HEV 6/2000 Inhaltsverzeichnis

  Die Eigentumswohnung

     
  Die Versammlung der Stockwerkeigentümer

rd. Wer ist befugt, eine Versammlung der Stockwerkeigentümer einzuberufen? Wie gestaltet sich das Verfahren? Wie hat die Protokollführung auszusehen? Diese und andere Fragen bezüglich der Versammlung der Stockwerkeigentümer werden nachfolgend genauer untersucht und beantwortet.

Wie bei vielen Fragen, die das Stockwerkeigentum betreffen, kann man auch im Zusammenhang mit der Versammlung der Eigentümer nicht generell auf eine gesetzliche Regelung verweisen. Zumeist muss man das individuelle Reglement der Gemeinschaft konsultieren. Das Gesetz lässt den Stockwerkeigentümern nämlich viele Freiheiten, eine eigene Regelung zu treffen. Der Lesbarkeit halber wird im Folgenden nur punktuell darauf hingewiesen, dass das Reglement eine andere Vorschrift enthalten kann. Die Lektüre entbindet den Leser daher nicht von einer abschliessenden Konsultation des Reglements. Im ZGB regelt Art. 712n lediglich die Zuständigkeit zur Einberufung der Versammlung und die Pflicht zur Protokollierung sowie zur Aufbewahrung der Protokolle. Für gewisse Fragen muss man zudem auf das Vereins- und auf das Aktienrecht greifen. Gerade weil die gesetzliche Regelung sehr rudimentär gehalten ist, ist es sehr verbreitet, genauere Regelungen in den Reglementen anzuführen.
Grundsätzlich ist der Verwalter zuständig, zu entscheiden, wann eine Versammlung stattfinden soll sowie zur eigentlichen Einberufung, doch muss mindestens eine Versammlung pro Jahr stattfinden. Ist der Verwalter der Meinung, dass neben der jährlichen ordentlichen Versammlung weitere ausserordentliche Versammlungen notwendig sind, so beruft er auch diese ein. Das Reglement kann den Zeitpunkt der Jahresversammlung bestimmen und auch die Gründe für eine ausserordentliche Versammlung benennen. Der Verwalter ist rechtlich kein notwendiges Organ der Stockwerkeigentümergemeinschaft ist. Es gibt durchaus Gemeinschaften, welche ohne Verwalter auskommen. In diesem Falle ist jeder einzelne Stockwerkeigentümer befugt, eine Versammlung einzuberufen. Je nach Reglement kann auch ein Ausschuss dazu berechtigt sein.
Berechtigt, nicht die Versammlung selber einzuberufen, aber vom Verwalter zu verlangen, dass dieser eine Versammlung einberuft, ist überdies ein Fünftel aller Stockwerkeigentümer. Für die Berechnung des Fünftels sind nicht die Wertquoten massgebend, sondern die Köpfe. Bei einer Gemeinschaft von 10 Miteigentümern können daher unabhängig von ihrer Wertquote 2 Eigentümer die Einberufung beim Verwalter verlangen. Ein Problem entsteht dann, wenn vom Verwalter die Einberufung einer Versammlung verlangt wird, dieser sich aber weigert, dem Begehren nachzukommen. In diesem Falle muss man an den Richter gelangen, welcher die Einberufung anordnet.
Bei der Einberufung muss der Verwalter (allenfalls der Ausschuss) darauf achten, dass jeder Stockwerkeigentümer gehörig benachrichtigt wird. Beim Miteigentum und beim Gesamteigentum an einer Stockwerkseigentumseinheit sowie im Falle einer Nutzniessung tut der Verwalter daher gut daran, allen eine Einladung zukommen zu lassen, insbesondere dann, wenn er nicht genau weiss, wer der Vertreter dieser Personenmehrzahl ist.
Die Einberufungsfirst ist im Gesetz nirgends geregelt, doch ist klar, dass diese nicht so kurz bemessen sein darf, dass sich die Miteigentümer gar nicht richtig vorbereiten können. Man kann also davon ausgehen, dass die Frist mindestens 10 Tage betragen muss. Sind hingegen die Daten der Versammlungen im Reglement bereits festgelegt, so braucht die Einberufungsfrist nicht eingehalten zu werden. Allerdings dürfen die Miteigentümer nicht durch aussergewöhnliche Traktanden überrumpelt werden. Die Frage nach der Einhaltung der Frist stellt sich natürlich dann nicht, wenn sich tatsächlich alle Stockwerkeigentümer an der Versammlung einfinden.
Sollen an der Versammlung Beschlüsse gefasst werden, müssen die zu diskutierenden Geschäfte gehörig traktandiert sein. Welchen Mindestanforderungen die Traktandenliste entsprechen muss, sollte im Reglement geregelt sein, denn das Gesetz regelt die Traktandenliste nicht speziell. Im Prinzip reicht es, wenn alleine die zu diskutierenden Geschäfte auf der Liste angegeben sind. Über nicht gehörig angekündigten Geschäfte, kann man wohl in der Versammlung diskutieren, darf aber keinen Beschluss fassen, sondern muss diesen auf eine nächste Sitzung vertagen. Ist kein Verwalter bestellt, so hat jeder Stockwerkeigentümer das Recht die Traktandierung eines Geschäfts zu verlangen. Ist ein Verwalter bestellt, so ist auf jeden Fall ein Fünftel aller Stockwerkeigentümer berechtigt, einzelne Traktanden einzubringen. Ob auch in verwalteten Stockwerkeigentümergemeischaften dieses Recht jedem Einzelnen zusteht, ist in der Lehre umstritten. Es empfiehlt sich also, dieses Problem im Reglement zu regeln, damit es erst gar nicht entstehen kann.
Die Versammlung wird in der Regel vom Verwalter geleitet. Es ist aber auch möglich die Leitung zum Beispiel einem Ausschussmitglied zu überlassen. Je nach Reglement kann natürlich auch eine Versammlungsleiter zu Beginn der Sitzung bestimmt werden. Dieser wird dann mit dem einfachen Mehr gewählt. Der Verwalter hat sodann die Pflicht darauf zu achten, dass ein Protokoll erstellt wird und muss die Protokolle auch sicher verwahren. Vom Gesetz vorgeschrieben ist lediglich, dass ein eigentliches Beschlussprotokoll angefertigt werden muss. Dieses muss vom Vorsitzenden und vom Protokollführer unterzeichnet werden. Das Protokoll sollte nach der Versammlung möglichst schnell ausgefertigt und an alle Stockwerkeigentümer versandt werden, denn die Frist zur Anfechtung eines Beschlusses beträgt einen Monat seit der Kenntnisnahme des Beschlusses. Da die nicht anwesenden Miteigentümer häufig von den getroffenen Beschlüssen erst dann etwas erfahren, wenn sie eine Protokollkopie erhalten, könnte bei längerem Zuwarten mit dem Versand eine unerwünschte Rechtsunsicherheit entstehen.
 
     

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