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HEV 08/2001 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

po. In "Der Schweizerische Hauseigentümer" vom 15.6.01 wurde darauf hingewiesen, dass der Tod des Mieters den Mietvertrag nicht automatisch auflöst, sondern dass er auf die Erben übergeht. Das heisst jedoch nicht, dass die Erben Anspruch auf Weiterführung des Mietvertrages oder auf Abschluss eines neuen Metvertrages haben, wie aus einem Entscheid der Basler Schlichtungsstelle hervorgeht:

Miete und Erbrecht
* Andreas Zappalà

Tod des Mieters
Der Mietvertrag über die 3-Zimmerwohnung wurde am 2. November 1963 abgeschlossen. Seither bewohnte der im Januar dieses Jahres verstorbene Mieter mit seiner Familie das Mietobjekt. Der Sohn wuchs in der Wohnung auf, zog dann aber nach Erreichen der Volljährigkeit aus. Bereits kurz vor seinem Tod fragte der Mieter die Vermieterschaft, eine Erbengemeinschaft, an, ob sein Sohn nach seinem Ableben die Wohnung übernehmen könne. Der Vermietervertreter mochte keine diesbezüglichen Aussagen zu machen und verwies auf einen notwendigen Entscheid der Eigentümergemeinschaft. Unmittelbar nach dem Tod des Vaters zog der Sohn in die Wohnung ein und begehrte von der Vermieterschaft den Erhalt eines neuen Mietvertrages. Der Vermietervertreter machte erneut keine Zusagen und stellte eine Prüfung des Begehrens im Zuge der Neuvermietung der Wohnung in Aussicht. Er verlangte vom Erben eine Kündigung des mit seinem Vater abgeschlossenen Mietvertrages, damit der Abschluss eines neuen Mietvertrages überhaupt an die Hand genommen werden könne.

Kündigung durch den Erben
Der Erbe befolgte diese Aufforderung und kündigte den Mietvertrag seines Vaters per 30. Juni 2001. Das Kündigungsschreiben vom 28. Februar 2001 hatte folgenden Wortlaut:»Gemäss unserer telephonischen Besprechung kündige ich pro Forma den Mietvertrag meines verstorbenen Vaters auf Ende Juni 2001. Dabei möchte ich meine grosse Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass ich die Wohnung nach Erledigung diverser Formalitäten unter meinem Namen weiterführen darf». In der Folge fanden diverse Wohnungsbesichtigungen und Vermietungsverhandlungen mit Interessenten statt. Ende März/anfangs April – der genaue Termin konnte nicht mehr festgestellt werden - wurde dem Sohn mündlich und ohne Begründung mitgeteilt, dass man ihm keinen neuen Mietvertrag vorlegen werde und die Wohnung anderweitig vermietet würde. Somit habe er bis spätestens zum Kündigungstermin Ende Juni das Mietobjekt zu verlassen. In einem Schreiben vom 9. April 2001 stellte der Erbe erbost fest, dass er durch diese «in juristischer und menschlicher Hinsicht bedenkliche Vorgehensweise» um sein Mietrecht gebracht werde. Er warf der Vermieterschaft vor, ihn mit falschen Informationen veranlasst zu haben, sich um die Wohnung zu bewerben, und ihn zur Kündigung der Wohnung gedrängt zu haben. Er verlangte, dass er als normaler Mieter akzeptiert und der Mietvertrag mit ihm weitergeführt werde. Am 20. April 2001 machte er bei der Schlichtungsstelle ein Verfahren mit dem Rechtsbegehren anhängig, es sei festzustellen, dass er unter falschen Angaben zur Kündigung aufgefordert worden sei und er somit die Wohnung per 1. Juli 2001 nicht verlassen müsse. Zudem sei die Vermieterschaft zur Offenlegung der Begründung der Weitergabe der Wohnung aufzufordern.

Vorwurf der Täuschung
An der Schlichtungsverhandlung warf der Mieter der Vermieterschaft vor, durch Vorspiegelung falscher rechtlicher Grundlagen habe diese ihn zur Kündigung verleitet. Die Schlichtungsstelle folgte dieser Argumentation jedoch nicht, sondern war der Meinung, dass der 2. Teil des Briefes diese Behauptung nicht vollends stütze. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Mieter zum damaligen Zeitpunkt nicht sicher sein konnte, dass er die Wohnung tatsächlich bekommen würde. Reklamationen von Mitbewohnern, welche anhand eines entsprechenden Schreibens nachgewiesen seien, hätten den Ausschlag für eine abschlägige Antwort gegeben. Aber auch zu Lebzeiten des Vaters hätte sich die Vermieterschaft nie festlegen wollen.

