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Der
Ausschluss des Stockwerkeigentümers aus der Gemeinschaft * Anita Lankau
In ganz seltenen
Fällen kann ein Stockwerkeigentümer aufgrund seines
rücksichtslosen oder arglistigen Verhalten aus der Gemeinschaft
ausgeschlossen werden (Art. 649b ZGB). Dies ist dann der Fall, wenn der
Stockwerkeigentümer oder Personen, für die er einzustehen hat, wie
z.B. sein Mieter oder Pächter, seine Familienangehörigen oder
Angestellten, ihre Verpflichtungen derart schwer verletzen, dass den anderen
Stockwerkeigentümern eine Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr
zugemutet werden kann. Da ein solcher Ausschluss für den Betroffenen einen
schwerwiegenden Eingriff in seine Rechtsposition darstellt, ist ein Ausschluss
nur gerechtfertigt, wenn zum einen wichtige Gründe im erwähnten Sinne
vorliegen und sich zum anderen alle Mahnungen, Aufforderungen und
Zurechtweisungen als erfolglos erwiesen haben. Der Ausschluss ist also als
letzte Möglichkeit zu betrachten und nur bei schwerer Verletzung der
Verpflichtungen möglich.
Der Ausschluss wurde von
einem Gericht konkret in Bezug auf einen Stockwerkeigentümer bejaht, der
während Jahren infolge eigener Überempfindlichkeit gegen
Kinderlärm durch Nörgeleien, Unverträglichkeiten,
Verdächtigungen, beleidigenden Äusserungen, Schikanen,
Tätlichkeit und ein vorsätzliches Beinahe-Anfahren eines Kindes mit
dem Auto das Zusammenleben in unzumutbarer Weise beeinträchtigt hatte;
durchschnittlicher Kinderlärm ist hinzunehmen und berechtigt nicht zu
Pflichtwidrigkeiten gegenüber den anderen Gemeinschaftern. Der
Ausschluss wurde dagegen von einem Gericht konkret in Bezug auf einen
Stockwerkeigentümer verneint, der (und dessen Familie) sich in nicht
leicht zu nehmender Weise pflicht- und gemeinschaftswidrig verhalten und die
Wohnqualität der übrigen Beteiligten nicht unerheblich
beeinträchtigt hatte. Die Pflichtverletzungen waren mehrheitlich zwar als
Bagatellen zu qualifizieren (übermässiger Lärm, Verstösse
gegen die Hausordnung wie Fussball auf mit Verbot belegter Rasenfläche,
Nichtabschliessen der Haustüre, etc.), erreichten in ihrer Häufigkeit
indessen doch ein gewisses Gewicht, das allerdings zum erfolgreichen Ausschluss
noch nicht ausreichte. Zur Klage aktivlegitimiert sind der oder die in ihrer
Rechtsposition an der gemeinschaftlichen Sache beeinträchtigten
Stockwerkeigentümer unter der Voraussetzung, dass sie durch einen
Mehrheitsbeschluss der Stockwerkeigentümerversammlung zur Klage
ermächtigt worden sind. Besteht die Gemeinschaft aus nur zwei
Stockwerkeigentümern, so ist jeder zur Klage berechtigt. Wenn der
Richter den Stockwerkeigentümer aus der Gemeinschaft ausschliesst, so
verurteilt er ihn zur Veräusserung seines Anteils innert einer angesetzten
Frist. Unter Veräusserung versteht man in diesem Fall jede
rechtsgeschäftliche Übertragung des Miteigentumsanteils wie der
Verkauf, die Schenkung, der Tausch oder die freiwillige Versteigerung. Wenn der
Stockwerkeigentümer innert der angesetzten Frist seinen Anteil nicht
veräussert, erfolgt die öffentliche Versteigerung nach den
Vorschriften der Zwangsverwertung.
* lic. iur., HEV
Zürich |
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