HEV 6/2000 Inhaltsverzeichnis


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Rolf Hegetschweiler
Direktor Hauseigentümerverbände
Stadt und Kanton Zürich

     
 

Mieter direkt unterstützen oder Wohnungsbau subventionieren?

Im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn haben zwei Ökonomen des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements ein alternatives Modell vorgestellt, das ihrer Ansicht nach den „working poor“ besser hilft. Sie schlagen Einkommenszuschüsse vor für Erwerbstätige, deren Lohn für den Grundbedarf einer Familie nicht ausreicht. Unter diesem System erhalten Familien, deren Haushalteinkommen unter der so genannten Armutsgrenze liegt, Subventionen oder Steuererleichterungen. Die Hauptvorteile dieses Modells bestehen darin, dass es zielgenau ist (unterstützt werden die wirklich bedürftigen Haushalte) und keine negativen Auswirkungen auf die Preisbildung auf dem Arbeitsmarkt zeitigt (Löhne orientieren sich weiterhin an der Produktivität der Arbeitskraft).
Bei allen Unterschieden zwischen Arbeits- und Wohnungsmarkt lassen sich Parallelen feststellen. Wohnen und arbeiten sind Grundbedürfnisse des Menschen und im Arbeits- wie im Wohnungsmarkt gibt es grosse Unterschiede in der Verteilung der Ressourcen: Zahlreiche „working poor“ können von ihrem Verdienst nicht leben und für einen Teil der Mieterinnen und Mieter ist die Belastung durch Wohnkosten kaum noch tragbar.
Auch im Mietwesen gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte für Unterstützung: die Verbilligung von Mietwohnungen („Objekthilfe“), beispielsweise mittels Massnahmen von Bund und Kantonen (WEG), und die Unterstützung von einzelnen Mieterinnen und Mietern („Subjekthilfe“). Insbesondere die zwei oben angeführten Argumente für die Ausrichtung von Lohnzuschüssen gelten gleichermassen auch beim Wohnen für die Subjekthilfe: Sie ist zielgenau, werden doch diejenigen Mieter entlastet, deren Einkommen überdurchschnittlich durch Mietkosten belastet wird, und sie beeinflusst nicht die Preisbildung über den Markt. Die Objekthilfe dagegen bleibt nicht ohne Einfluss auf die Preisbildung. Zudem profitieren von ihr immer auch Haushalte, die diese Förderung gar nicht nötig hätten. Am negativsten wirkt sich jedoch die generelle Regulierung des Marktes durch das Mietrecht aus. Sie setzt den Markt geradezu ausser Kraft, führt zu Preisverzerrungen auf dem Wohnungsmarkt und kurbelt dadurch die Nachfrage zusätzlich an. Die Position der schwächsten Wohnungssuchenden wird nicht wirklich verbessert, weil sie auch bei günstigen Wohnungen in Konkurrenz zu stärkeren Marktteilnehmern stehen.
Die Forderung nach Einführung der Marktmiete, wie sie Prof. Franz Jaeger an der jüngsten Delegiertenversammlung des HEV Schweiz vom 3. Juni in Fribourg erhob, ist aktueller denn je. Um soziale Härtefälle, die es in einem wie auch immer gestalteten Wohnungsmarkt immer geben wird, zu lindern, eignet sich Subjekthilfe am besten. Besser als die “Giesskannen“-Subventionierung von Wohnraum. Und besser als ein Mietrecht, welches alle Mieter als Schutzbedürftige behandelt.
 
     

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