 |
Liegenschaft
erkaufen oder ererben? * Martin
Byland
Hans Aeschbacher,
75-jährig und Witwer, kommt zu mir in die Beratung, weil er seine
Steuersituation optimieren möchte. Er wohnt in seinem Einfamilienhaus in
Wettswil und ist zudem Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in Chur. Seine
beiden Kinder haben längst eine eigene Familie gegründet. Bei dem
1962 erstellten Mehrfamilienhaus mit 12 Wohnungen sollten in nächster Zeit
Renovationen von gut 500000 Franken vorgenommen werden. Die Auslegeordnung
ergibt drei Varianten: a) das Mehrfamilienhaus vor der Renovation verkaufen b)
renovieren und den Kindern vererben c) im Rahmen einer Vorerbschaft an die
Kinder übertragen. Je nach Variantenwahl fallen ganz unterschiedliche
Steuern an: Jeder Verkauf würde sofort Grundstückgewinn- und
Handänderungssteuern auslösen. Eine Übertragung der Liegenschaft
an die Kinder im Rahmen einer Vorerbschaft oder nach seinem Tod würde
Erbschaftssteuern kosten, da der Kanton Graubünden (bis heute) die
Nachkommen noch nicht von der Erbschaftssteuer befreit hat. Steuerfrei
wäre nur die Weitergabe des Verkaufserlöses an die Kinder, da
diesbezüglich der Kanton Zürich als Wohnort von Hans Aeschbacher
für die Besteuerung zuständig ist und dieser die Nachkommen nicht
besteuert. Das Gespräch ergibt, dass sich Hans Aeschbacher eigentlich
nicht mehr mit der Renovation beschäftigen möchte. Aber was tun?
Solang er nicht weiss, ob die Kinder ein Interesse am Mehrfamilienhaus haben,
kann er keine vernünftige Planung vornehmen. Der Verzicht auf den Verkauf
der Liegenschaft und die damit verbundenen Kosten (Renovationskosten und
Erbschaftssteuer) machen nur dann Sinn, wenn die Kinder ein
längerfristiges Interesse daran haben. Andernfalls wäre ein baldiger
Verkauf vorteilhafter, da dies zwar Grundstückgewinnsteuern auslösen
würde, der Erlös jedoch steuerfrei an die Kinder vererbt werden
könnte. Eine Aussprache mit den Kindern wird Hans Aeschbacher bei
seiner Entscheidung sicher helfen. Er ist damit in seiner Entscheidungsfreiheit
nicht eingeschränkt, aber er vermeidet, dass er von falschen
Voraussetzungen ausgeht. Erst danach kann eine vernünftige Steuerplanung
an die Hand genommen werden. Me mues halt rede mitenand
* Martin Byland, lic. iur.
Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG, Zürich |
 |