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HEV 12/2001 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

Die baulichen Massnahmen im Stockwerkeigentum
* Philipp Annen

Stockwerkeigentum ist Miteigentum, aber ein spezielles Miteigentum. Speziell insofern, als es Teile gibt, über welche der Stockwerkeigentümer fast wie ein Alleineigentümer bestimmen kann. Die Unterscheidung zwischen Sonderrecht, worüber jeder einzelne Stockwerkeigentümer eigenverantwortlich verfügen kann, und gemeinschaftlichem Eigentum, worüber alle Miteigentümer mitentscheiden können oder sogar müssen, ist daher entscheidend für die Kompetenzabgrenzung. Die baulichen Massnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum sind im Gesetz besonders umschrieben in Artikel 647c/d/e Zivilgesetzbuch (ZGB) und bedürfen einer genaueren Betrachtung.

Notwendig/nützlich/luxuriös
Unterschieden wird im Gesetz zwischen notwendigen, nützlichen und luxuriösen baulichen Massnahmen. Notwendig sind bauliche Massnahmen, wenn sie für die Werterhaltung oder den Gebrauch nötig sind und relativ dringender Handlungsbedarf besteht. Relativ deshalb, weil die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen. So kann der Einbau einer Zentralheizung notwendig (bei fehlender Heizung), nützlich (bei ineffizienter Heizung) oder luxuriös sein (so ein Entscheid in Italien, da der Winter relativ milde sei in jenem Gebiet).

Einfaches Mehr
Das Gesetz sieht für notwendige bauliche Massnahmen einen Beschluss der Gemeinschaft vor. Dieser hat mit einfachem absoluten Mehr zu erfolgen. Einzig kleinere Reparaturen und Instandstellungsarbeiten können von jedem Einzelnen vorgenommen werden, da sie zu den gewöhnlichen Verwaltungshandlungen gehören. Nimmt nun aber ein Stockwerkeigentümer ohne einen Ermächtigungsbeschluss der Gemeinschaft notwendige bauliche Massnahmen vor, so haftet dieser dafür.

Qualifiziertes Mehr
Nützlich ist eine bauliche Massnahme, wenn diese eine Wertsteigerung, eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder der Gebrauchsfähigkeit bezweckt. Nur eines dieser Kriterien muss erfüllt sein. Für die Ausführung eines nützlichen Bauvorhabens ist ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss erforderlich. Eine reglementarische Erschwerung dieses Quorums ist zulässig, eine Erleichterung eher nicht. Die allenfalls unterlegene Minderheit kann jedoch das gesetzliche Vetorecht einlegen, wenn für sie der Gebrauch oder die Benutzung der Sache zum bisherigen Zweck erheblich und dauernd erschwert oder unwirtschaftlich wird. Neben dem Vetorecht kann allenfalls die Pflicht zur Kostenübernahme gegenüber demjenigen Eigentümer erfolgen, der geltend macht, dass die Aufwendungen für ihn unzumutbar sind, insbesondere weil die (nützlichen) baulichen Massnahmen in einem Missverhältnis stehen zu seinem anteiligen Vermögenswert. Die Kostenübernahme betrifft nicht die gesamten Kosten, sondern nur jenen Anteil, der den zumutbaren Betrag übersteigt.

Einstimmigkeit
Von einer der Verschönerung und der Bequemlichkeit dienenden baulichen Massnahme, eine sogenannt luxuriöse, ist nur mit einstimmigem Beschluss möglich (eine reglementarische Erleichterung ist umstritten). Falls die nicht zustimmenden Miteigentümer in ihrem Nutzungs- und Gebrauchsrecht nicht dauernd beeinträchtigt werden, kann die qualifizierte Mehrheit dessen Kostenanteil übernehmen und den Bau veranlassen.
Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass erstens dem Einzelfall Rechnung getragen werden muss und zweitens die Reglementsvorschriften zu beachten sind.

* lic. iur., HEV Zürich

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