Hauseigentümerverband Zürich
Monatsschrift
Home
Verband
Veranstaltungen Seminare
Monatsschrift
Formulare
Handwerker
Links
HEV 03/2001 Inhaltsverzeichnis
Steuern

Eigenmietwert und Vermögenssteuerwert von Liegenschaften - eine Leidensgeschichte ohne Ende!
* Dr. Jürg Dubs

1. Die Vorgeschichte im Kanton Zürich
1992: Der Regierungsrat erlässt am 10. Juni 1992 die (ab Steuerjahr 1993 anwendbare) Weisung an die Steuerbehörden über die Bewertung von Liegenschaften und die Festsetzung der Eigenmietwerte (Weisung 1992). Damit werden die Eigenmiet- und Vermögenssteuerwerte massiv erhöht.
Gegen die Weisung 1992 erhebt der Hauseigentümerverband Zürich im September 1992 staatsrechtliche Beschwerde an das Schweizerische Bundesgericht.
  1994: Das Bundesgericht tritt in der öffentlichen Urteilsberatung vom 20. Juli 1994 mit 3 zu 2 Stimmen auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein. Begründung: Jeder einzelne Hauseigentümer könne und solle sich selber in seiner eigenen Steuereinschätzung gegen überhöhte Werte zur Wehr setzen.  
  1995: In einem Pilotprozess entscheidet das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 19. Dezember 1995 letztinstanzlich, dass die Weisung 1992 wegen des Systems der Bodenpreisermittlung verfassungswidrig ist.  
  1996: Der Regierungsrat des Kantons Zürich erlässt sofort - am 7. Februar 1996 - eine neue Liegenschaftenweisung (sog. Uebergangsweisung 1996). Sie ist rückwirkend ab Steuerjahr 1993 anwendbar und führt in der Regel zu etwas tieferen Werten als die (verfassungswidrige) Weisung 1992.
Bereits am 21. August 1996 erlässt der Regierungsrat eine weitere Liegenschaftenweisung, die ab Steuerjahr 1997 gilt (Weisung 1996). Die Eigenmiet- und Vermögenssteuerwerte werden wieder erhöht.
 
  1997: Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich entscheidet am 26. März 1997 in einem wiederum vom Hauseigentümerverband Zürich angestrengten Pilotprozess, dass die Rückwirkung der Uebergangsweisung 1996 zulässig ist. Das Bundesgericht bestätigt am 15. November 1999 (mit unbefriedigender Begründung) dieses Urteil.  
  1999: Die Steuerrekurskommission I des Kantons Zürich stellt im weiteren Pilotprozess des Hauseigentümerverbands Zürich betreffend die Weisung 1996 mit Entscheid vom 10. Juni 1999 fest, dass die massgebenden Landwerte dieser Weisung rechtswidrig erlassen worden sind. Trotzdem lässt die Steuerrekurskommission die Weisung 1996 weitergelten. Das Verwaltungsgericht bestätigt am 19. April 2000 im Ergebnis diesen Entscheid.
Der Regierungsrat erlässt am 3. März 1999 die neuste Liegenschaftenweisung, die ab Steuerperiode 1999 gilt (Weisung 1999). Die Eigenmiet- und Vermögenssteuerwerte werden wiederum erhöht.
Gegen die Weisung 1999 erhebt der Hauseigentümerverband Zürich nochmals staatsrechtliche Beschwerde an das Schweizerische Bundesgericht.
 
  2000: Das Bundesgericht tritt am 22. Juni 2000 erneut - mit gleicher Begründung wie 1994 - auf die Beschwerde nicht ein.  
 

2. Der heutige Zustand
a) Eigenmietwert
Die Weisung 1999 schreibt in Ziffer 83 unter anderem vor, dass der Eigenmietwert für jede Liegenschaft individuell festgesetzt werden muss, wenn der (vom Gemeindesteueramt mitgeteilte schematische) Formel-Eigenmietwert über 90% der Marktmiete liegt. Gemäss Ziffer 86 der Weisung ist in diesem Fall der Eigenmietwert auf 90% der Marktmiete zu senken.

Die Steuerrekurskommission II des Kantons Zürich hat nun mit Entscheid vom 30. Januar 2001 diesen Wert auf 70% der Marktmiete herabgesetzt. Gleichzeitig hat sie entschieden, dass der Eigenmietwert in jenen Fällen auf 70% der Marktmiete (und nicht bloss - wie gemäss Ziffer 86 vorgeschrieben - auf 60%) anzuheben ist, in denen der Formel-Eigenmietwert unter 60% der Marktmiete liegt (welcher letztgenannte Satz die verfassungsmässig absolut unterste, in keinem Fall zu unterschreitende Grenze bildet). Damit ist einmal mehr eine regierungsrätliche Liegenschaftenweisung durch die Steuerjustiz partiell für gesetzwidrig erklärt worden.
Die Steuerrekurskommission II des Kantons Zürich hat nun mit Entscheid vom 30. Januar 2001 diesen Wert auf 70% der Marktmiete herabgesetzt. Gleichzeitig hat sie entschieden, dass der Eigenmietwert in jenen Fällen auf 70% der Marktmiete (und nicht bloss - wie gemäss Ziffer 86 vorgeschrieben - auf 60%) anzuheben ist, in denen der Formel-Eigenmietwert unter 60% der Marktmiete liegt (welcher letztgenannte Satz die verfassungsmässig absolut unterste, in keinem Fall zu unterschreitende Grenze bildet). Damit ist einmal mehr eine regierungsrätliche Liegenschaftenweisung durch die Steuerjustiz partiell für gesetzwidrig erklärt worden.
Neu gilt daher ab Steuerperiode 1999 bei den individuell bewerteten Eigenmietwerten im Kanton Zürich in jedem Fall der Satz von 70% der Marktmiete.
Vom genannten Entscheid der Steuerrekurskommission II betroffen sind somit nur Hauseigentümer, deren Formel-Eigenmietwert 90% der Marktmiete übersteigt bzw. 60% unterschreitet. Nichts ändert sich vorläufig für Hauseigentümer mit Formel-Eigenmietwerten zwischen 60 bis 90% der Marktmiete. Voraussichtlich wird das Kantonale Steueramt Zürich den Entscheid beim Verwaltungsgericht anfechten. Er ist daher noch nicht definitiv.