Die Schlichtungsstelle anerkennt keinen Erbanspruch
Zum Erbrecht meinte die Schlichtungsstelle, dass die Universalsukzession wohl mehr zum Schutz des Vermieters angerufen werden könne, der nach dem Tod des Mieters nicht Gefahr von Mietzinsverlusten laufen soll. Den Erben sei insofern Unterstützung geboten, als ihnen ausservertragliche kürzere Kündigungsmöglichkeiten zustehen. Aus der Universalsukzession lasse sich aber kein Recht des Erben auf die Weiterführung des mit dem Erblasser eingegangenen Mietvertrages resp. Abschluss eines neuen Mietvertrages ableiten. Das Geschehene wertete die Schlichtungsstelle als Unkenntnis der Parteien, wie bei einem Todesfall des Mieters zu verfahren sei. Als erwiesen erachtete die Schlichtungsstelle hingegen die Tatsache, dass bei Ausbleiben einer Kündigung durch den Mieter der Vermieter mit Sicherheit den Mietvertrag gekündigt hätte. Diese Kündigung wäre spätestens im April 2001 erfolgt.
Da das Rechtsbegehren nicht die Anfechtung einer Kündigung durch den Vermieter zum Inhalt hatte, konnte die Schlichtungsstelle keinen Entscheid fällen. Aufgrund obiger Erwägungen schlug die Schlichtungsstelle den Parteien vor, das Mietverhältnis einmalig bis zum 30. September 2001 zu erstrecken. Denn hätte der Vermieter die Kündigung aussprechen müssen, so wäre diese aufgrund der vertraglichen Abmachungen frühestens per 30. September möglich gewesen.

Schlichtungsstelle erkennt richtig
Die Erkenntnisse der Schlichtungsstelle sind als richtig zu befinden. Mit dem Tod des Mieters geht das Mietverhältnis auf die Erben über, welche nunmehr Rechte und Pflichten übernehmen. Art. 266i OR erklärt, dass die Erben den Mietvertrag mit der gesetzlichen Frist, d.h. bei Wohnungen drei Monate, auf den nächsten gesetzlichen Termin, in der Regel der orts- und quartierübliche Termin, kündigen können. Diese Regelung bietet insbesondere jenen Erben eine Hilfestellung, welche vom Erblasser einen mit einer befristeten Mietdauer oder mit einer längeren als der gesetzlichen Kündigungsfrist versehenen Mietvertrag haben übernehmen müssen. Unterbleibt eine Kündigung, so darf der Vermieter vom Interesse an einer Fortführung des Mietvertrages durch die Erben ausgehen. Beabsichtigt hingegen der Vermieter die Auflösung des Mietvertrages, so hat er denselben mittels Formular den Erben zu kündigen. Allerdings ist er an die vertraglichen Fristen und Termine gebunden, es sei denn, es liegen ausserordentliche oder wichtige Kündigungsgründe vor. Die vermieterseits ausgesprochene Kündigung ist anfechtbar; die Erben müssten allerdings besondere Umstände anführen können, damit die Kündigung unter dem Aspekt der Missbräuchlichkeit aufgehoben werden kann.
In vorliegendem Fall blieb der Schlichtungsstelle keine andere Wahl, als das Begehren abzuweisen. Der Mieter dürfte allzu sehr auf den Abschluss eines neuen Mietvertrages vertraut haben, obwohl ihm die Vermieterschaft hierzu keinerlei Anzeichen gegeben hat. Der Vorwurf der Täuschung ist wohl an den Haaren herbeigezogen. Dieser Einwand wurde denn auch vom Mietervertreter als letzter Rettungsanker an der Verhandlung immer wiederholt, allerdings ohne Erfolg. Die Umstände, insbesondere auch die mangelnde Sachkenntnis der beiden Parteien, schliessen eine bewusste Täuschung von vorne herein aus.
P.S. Der Erbe hat inzwischen den Vergleich widerrufen und der Vermieterschaft mit einer Klage vor Bundesgericht gedroht.

* HBV Basel

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