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HEV 2/1999 | Inhaltsverzeichnis |
Aus der Praxis des Bundesgerichts |
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Ausserordentliche Kündigung bei Lärm
ah. Auch (bzw. erst recht) in einem älteren, ringhörigen Haus mit knarrenden Parkettböden hat ein Mieter auf die anderen Hausbewohner Rücksicht zu nehmen. Wenn er nachts mit Schuhen mit harten Sohlen herumgeht, Möbel umstellt, staubsaugt oder zu jeder Nachtstunde Geschirr abwäscht, verletzt er seine Pflicht zur Rücksichtnahme in schwerer Weise. Gibt er solches Verhalten trotz schriftlicher Mahnung und Androhung der Kündigung nicht auf, ist eine ausserordentliche Kündigung gerechtfertigt.Gemäss Art. 257f OR muss der Mieter auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen. Verletzt er die Pflicht zur Rücksichtnahme trotz schriftlicher Mahnung des Vermieters weiterhin, so dass den Hausbewohnern die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist, kann der Vermieter mit einer Frist von 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen. Die Verletzung der in Art. 257f OR verankerten Pflicht zur Rücksichtnahme kann u.a. in der Nichtrücksichtnahme auf die Nachtruhe bestehen. Ob die Pflicht zur Einhaltung der Nachtruhe der anderen Hausbewohner Ausfluss von Polizeivorschriften, der Hausordnung, einer ausdrücklichen Klausel des Mietvertrages oder ganz einfach der allgemeinen Pflichten ist, die dem Leben in der Gesellschaft innewohnen, spielt gemäss Bundesgericht keine Rolle. Im konkreten Fall hatten die Mieter trotz Abmahnung dauernd die Nachtruhe gestört. So ergaben die Zeugeneinvernahmen vor dem kantonalen Gericht «Möbelverschiebungen» um 05.30 Uhr, «Trittgeräusche» (Schuhe mit harten Sohlen) um 03.00 Uhr, Staubsaugen um 06.05 Uhr oder Geschirrgeräusche um 01.00 Uhr. Die fehlbaren Mieter entschuldigten den Lärm u.a. mit der sehr schlechten Schallisolierung des Gebäudes. Diese Rechtfertigung liess das Bundesgericht jedoch nicht gelten. Vielmehr verlange die schlechte Schallisolierung des Gebäudes von den Mietern eine besondere Rücksichtnahme und die Mieter seien gehalten, gewöhnliche Arbeiten wie Geschirrspülen und Staubsaugen möglichst während des Tages vorzunehmen. Das Bundesgericht bestätigte im übrigen die Auffassung der kantonalen Gerichte, wonach die oben umschriebenen nächtliche Schallimmissionen für die Hausbewohner nicht zumutbar waren. Die ausserordentliche Kündigung war somit rechtens. Der Entscheid des Bundesgerichts zeigt, dass Art. 257f OR keine Stumpfe Waffe ist; kommen Störungen der Nachtruhe wiederholt vor, kann der Vermieter das Mittel der ausserordentlichen Kündigung in Erwägung ziehen. Er muss aber bedenken, dass der Mieter eine solche Kündigung in der Regel nicht akzeptiert und nicht von sich aus auszieht. Dem Vermieter bleibt dann nichts anderes übrig, als den Rechtsweg zu beschreiten, was erfahrungsgemäss sehr lange dauern kann. Wenn irgendwie möglich ist es daher ratsam, von der ausserordentlichen Kündigung abzusehen und unter Einhaltung der ordentlichen Fristen und Termine zu kündigen. Unter Umständen empfiehlt sich, vorerst ordentlich zu kündigen und gleichzeitig zu mahnen und die ausserordentliche Kündigung anzudrohen. Fruchtet die Mahnung nichts, kann in Anlehnung an Art. 257f OR auch noch ausserordentlich gekündigt werden. Urteil 4C.79/1998 vom 4.6.1998, Originaltext französisch, deutsche Übersetzung in: Praxis 87(1998), Nr. 153 |
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