Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 01/2002 Inhaltsverzeichnis
Nachbarrecht

Bäume und Sträucher, welche über die Grenze ragen (Überhangrecht)
* Cornel Tanno

Laut Art. 687 ZGB kann der Nachbar überragende Äste und eindringende Wurzeln, wenn sie sein Eigentum schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist beseitigt werden, kappen und für sich behalten.

Aus dem Wortlaut obiger Bestimmung ergibt sich, dass das Kapprecht nur dem benachbarten Grundeigentümer zusteht. Entsprechend steht der Anspruch aus Art. 687 ZGB „geschädigten“ Mietern oder Pächtern nicht zu.

Notwendige Voraussetzung für das Kapprecht ist eine Schädigung des nachbarlichen Grundstückes durch die überhängenden Äste und eindringenden Wurzeln. Eine Schädigung in diesem Sinne wird in der Regel nur dann vorliegen, wenn der Nachbar in der Benutzung seines Grundstückes beeinträchtigt wird. Darunter ist jede Beeinträchtigung in der Bewirtschaftung und Benutzung des Grundstückes zu verstehen. Eine Schädigung im Sinne des Gesetzes liegt auch vor, wenn z.B. Äste eines Baumes über einen Weg oder eine Strasse ragen und den Nachbar beim Fahren behindern.

Bevor der Nachbar die schädigenden, überhängenden Äste und eindringenden Wurzeln kappen darf, muss er sich beim Baumeigentümer wegen des Überhanges beschweren. Eine mündliche oder schriftliche Benachrichtigung genügt. Aus Beweisgründen ist jedoch die schriftliche Form sehr zu empfehlen.

Mit der Beschwerde ist eine angemessene Frist anzusetzen, innert welcher der Baumeigentümer die Kappung selbst vornehmen soll. Die dem Baumeigentümer zu setzende Frist muss nach Tagen, Wochen oder Monaten bestimmt sein. Der Baumeigentümer muss genau wissen, von welchem Zeitpunkt an der Nachbar sein Kapprecht ausüben kann. Die Frist muss dabei eine angemessene sein. Die Angemessenheit beurteilt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles, also nach Jahreszeit, dem Schaden, den der überhang anrichtet, sowie nach dem Schaden, welcher dem Baumeigentümer durch eine unzeitige Kappung entsteht. Die Kappung der Äste soll danach ohne Not nicht ausserhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März verlangt werden.

Der Baumeigentümer kann die Reklamation als begründet anerkennen und rechtzeitig durch Selbstkappung Abhilfe schaffen. Er hat dann die Möglichkeit, die Kappung schonend und kunstgerecht auszuführen.

Verhält sich der Baumeigentümer dagegen passiv, kann der Nachbar nach Ablauf der gesetzten Frist die Kappung ohne weiteres selbst vornehmen. Das Kapprecht wird dem Nachbar als erlaubte Selbsthilfe vom Gesetzgeber gewährt.

Das Kappen der überhängenden Äste und eindringenden Wurzeln hat der Nachbar möglichst sorgfältig auszuführen. Vor allem darf er die Äste und Wurzeln nur bis zur Grenze zurückschneiden. Der berechtigte Nachbar hat aber keinen Anspruch auf Ersatz seiner Arbeit.

* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich

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