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HEV 11/2001 Inhaltsverzeichnis
Kapitalgewinnsteuer

Grosser Aufwand – viele Fragezeichen
* Therese Studer

Eine allfällige Kapitalgewinnsteuer bringt Steuerpflichtigen, Vermögensverwaltern und Steuerbehörden viel zusätzliche Arbeit. Zuviel, finden die Gegner der Volksinitiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Zahlreich sind zudem die Unklarheiten.

Die Steuererklärung auszufüllen, kann ganz schön knifflig sein und einige Zeit in Anspruch nehmen. Für Hunderttausende von Schweizerinnen und Schweizern könnte das Ausfüllen in Zukunft noch wesentlich aufwändiger und komplizierter werden. Dann nämlich, wenn Privatpersonen auch ihre Gewinne versteuern müssen, die sie mit dem Verkauf von Aktien, Obligationen, Devisen oder Beteiligungen erzielen. Dies verlangt die Volksinitiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.

Aufwändige Selbstdeklaration
Was würde die Kapitalgewinnsteuer für einen privaten Anleger bedeuten? Er müsste über jedes Wertpapier genau Buch führen, über Käufe und Verkäufe, über Gewinne und Verluste. Noch nach vielen Jahren müsste er belegen, wann und zu welchem Preis er ein Wertpapier gekauft hat.
Die Initianten sind der Meinung, dass sich der Aufwand für die Steuerpflichtigen in Grenzen halte. Es sei Aufgabe der Banken und der anderen Vermögensverwalter, den privaten Anlegern die notwendigen Belege auszustellen. Dank der Informatik sei dies machbar.
Die Gegner der Initiative, darunter der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments, erachten den Aufwand für die Steuerpflichtigen als zu gross. Und für die Steuerbehörden würden Kontrollen von Steuererklärungen aufwändiger und anspruchsvoller, was auch die Initianten zugeben
In einem noch ungünstigeren Licht erscheint der Aufwand, wenn man ihn mit dem Ertrag der Kapitalgewinnsteuer vergleicht. Der Bundesrat schätzt die Einnahmen auf höchstens 100 bis 400 Millionen Franken. Zum Vergleich: Mit der Vermögenssteuer nehmen die Kantone jährlich mehr als 3 Milliarden Franken ein. Das Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag war ein Hauptgrund, warum bis Mitte der 90er Jahre auch die letzten Kantone die Kapitalgewinnsteuer für Privatpersonen abschafften.

Unklarheiten
Mit dem grösseren Aufwand wäre es nicht einmal getan: In vielen Fällen dürfte es schwierig, wenn nicht unmöglich sein, korrekt Buch zu führen bzw. die Höhe der Steuer festzulegen. Zum Beispiel: Herr B. kauft 60 Aktien eines Unternehmens, dann nochmals 30, später weitere 40, jeweils zu unterschiedlichen Kursen. Zehn Jahre später verkauft er 85 dieser Aktien mit Gewinn. Auf diesem Gewinn, d. h. dem Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufspreis, müsste er jetzt die Kapitalgewinnsteuer bezahlen. Welche 85 von den insgesamt 130 Aktien hat er verkauft? Oder: Wie wird die Kapitalgewinnsteuer berechnet, wenn ein Anleger von Bezugsrechten Gebrauch macht oder Gratisaktien erhält, wenn seine Aktien umgewandelt oder gesplittet werden? Und wie steht es mit Kapitalanlagen, über deren Kauf nichts mehr bekannt ist?

Quellensteuer
Nach Ansicht der Initianten könnte man mit einer Quellensteuer sowohl den Aufwand verringern als auch viele der Unklarheiten vermeiden. Quellensteuer bedeutet, dass die Bank oder ein anderer Vermögensverwalter bereits beim Verkauf des Wertpapiers die Steuer vom Gewinn abzieht.
Die Gegner der Initiative setzen aber auch hinter diese Lösung einige Fragezeichen. Denn Banken wissen oft gar nicht Bescheid über den Werdegang eines Papiers. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Kunde sein Wertschriftendepot von einer Bank zur anderen verschoben hat. Damit fehlen der Bank die Angaben, die sie brauchen würde, um die Steuer zu berechnen. Laut Initianten liesse sich das Problem lösen, indem die überweisende Bank der neuen Depotbank den Einstandspreis und das Einstandsdatum der Wertpapiere mitteilt. Falls eine Bank nicht in der Lage ist, den ursprünglichen Kaufpreis zu ermitteln, müssten die Steuerbehörden eine Schätzung vornehmen. Ungenauigkeiten und Streitereien wären die Folge.
Eine weitere Variante neben Selbstdeklaration und Quellensteuer lässt das Gesetz nicht zu: Dass nämlich Banken und andere Vermögensverwalter alle Kapitalgewinne, die ihre Kunden realisiert haben, den Steuerbehörden melden müssen. Diese Lösung würde das Bankgeheimnis aufheben.

Begrenzter Zeitraum in anderen Ländern
Sicher: Andere Länder kennen Kapitalgewinnsteuern. Viele von ihnen erheben aber die Steuer nur über einen begrenzten Zeitraum, zum Beispiel über zwei oder fünf Jahre. Dadurch entsteht das Problem nicht, dass ein Anleger über Jahrzehnte zurück den Kauf von Wertpapieren belegen muss. In der Schweiz gäbe es aber für die Besteuerung der Gewinne keine zeitliche Begrenzung. Stark negative Auswirkungen auf unseren Finanzplatz wären vorprogrammiert.

Dr. Schenker Kommunikation

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