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Der
Werkmangel: Beweislast und Sicherung des Beweises Cornel Tanno
Die Mängelrechte des
Bestellers (Nachbesserungs-, Minderungs- und Wandlungsrecht) setzen voraus,
dass das abgelieferte Werk mangelhaft ist. Wird zwischen Besteller und
Unternehmer streitig, ob das abgelieferte Werk einen Werkmangel aufweist, so
stellt sich in einem Prozess die Frage nach der Beweislast.
Als Grundsatz ist festzuhalten, dass der
Besteller, der aus der Mangelhaftigkeit des abgelieferten Werkes
Mängelrechte gegenüber dem Unternehmer ableitet, das Vorliegen eines
Werkmangels zu beweisen hat. Die Beweislast trifft somit den Besteller,
nicht den Unternehmer. Insbesondere trifft den Besteller die Beweislast
dafür, dass ein behaupteter Mangel tatsächlich eine
Vertragsabweichung und damit ein Werkmangel im Rechtsinn darstellt.
Die Zuteilung der Beweislast an den Besteller
schliesst nicht aus, dass der Unternehmer bei Beweisschwierigkeiten des
Bestellers verpflichtet ist, dessen Beweisführung zu erleichtern (sog.
Mitwirkungspflicht). Verweigert der Unternehmer die Mitwirkung, zu der er
verpflichtet ist, so kann seine Weigerung im Rahmen der Beweiswürdigung zu
seinem Nachteil ausschlagen. Weil der
Besteller die Beweislast für die Mangelhaftigkeit des Werkes trägt,
hat er ein erhebliches Interesse, den Beweis für die Mangelhaftigkeit des
abgelieferten Werkes zu sichern. Umgekehrt kann die Unternehmer ein Interesse
an der Sicherung des Gegenbeweises haben. Der Besteller oder der Unternehmer
kann das Werk durch eine privaten Sachverständigen untersuchen und den
Befund in einem Privatgutachten festhalten lassen. Ein Privatgutachten im
Auftrag des Unternehmers setzt allerdings voraus, dass der Besteller sich der
Untersuchung des abgelieferten Werkes nicht widersetzt. Hinzu kommt, dass ein
Privatgutachten, das für die eine oder andere Partei erstellt wird, kein
Beweismittel für einen allfälligen Prozess ist, sondern nur die
Bedeutung einer Parteibehauptung zukommt. Deshalb fällt das Gutachten des
Privaten als rechtliches Mittel der Beweissicherung ausser Betracht, was aber
nicht ausschliesst, dass der Richter es wie andere Behauptungen in die
Urteilsfindung einbezieht. Vom Beizug
eines privaten Sachverständigen zu unterscheiden ist die vorsorgliche
Beweisaufnahme, welche das kantonale Prozessrecht vorsieht. Diese
Beweisaufnahme dient der Beweissicherung im Hinblick auf einen bevorstehenden
oder laufenden Prozess. In diesem Fall wird auf Antrag des Bestellers oder des
Unternehmers zur Prüfung des Werkes ein richterlich ernannter
Gutachter bestellt. Vorausgesetzt ist in aller Regel die
Beweisgefährdung, die glaubhaft zu machen ist. An das Vorliegen einer
glaubhaft gemachten Beweisgefährdung pflegt die Gerichtspraxis
keine strengen Anforderungen zu stellen. Hinsichtlich der Kosten steht fest, dass jede Partei den von ihr
beigezogenen Privatgutachter bezahlen muss. Wird eine vorweggenommene
Beweisaufnahme nach kantonalem Prozessrecht angeordnet, so bestimmt sich die
Kostentragung nach dem anwendbaren Prozessrecht. Abschliessend ist festzuhalten, dass es aufgrund der Beweislast,
welche beim Besteller liegt, u.U. notwendig ist, vorweg (vor einem
allfälligen Prozess) ein Privatgutachten erstellen zu lassen bzw. den
Antrag auf vorsorgliche Beweisabnahme zu stellen, da nach Verstreichen einer
gewissen Zeit der Beweis nicht oder nur noch mit grossem Aufwand erbracht
werden kann. |
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