HEV 7/1999 Inhaltsverzeichnis


  Die Liegenschaft im Konkursverfahren
 

       
   
Müssen Mietverträge übernommen werden ?

Si. In den parlamentarischen Beratungen der Mietrechtsrevision wurde auf die Problematik der Zwangsvollstreckung nicht näher eingegangen. Müssen nun bei der Ersteigerung im Konkursverfahren alle langjährigen Mietverträge oder bloss die im Grundbuch vorgemerkten übernommen werden ?

Die deutschen Rechtsordnungen, zu welcher natürlich auch die deutschschweizer zählt kannten und kennen entweder den Grundsatz «Kauf bricht Miete» oder «Kauf bricht Miete nicht», wobei in beiden Fällen die Grundsätze stets durch mehr oder weniger bedeutende Ausnahmen durchlöchert waren und sind. Dem Grundsatz im Sinne von «Kauf bricht Miete» wurde nur von den Römern in Reinkultur nachgelebt.
Die heute in der Schweiz gültige Regelung geht vom Grundsatz «Kauf bricht Miete nicht» aus. Gemäss Art. 261 OR geht das Mietverhältnis auf den Erwerber über, wenn der Vermieter die Sache nach Abschluss des Mietvertrages veräussert oder wenn sie ihm im Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren entzogen wird . Der neue Eigentümer kann bei Wohn-und Geschäftsräumen das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn er dringenden Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht.
Bei der konkursrechtlichen Versteigerung einer Liegenschaft kann gemäss Art. 142 SchKG der vorgehende Grundpfandgläubiger den Aufruf sowohl mit als auch ohne die nachrangige Last verlangen, wenn das Grundstück ohne seine Zustimmung mit einer Dienstbarkeit, einer Grundlast oder einem vorgemerkten persönlichen Recht belastet worden ist, und er kann die Löschung verlangen, wenn das Angebot mit der Last zur Befriedigung seiner Forderung nicht ausreicht. Diese Regel kommt also bei im Grundbuch vorgemerkten Mietverträgen zur Anwendung.
Was gilt aber, wenn langjährige Mietverträge nicht im Grundbuch vorgemerkt sind? Gemäss einem neueren Bundesgerichtsentscheid (BGE 125 II 123 ff.) kann ein Doppelaufruf auch bei diesen erfolgen. Das Bundesgericht hat hier eine Gesetzeslücke erkannt und diese geregelt.
Zu beurteilen war auch die Frage, wie der Erwerber vorzugehen hat. Kann er direkt die Ausweisung verlangen oder bedarf es einer Kündigung? Das Bundesgericht hat sich für Letzteres entschieden. Obwohl dogmatisch gesehen die erste Variante die richtigere gewesen wäre, würde sie nach Meinung des Bundesgerichts die Interessen des Mieters und den Willen des Gesetzgebers nicht hinreichend wahren, welcher gemäss Art. 261 Abs. 1 OR einen Übergang des Mietverhältnisses ausdrücklich gewollt hat.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass ein vorgehender Grundpfandgläubiger, welcher einem nachträglichen langjährigen Mietverhältnis nicht zugestimmt hat den doppelten Aufruf und gegebenenfalls die Löschung der Vormerkung im Grundbuch verlangen kann, falls das Angebot mit der Last (Mietvertrag) zur Befriedigung seiner Forderung nicht ausreicht. Der Erwerber (Ersteigerer) kann dann den Mietvertrag mit der gesetzlichen Frist auf den gesetzlichen Termin kündigen, ohne dass er dringenden Eigenbedarf geltend machen müsste.
 
       

 

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