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HEV 06/2001 Inhaltsverzeichnis
Vertragsrecht

Der Werkmangel: Beweislast und Sicherung des Beweises
* Cornel Tanno

Die Mängelrechte des Bestellers (Nachbesserungs-, Minderungs- und Wandlungsrecht) setzen voraus, dass das abgelieferte Werk mangelhaft ist. Wird zwischen Besteller und Unternehmer streitig, ob das abgelieferte Werk einen Werkmangel aufweist, so stellt sich in einem Prozess die Frage nach der Beweislast.

Als Grundsatz ist festzuhalten, dass der Besteller, der aus der Mangelhaftigkeit des abgelieferten Werkes Mängelrechte gegenüber dem Unternehmer ableitet, das Vorliegen eines Werkmangels zu beweisen hat. Die Beweislast trifft somit den Besteller, nicht den Unternehmer. Insbesondere trifft den Besteller die Beweislast dafür, dass ein behaupteter Mangel tatsächlich eine Vertragsabweichung und damit ein Werkmangel im Rechtsinn darstellt.
Die Zuteilung der Beweislast an den Besteller schliesst nicht aus, dass der Unternehmer bei Beweisschwierigkeiten des Bestellers verpflichtet ist, dessen Beweisführung zu erleichtern (sog. Mitwirkungspflicht). Verweigert der Unternehmer die Mitwirkung, zu der er verpflichtet ist, so kann seine Weigerung im Rahmen der Beweiswürdigung zu seinem Nachteil ausschlagen.
Weil der Besteller die Beweislast für die Mangelhaftigkeit des Werkes trägt, hat er ein erhebliches Interesse, den Beweis für die Mangelhaftigkeit des abgelieferten Werkes zu sichern. Umgekehrt kann der Unternehmer ein Interesse an der Sicherung des Gegenbeweises haben. Der Besteller oder der Unternehmer kann das Werk durch eine privaten Sachverständigen untersuchen und den Befund in einem Privatgutachten festhalten lassen. Ein Privatgutachten im Auftrag des Unternehmers setzt allerdings voraus, dass der Besteller sich der Untersuchung des abgelieferten Werkes nicht widersetzt. Hinzu kommt, dass ein Privatgutachten, das für die eine oder andere Partei erstellt wird, kein Beweismittel für einen allfälligen Prozess ist, sondern nur die Bedeutung einer Parteibehauptung zukommt. Deshalb fällt das Gutachten des Privaten als rechtliches Mittel der Beweissicherung ausser Betracht, was aber nicht ausschliesst, dass der Richter es wie andere Behauptungen in die Urteilsfindung einbezieht.
Vom Beizug eines privaten Sachverständigen zu unterscheiden, ist die vorsorgliche Beweisaufnahme, welche das kantonale Prozessrecht vorsieht. Diese Beweisaufnahme dient der Beweissicherung im Hinblick auf einen bevorstehenden oder laufenden Prozess. In diesem Fall wird auf Antrag des Bestellers oder des Unternehmers zur Prüfung des Werkes ein richterlich ernannter Gutachter bestellt. Vorausgesetzt ist in aller Regel die Beweisgefährdung, die glaubhaft zu machen ist. An das Vorliegen einer glaubhaft gemachten „Beweisgefährdung“, pflegt die Gerichtspraxis keine strengen Anforderungen zu stellen.
Hinsichtlich der Kosten steht fest, dass jede Partei den von ihr beigezogenen Privatgutachter bezahlen muss. Wird eine vorweggenommene Beweisaufnahme nach kantonalem Prozessrecht angeordnet, so bestimmt sich die Kostentragung nach dem anwendbaren Prozessrecht.
Abschliessend ist festzuhalten, dass es aufgrund der Beweislast, welche beim Besteller liegt, unter Umständen notwendig ist, vorweg (vor einem allfälligen Prozess) ein Privatgutachten erstellen zu lassen bzw. den Antrag auf vorsorgliche Beweisabnahme zu stellen, da nach Verstreichen einer gewissen Zeit der Beweis nicht oder nur noch mit grossem Aufwand erbracht werden kann.

* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich

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