Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 01/2001 Inhaltsverzeichnis
Die Seite des Geschäftsleiters

Rolf Hegetschweiler
Direktor Hauseigentümerverbände
Stadt und Kanton Zürich

Ein gutes neues Jahr (-tausend)!

Nun hat es ja wirklich begonnen, das neue Jahrtausend, von dem bereits vor einem Jahr alle Welt geredet hat. Was wird es unserem Land bringen?, was uns selber? Die Schweiz geniesst im internationalen Vergleich eine beachtliche politische Stabilität, was von Kritikern oft mit Schwerfälligkeit gleichgesetzt wird. Dies zu unrecht, obschon unser politisches System doch eher zur komplizierteren Art gehört. Die Schweizer Wirtschaft profitiert seit einiger Zeit vom Aufschwung, die Arbeitslosenzahlen sind auf Werte gesunken, von denen andere Länder nur träumen. Selbst die Bundesfinanzen kommen allmählich ins Lot, und die Ausgabenfreudigkeit der Konsumenten erreicht so hohe Werte, wie sie letztmals 1989 beobachtet wurden.
Alles bestens also? Sicher wäre es verfehlt, in Pessimismus zu verfallen bei der Betrachtung der Schweiz an der Schwelle zum dritten Jahrtausend. Es geht uns Schweizerinnen und Schweizern wirklich nicht schlecht. Einige gewichtige Herausforderungen stehen uns aber in den nächsten Jahren dennoch bevor.
Die Bundesfinanzen kommen aller Voraussicht nach bald in die schwarzen Zahlen. Im Gleichschritt dazu werden allerdings auch die Begehrlichkeiten wieder anwachsen. Zwei Dinge müssen deshalb vermieden werden: Erstens darf das Ziel nicht sein, möglichst viele Partikularinteressen auf Kosten des Staates und damit der Steuerzahler zu befriedigen. Vielmehr muss das Ziel in Zeiten wachsender Staatseinnahmen sein, sowohl die Schulden wie die Steuer- und Staatsquote zu senken. Zweitens dürfen die Verteilkämpfe um Subventionsmillionen nicht zu einer Spaltung des Landes in lauter verschiedene Interessen- und Anspruchsgruppen führen, die dauernd neue Begehrlichkeiten anmelden und keine der anderen etwas gönnt. Das würde den Zusammenhalt der Schweiz wirklich gefährden.
Die Frage des Frühenglisch hat in den letzten Monaten die Gemüter in unserem mehrsprachigen Land in Wallung gebracht. Wenn einzelne Kantone der englischen Sprache gegenüber dem Französisch mehr Gewicht beimessen, dürfen das unsere welschen Compatriots nicht als Affront gegen ihre Sprachgruppe sehen, sie verhalten sich nämlich gleich. Das Englische ist aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken. Allerdings sollen aber Französisch und Deutsch als zweite Landessprachen ihren Stellenwert behalten: Der Zusammenhalt in der Schweiz hängt nicht unwesentlich davon ab, dass sich Schweizer beidseits der Sprachgrenze einigermassen verstehen. In welcher Sprache das geschieht, ist eher sekundär.
Eine weitere Streitfrage, welche die Schweiz in zwei gegensätzliche Lager spaltet, ist die Europafrage. Die Ratifizierung der Bilateralen Verträge in den EU-Mitgliedstaaten dauert nun doch länger als ursprünglich erhofft, und schon steht in der Schweiz der nächste europapolitische Urnengang an: Am 4. März kommt die Volksinitiative "Ja zu Europa" zur Abstimmung, welche die unverzügliche Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen verlangt. Man kann über unsere Beziehungen zu Europa geteilter Meinung sein, und erst recht zur integrationspolitischen Ungeduld der "Euroturbos". Gescheiter wäre auf jeden Fall gewesen, das Thema „EU-Beitritt“ eine Zeit- lang ruhen zu lassen. Zu recht wird die chancenlose Abstimmung vom kommenden März als Beitritts-Zwängerei und unnötige Provokation empfunden, die dem Annäherungsprozess mehr schadet als nützt.
Die Schweiz hat eine politische Kultur, die gekennzeichnet ist von oftmals mühsamer Konsenssuche, vom Einbezug unterschiedlicher Sichtweisen und vom Ausgleich unterschiedlicher Interessen. Damit hat sie seit mehr als 150 Jahren gute Erfahrungen gemacht und es gibt kaum ersichtliche Gründe, von diesem bewährten Rezept Abstand zu nehmen. Das haben auch diejenigen Parteien und Gruppierungen zu berücksichtigen, welche die Zauberformel aufkündigen wollen, und jene, die von einem Oppositionssystem schwärmen. Sie haben wenig begriffen von den politischen Zusammenhängen in unserem Land.
Ich wünsche mir für das neue Jahrtausend, dass es uns immer wieder gelingt, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die nicht die gleiche Sprache sprechen, die nicht die gleichen Vorstellungen von unserer Gesellschaft haben und auch nicht partout unsere politischen Ideen teilen müssen. Wenn wir trotz inhaltlicher Gegensätze gemeinsam zu guten Lösungen für unser Land kommen, weil wir die gleiche politische Kultur haben und das Bestreben, Lösungen und nicht Ideologien in den Vordergrund zu stellen, dann haben wir Entscheidendes für die Schweiz von morgen getan.
In diesem Sinn wünsche ich unserer Hauseigentümerfamilie und allen Leserinnen und Lesern ein gutes neues Jahr (-tausend)!

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