b) Vermögenssteuerwert
Hier liegt zur Zeit noch kein wegleitender Entscheid einer Steuerjustizinstanz vor. Die Weisung 1999 schreibt in Ziffer 79 vor, dass der Vermögenssteuerwert für jede Liegenschaft individuell festgesetzt werden muss, wenn der (ebenfalls vom Gemeindesteueramt mitgeteilte schematische) Formel-Vermögenssteuerwert 100% des Verkehrswerts übersteigt bzw. 70% unterschreitet. Laut Ziffer 82 der Weisung ist diesfalls der Vermögenssteuerwert auf 100% bzw. auf 70% des individuell ermittelten Verkehrswerts festzusetzen. Es ist offen, welchen Zielwert die Steuerjustizinstanzen in diesem Zusammenhang als angemessen beurteilen werden.

Der Hauseigentümerverband Zürich wird erneut informieren, wenn sich die Rechtslage beim Eigenmiet- und Vermögenssteuerwert der Liegenschaften weiterentwickelt.

c) Empfehlung für das weitere Vorgehen
In allen noch offenen Steuereinschätzungen 1999 sollen die Hauseigentümer beim Steueramt eine Individualbewertung der Marktmiete und/oder des Verkehrswerts verlangen, wenn ihr Formel-Eigenmietwert nach ihrer Meinung über 90% der Marktmiete bzw. ihr Formel-Vermögenssteuerwert über 100% des Verkehrswerts der Liegenschaft liegt. Gleichzeitig sollen sie beantragen, dass der Eigenmietwert auf 70% der Marktmiete bzw. der Vermögenssteuerwert auf höchstens 90% des Verkehrswerts festgesetzt wird. Allfällige Einsprachefristen sind unbedingt zu beachten! Wenn möglich ist ein (selber bei einem anerkannten Schätzer in Auftrag gegebenes) Privatgutachten über die Marktmiete und/oder den Verkehrswert der Liegenschaft beizulegen. Beim Ausfüllen der Steuererklärung 2000 ist gleich vorzugehen.

3. Die Zukunft
Der Zürcher Kantonsrat hat am 8. Januar 2001 beschlossen, das Steuergesetz dahingehend zu ändern, dass der Eigenmietwert in jedem Fall auf maximal 70% des Marktwerts festzulegen ist. Der Vermögenssteuerwert einer Liegenschaft soll auf 90% des Verkehrswerts herabgesetzt werden, wenn sich durch eine individuelle Schätzung ergibt, dass der Formel-Vermögenssteuerwert über dem Verkehrswert liegt.

Kommt das (von Mieterseite angekündigte) Referendum gegen die Gesetzesänderung zustande, ist zur Zeit schwer abzuschätzen, wann die Aenderung - sofern sie in der Volksabstimmung angenommen wird - in Kraft tritt. Die Referendumsfrist läuft am 20. März 2001 ab. Ohne Referendum dürfte die Gesetzesänderung wohl frühestens auf 1. Januar 2002 in Kraft treten, wenn nicht noch weitere Verzögerungsaktionen unternommen werden.
Was schliesslich den auf Bundesebene diskutierten Systemwechsel bei der Eigenmietwertbesteuerung anbelangt, scheint mittlerweile schon ziemlich viel Sand in das Getriebe gelangt zu sein. Nachdem die Wohneigentumsinitiative des Schweizerischen Hauseigentümerverbands von Volk und Ständen verworfen wurde, soll nun das gegenüber den Verlierern abgegebene politische Versprechen des Systemwechsels eingelöst werden. Dabei stellt sich leider immer mehr heraus, dass solche (gutgläubige?) Versprechen wenig wert sind, wenn nach der Tat Rat gehalten wird. Dieser fördert jetzt je länger desto mehr zu Tage, was unter Fachleuten schon lange bekannt ist: Dass nämlich ein derartiger Systemwechsel sowohl aus steuerrechtlichen als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen sehr problematisch ist. Das heisst im Klartext, dass möglicherweise die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung - unter welchen Bedingungen auch immer - stets weiter in die Ferne rückt und dass letztlich der Gesetzgeber doch wieder in Betracht ziehen könnte, die Akzeptanz- und Anwendungsprobleme der geltenden Eigenmietwertbesteuerung lediglich durch eine Reform dieser Besteuerung zu "lösen".

4. Schlussbetrachtung
Hier kann sich der Autor nach allem kurz fassen: Er weiss heute wohl wie Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch nur mit Sicherheit, dass die erzählte Leidensgeschichte vorläufig kein Ende nimmt. Ja sie wird - wie stark zu befürchten steht - überhaupt nie ein Ende finden, welches sämtliche steuerpflichtige Hauseigentümer und Mieter gleichermassen zufrieden stellt. Bekanntlich kann eben ein gordischer Knoten nicht gelöst, sondern nur durchschlagen werden.

* Dr. Jürg Dubs, Rechtsanwalt, Winterthur

Inhaltsverzeichnis