Erfolg
für lärmgeplagte Flughafen-Anwohner Markus Grädel
In der Dezembersession hat
der Nationalrat einer Parlamentarischen Initiative von Nationalrat Rolf
Hegetschweiler Folge gegeben, welche verlangt, dass sich der Bund an den Kosten
von gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzmassnahmen bei
Landesflughäfen beteiligt. Die Initiative erlangt noch grössere
Bedeutung, nachdem das Bundesgericht nur wenige Tage später die vom
Bundesrat festgelegten Lärmgrenzwerte nach unten korrigiert hat, was die
finanziellen Folgen massiv erhöht.
Die Parlamentarische
Initiative von Rolf Hegetschweiler verlangt, dass der Bund sich an der
Finanzierung der Massnahmen beteiligt, die sich aus der Anwendung der
Lärmschutzverordnung auf die Landesflughäfen Zürich-Kloten,
Genève-Cointrin und (in beschränktem Umfang ) Basel-Mulhouse
ergeben. Sie will damit den - zum öffentlichen Verkehr gehörenden -
Flugverkehr den anderen Verkehrsträgern gleichstellen. Nach heute
geltendem Recht hätte ausschliesslich der Verursacher - in diesem Fall
also der Flughafenbetreiber - für Lärmschutzmassnahmen aufzukommen.
Er würde die Kosten seinen Kunden, den Flugpassagieren, weiterbelasten.
Bund zahlt bei Bahn und
Schiene Auch für Strassen- und
Bahnprojekte schreiben Umweltschutzgesetz und Lärmschutzverordnung des
Bundes vor, dass Massnahmen zum Schutz der betroffenen Anwohner vor
übermässigem Lärm zu treffen sind. Im Unterschied zur heutigen
Situation bei den Flughäfen ist es bei Strasse und Schiene aber seit
langem so und unbestritten, dass sich der Bund an der Finanzierung dieser zum
Teil teuren Massnahmen beteiligt. Konkret geht es etwa um die Erstellung von
Lärmschutzwänden und den Einbau von Lärmschutzfenstern, aber
auch um die Entschädigung von Wertminderungen von Grundstücken, die
wegen des Lärms nur noch beschränkt nutzbar sind (z.B. Bauverbot
für Wohnhäuser).
Rechtssicherheit für
Anwohner Dass der Nationalrat der
Initiative Hegetschweiler Folge gegeben hat, darf als Erfolg gewertet werden.
Noch in der vorberatenden Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie
(UREK) sprach sich eine Mehrheit dagegen aus. Es wurde eine einseitige
Subventionierung des Luftverkehrs befürchtet. In der Folge liess sich aber
der Rat davon überzeugen, dass es gerade nicht darum geht, sondern um eine
Gleichbehandlung der Verkehrsträger. Zudem schafft die angestrebte
Regelung für die betroffenen Anwohner eine bessere Rechtssicherheit,
besitzen sie doch so einen gesetzlich festgeschriebenen Anspruch auf Massnahmen
zum Schutz vor übermässiger Lärmbelastung. Zusätzliche Aktualität erhielt die Initiative
durch einen in der gleichen Woche publizierten Entscheid des Bundesgerichtes.
Es hatte mehrere Einsprachen gegen die vom Bundesrat am 12. April 2000
erlassenen Lärmgrenzwerte für Landesflughäfen zu beurteilen. Der
Bundesrat hatte damals die Grenzwerte höher festgesetzt als eine
Expertenkommission empfohlen hatte. Das Bundesgericht hat nun entschieden, dass
diese höheren Grenzwerte nicht mit den Zielen der eidgenössischen
Umweltschutz-Gesetzgebung vereinbar seien. Es ist anzunehmen, dass der
Bundesrat als Folge dieses Gerichtsentscheides in nächster Zeit die
Lärmgrenzwerte so festlegen wird, wie dies die Experten vorgeschlagen
haben, also auf einem tieferem Pegel.
Kosten in
Milliardenhöhe Der Entscheid
hat zwei Konsequenzen: Erstens sind mit den tieferen Lärmgrenzwerten
für ein grösseres Gebiet Lärmschutzmassnahmen vorgeschrieben und
entsprechend mehr Haushalte und Personen profitieren davon. Während mit
der bundesrätlichen Verordnung vom April dieses Jahres nur rund 6000
Personen im Umkreis des Flughafens Kloten von Lärmschutzmassnahmen
profitiert hätten, umfassen die Grenzwerte gemäss Expertenkommission
ein Gebiet mit über 30'000 Einwohnern. Zweitens sind die finanziellen
Auswirkungen des Bundesgerichtsentscheides beträchtlich: Das Departement
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) rechnet aufgrund der
neuen Situation mit Kosten in der Höhe von 1,7 Milliarden Franken. Bei den
vom Bundesrat festgelegten und nun vom Bundesgericht für ungültig
erklärten Grenzwerten wären es hingegen "nur" 220 Millionen gewesen.
Neue
Finanzierungsinstrumente nötig Gemäss geltendem Recht haben für die Milliardenkosten
ausschliesslich die Verursacher der Lärmemission aufzukommen, das heisst
die Flughafenbetreiber. Was das bedeutet, kann man sich einfach ausmalen: die
Flughafenbetreiberin, in Kloten die unique zurich airport AG,
überwälzt die Kosten auf die Passagiere. Die ohnehin schon hohen
Flughafentaxen müssten weiter erhöht werden. Es geht um Kosten in der
Grössenordnung von sechs bis zehn Franken pro Flugticket. Hier sind
dringend zusätzliche Finanzierungsinstrumente gefragt. Mit der von
Nationalrat Hegetschweiler eingebrachten Initiative ist ein solches gefunden:
Der Bund wird die Zusatzkosten ganz oder teilweise übernehmen - so wie er
das bereits bei der Bahn und bei Strassen tut. Das ist um so mehr
gerechtfertigt, als die Luftfahrt dem Bund jährlich rund 50 Millionen
Franken Treibstoffzoll abliefert. Dieses Geld wird bis jetzt (unter anderem)
für Lärmschutzmassnahmen entlang von Bahntrassen und Strassen
verwendet!
Inkrafttreten
frühestens 2002 Bis wann eine
entsprechende Gesetzesänderung oder Verordnung in Kraft treten wird,
lässt sich aus heutiger Sicht noch nicht sagen. Die nationalrätliche
Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie hat nun einen
Gesetzgebungsvorschlag zuhanden des Rates auszuarbeiten. Dafür hat sie
höchstens zwei Jahre Zeit. Angesichts der Aktualität der Frage ist zu
erwarten - und zu hoffen - dass sie sich damit nicht all zu viel Zeit
lässt. Anschliessend muss das Projekt durch beide eidgenössischen
Räte. Im besten Fall könnte eine entsprechende Gesetzesänderung
2002 in Kraft treten. |