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HEV 08/2001 Inhaltsverzeichnis
Fluglärm

Entschädigungsbegehren infolge Fluglärms: Klärung der Verjährungsfrage veranlasst
Medienmitteilung der Baudirektion und der Flughafen Zürich AG

Seit Frühling dieses Jahres läuft das Enteignungsverfahren zwischen diversen Grundeigentümerinnen und -eigentümern in Opfikon-Glattbrugg einerseits und dem Kanton Zürich (vertreten durch die Baudirektion) anderseits vor der Eidgenössischen Schätzungskommission. Das Verfahren steht im Zusammenhang mit Entschädigungsforderungen wegen übermässigem Fluglärm (formelle Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte). Mit Blick auf eine möglichst ökonomische Durchführung der komplexen Verfahren wurde der Kanton Zürich vom Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission aufgefordert, bis Anfang Oktober 2001 zu zahlreichen Grundsatzfragen Stellung zu beziehen. Ziel ist es, gleiche oder ähnliche Fragestellungen, welche sich im Einzelfall immer wieder stellen, vorab generell zu klären. Die Flughafen Zürich AG als neue Konzessionärin des Flughafens tritt in diesen Verfahren als Mitbeteiligte des Kantons auf.
Die zentrale Frage dafür, ob eine Entschädigungsforderung noch geltend gemacht werden kann oder nicht, ist die Verjährung. Betreffend Verjährung von Entschädigungsforderungen wegen übermässigem Fluglärm sind nicht alle juristischen Fragen abschliessend geklärt. Deshalb ist es im Interesse aller Beteiligten, eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken. Bereits im März 2000 hat die Volkswirtschaftsdirektion die betroffene Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht, dass bei allfälligen Entschädigungsbegehren wegen Fluglärmimmissionen möglicherweise die Verjährung eingetreten sein könnte. Ob dies in Bezug auf die Opfiker Grundeigentümerinnen und -eigentümer der Fall ist, lässt sich nicht ohne Weiteres beantworten. Aus diesem Grund stellt der Kanton dem Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission den Antrag, diese Frage in einem Vorentscheid zu beantworten. Der Kanton vertritt dabei die Auffassung, dass in den Opfiker Fällen die Verjährung eingetreten ist.
Die laufenden rechtlichen Abklärungen sind das eine – konkrete Schritte zugunsten der vom Fluglärm betroffenen Bevölkerung das andere: Die Flughafen Zürich AG hat vor einem Jahr ein Schallschutzprojekt gestartet, welches voraussichtlich im Jahr 2010 abgeschlossen sein wird. Liegenschaften, welche lärmempfindliche Räume aufweisen und im sogenannten Schallschutzperimeter liegen, werden mit Schallschutzfenstern ausgerüstet. Detaillierte Informationen zum laufenden Schallschutzkonzept des Flughafens sind unter http://www.programm2010.ch erhältlich.

po.* Es ist zu begrüssen, dass die Frage der Verjährung ein für alle Mal verbindlich geklärt werden soll. Wir haben u.a. in HEV 12/1999 auf das Problem aufmerksam gemacht. RA Dr. Peter Ettler schrieb damals:

Entschädigung für übermässigen Lärm (formelle Enteignung)
Anspruchsberechtigt sind Eigentümer mit Liegenschaften in Wohnzonen über dem Immissionsgrenzwert, sofern Eigentum vor dem 1.1.1961 erworben oder von solchem Eigentümer geerbt wurde. Entsprechende Rechtsbegehren von 92 Opfiker Grundeigentümern über ca. 100 Mio sind bei der Eidg. Schätzungskommission hängig. Weitere Rechtsbegehren stehen vor der Anmeldung. Wegen der Verjährungsproblematik dürfen Sie mit der Anmeldung Ihrer Forderung nicht mehr lange zuwarten. Gemäss einem Entscheid des Bundesgerichts vom September 1998 werden die noch nicht geltend gemachten Forderungen spätestens im Juni 2000 verjähren, d.h. 5 Jahre nach dem Genfer Grundsatzentscheid. Die Chancen für jene, welche rechtzeitig klagen, stehen gut. (Vollständiger Text und Checkliste unter: www.khev-zh.ch)

Der Regierungsrat selbst wies am 16.3.2000 in einer Pressemitteilung auf die unsichere Rechtslage hin:
Fluglärm, der den Immissionsgrenzwert (IGW) überschreitet, gilt als übermässig und berechtigt, falls weitere, von der Rechtsprechung verlangte Voraussetzungen erfüllt sind (vor allem Erwerb der Liegenschaft vor dem 1. Januar 1961) zu einer Entschädigung. Die Entschädigungsforderung muss innert fünf Jahren seit ihrer Entstehung, d.h. seit die Fluglärmbelastung auf dem Grundstück den IGW überschritten hat, beim Kanton als Flughafenhalter schriftlich angemeldet werden, ansonsten sie verjährt (Adressat: Kantonale Baudirektion, Dienstleistungszentrum/Landerwerb, 8090 Zürich). Der Eintritt der Verjährung bedeutet, dass der Grundeigentümerin bzw. dem Grundeigentümer in keinem Fall mehr eine Entschädigung zugesprochen wird.
Die Frage, ob die Verjährung im konkreten Fall bereits eingetreten ist, ist aus rechtlicher Sicht sehr schwierig zu beantworten. Es ist möglich, dass die fünfjährige Verjährungsfrist in denjenigen Fällen, in denen die Fluglärmbelastung bereits vor Juli 1995 über dem IGW lag, erst im Juli 1995 zu laufen begonnen hat. In diesen Fällen müssten Entschädigungsforderungen allerspätestens bis Ende Juni 2000 schriftlich bei der Baudirektion angemeldet werden. Es ist indessen durchaus möglich, dass die Gerichte der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts folgen und sich auf den Standpunkt stellen, die fünfjährige Verjährungsfrist habe in jedem Fall in jenem Zeitpunkt zu laufen begonnen, da der IGW an der betreffenden Liegenschaft (erstmals) überschritten war. In diesem Fall wären die vor Januar 1995 entstandenen und bis heute nicht angemeldeten Entschädigungsforderungen heute bereits verjährt.

Für alle, die im heutigen Zeitpunkt nicht direkt betroffen sind, aber mit zukünftigen unzumutbaren Immissionen rechnen, ist folgender Passus aus der Pressemeldung wichtig:
Für die Zusprechung einer Enteigungsentschädigung stellen die Gerichte auf die aktuelle, d.h. die im Zeitpunkt der Beurteilung des Entschädigungsbegehrens vorhandene tatsächliche Fluglärmbelastung ab. Wenn diese (z.B. wegen des für die kommenden Jahre prognostizierten Luftverkehrsaufkommens) erst künftig ein Ausmass annehmen wird, das den massgeblichen IGW überschreitet, kann heute bzw. in unmittelbarer Zukunft kein Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden. Die Forderungsanmeldung wäre verfrüht. Selbstverständlich beginnt auch die Verjährungsfrist in solchen Fällen noch nicht zu laufen.

* Paco Oliver, Redaktor, lic. iur.

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