retinierbare, jedoch noch nicht in das
Retentionsverzeichnis aufgenommene Gegenstände fortschaffen, steht der
Gemeinschaft ein Zurückbehaltungsrecht zu. Zur Durchsetzung dieses Rechtes
kann die Gemeinschaft (Verwalter oder jeder einzelne Stockwerkeigentümer)
die Hilfe des Betreibungsamtes oder der Polizei in Anspruch nehmen. In
dringenden Fällen ist Selbsthilfe zulässig. Sind Gegenstände
bereits weggeschafft worden, kann beim zuständigen Betreibungsamt (Ort der
Liegenschaft) ein Begehren um Rückschaffung gestellt werden. Dieses hat
innert 10 Tagen seit der Wegschaffung zu erfolgen. Der Zeitpunkt
der Kenntnisnahme ist hingegen irrelevant.
Werden vom säumigen
Stockwerkeigentümer Gegenstände nach der Aufnahme eines
Retentionsverzeichnisses aus der Wohnung weggeschafft, können diese
jederzeit zurückverlangt werden, da solche Handlungen rechtswidrig sind.
Die Benutzung der retinierten Gegenstände in den Räumlichkeiten ist
hingegen erlaubt.
Innert 10 Tagen seit Zustellung
des Retentionsverzeichnisses ist die Betreibung auf Pfand-verwertung beim
Betreibungsamt am Ort der Liegenschaft einzuleiten, ansonsten die retinierten
Gegenstände aus dem Retentionsbeschlag fallen. |
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