HEV 5/1998 Inhaltsverzeichnis


  Mietvertrag
 

       
   

Bürgschaft

rz. Ein Vermieter und ein Mieter schliessen einen Geschäftsmietvertrag ab. Da es sich beim Mieter um eine im Aufbau befindliche Einzelfirma handelt, verlangt der Vermieter als Sicherheit für die monatlichen Mietzinszahlungen eine Bürgschaft von dessen Vater, der eine einflussreiche, finanzkräftige Persönlichkeit ist. Dabei stellt sich die Frage, in welcher Form eine solche Bürgschaft abzuschliessen ist. Schriftlichkeit - öffentliche Beurkundung - per Handschlag?

Durch einen Bürgschaftsvertrag, der zwischen Bürge und Gläubiger abgeschlossen wird, verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld einzustehen. Bei der Bürgschaft handelt es sich um ein sogenanntes akzessorisches Rechtsgeschäft, d. h., eine verbindliche Bürgschaft entsteht nur, wenn eine gültige Hauptschuld, sprich im vorliegenden Fall ein gültiger Mietvertrag, vorhanden ist. Die Bürgschaft ist nicht die einzige akzessorische Verpflichtung im Gebiete des Privatrechts. Es gibt daneben noch andere Vertragsarten, die zur Sicherung einer Schuld dienen: die Konventionalstrafe und das Pfandrecht, wobei bei diesen der Schuldner meistens selbst die zusätzliche Sicherung vornimmt, und nicht ein Dritter.

Schwierigkeiten bereiten oft die Abgrenzungen der Bürgschaft gegenüber den Garantieverträgen (z. B. Bankgarantie) und dem Schuldbeitritt. Gegenüber der Garantie liegt der Unterschied darin, dass jede Bürgschaft akzessorisch ist, während der Garant beim Garantievertrag sich selbständig, d.h. eben nicht akzessorisch, verpflichtet; der Garant steht für die Leistung als solche ein, der Bürge dagegen für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Dem Garant stehen demnach keine Einreden aus dem Mietvertrag gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners zu. Beim Schuldbeitritt erklärt eine Drittperson, dass sie neben dem Hauptschuldner für die monatlichen Mietzinszahlungen aufkommen werde, sollten diese nicht bezahlt werden. Gegenüber dem Garantievertrag behält der Solidarschuldner die Einreden aus dem Mietvertrag, weshalb der Schuldbeitritt der Bürgschaft sehr ähnlich ist. Massgebend für die Auslegung ist der von den Parteien durch den Vertrag angestrebte wirtschaftliche Erfolg. Erhält der hinzutretende Schuldner keine Gegenleistung und hat er kein eigenes, ausgeprägt im Vordergrund stehendes Interesse an der Erfüllung der Schuldpflicht, so wird im Zweifel Bürgschaft anzunehmen sein.

Im Vergleich zum Garantievertrag und zum Schuldbeitritt ist der Bürgschaftsvertrag in der schweizerischen Gesetzgebung (Art. 492 ff. OR) sehr umfangreich geregelt worden, vorallem bezüglich der formellen Voraussetzungen. Während die Bürgschaftserklärung einer juristischen Person in schriftlicher Form möglich ist, bedarf sie bei natürlichen Personen, sofern der Haftungsbetrag Fr. 2000.- überschreitet, der öffentlichen Beurkundung, was mit Notariatskosten verbunden ist. In allen Fällen muss zudem der Haftungsbetrag vom Bürge zahlenmässig genau bestimmt und eigenhändig in der Bürgschaftsurkunde aufgeführt werden. Dabei genügt die blosse Bestimmbarkeit der Haftungssumme nicht, auch dann nicht, wenn die Bestimmung des Haftungsbetrages unter Zuhilfenahme einer einfachen rechnerischen Operation erfolgen kann, denn der Bürge muss den Höchstbetrag seiner Haftung bei der Bürgschaftsübernahme vor Augen gehabt haben. Somit ist eine Bürgschaft in der Form von «3 Monatszinsen» oder «Fr. 3000.- plus Zins» grundsätzlich ungültig, und der ganze Bürgschaftsvertrag fällt dahin. Beim zweiten Beispiel wäre eine Ungültigkeit meines Erachtens zu formalistisch und müsste eine Verbürgung wenigstens mit Bezug auf das in der Verpflichtung zahlenmässig bestimmte Kapital von Fr. 3000.- oder schlechthin bis Fr. 3000.- (Kapital inkl. gesetzlicher oder vertragsmässiger Zins) gültig sein.

Stellt sich eine verheiratete Person als Bürge zur Verfügung, braucht es dazu die schriftliche Zustimmung des Ehegatten, wenn die Ehe nicht durch richterliches Urteil getrennt ist. Eine Ausnahme von der Zustimmung ist dann gegeben, wenn der Bürge im Handelsregister eingetragen ist.

Bei der Bürgschaft gibt es neben Nebenarten zwei Hauptarten, nämlich die einfache Bürgschaft und die Solidarbürgschaft. Während bei der einfachen Bürgschaft der Bürge grundsätzlich erst belangt werden kann, wenn der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist oder der Gläubiger über einen definitiven Verlustschein verfügt oder der Hauptschuldner seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat, kann bei der Solidarbürgschaft der Bürge bereits dann belangt werden, wenn der Hauptschuldner mit seiner Leistung in Rückstand und einmal erfolglos gemahnt wurde.

Aus diesen Schilderungen geht klar hervor, dass eine Solidarbürgschaft für den Vermieter viel vorteilhafter ist. In formeller Hinsicht ist noch zu erwähnen, dass eine Solidarbürgschaft nur dann vorliegt, wenn sich der Bürge unter Beifügung des Wortes «solidarisch» oder mit anderen gleichbedeutenden Ausdrücken verpflichtet hat. Die Praxis zeigt, dass eine Bürgschaft im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis selten vorkommt, dies klar im Gegensatz zu Garantieverträgen.

 
     

 

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