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Ungerechtfertigte Unterscheidung zwischen Mietern und
Eigentümern Hauseigentümer prüfen Klage gegen
Flughafen * Paco Oliver
Der Hauseigentümerverband Kanton Zürich hat den Entscheid
des Mietgerichtes Bülach, mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Wegen des zu niedrigen Streitwertes ist es leider
nicht möglich, die Rechtslage durch eine höhere Instanz beurteilen zu lassen. Der Verband prüft dagegen
eine Schadenersatzforderung gegen den Flughafen.
Nicht Bundesgericht, sondern Einzelrichterin In den Medien ist das Bülacher Urteil als Grundsatzentscheid präsentiert worden,
welches nicht nur für die anderen hängigen Fälle, sondern vor allem auch für zukünftige
Geltung habe. Das muss relativiert werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen,
dass ein wirklich verbindlicher Grundsatzentscheid nur von einer höheren Instanz gefällt werden kann. Ein
Mietgericht ist nicht an den Entscheid eines anderen gebunden. Die Mietgerichte Dielsdorf oder Uster beispielsweise
wären frei, in einem gleich gelagerten Fall andere Überlegungen anzustellen und anders zu
urteilen. Dazu kommt, dass das Urteil von einer Einzelrichterin gefällt
wurde. Das ist im Kanton Zürich bei Streitwerten unter Fr. 3000.- so vorgesehen. Man mag sich aber fragen, ob man
damit der Idee der Mietgerichte, mietrechtliche Rechtsfragen durch ein paritätisch zusammengesetztes Gremium
beurteilen zu lassen, überhaupt gerecht werden kann. Besonders unglücklich ist das bei einem Fall, der
Präzedenzwirkung entfalten soll. Das Urteil, welches in den Medien so viel Beachtung gefunden hat, spiegelt
jedenfalls lediglich die Rechtsauffassung einer Einzelrichterin wider.
Ein extremer, nicht unbedingt typischer Fall Bei oberflächlicher Lektüre der Berichterstattung in den Medien, dürfte der
Eindruck entstanden sein, das Urteil habe den Mietern neue Rechte verschafft. Dem ist natürlich nicht so. Die
Rechtslage ist durch das Urteil in keiner Weise geändert worden. Der Mieter kann aufgrund von Art. 259d OR eine
Mietzinsreduktion verlangen, wenn die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt
oder vermindert" wird. Das kann er also nicht erst seit diesem Urteil. Das Problem liegt bei solchen Fällen immer
bei der Wertung. Was ist zumutbar? Wann wird das zumutbare Mass überschritten? Das muss in jedem Fall individuell
beurteilt werden. Im vorliegenden Fall fand die Einzelrichterin aufgrund der
Lage der offenbar besonders krass betroffenen Liegenschaft, die Grenze des Zumutbaren sei massiv überschritten
worden. Ein erheblicher Teil der Urteilsbegründung befasst sich mit den konkreten Verhältnissen in der zu
beurteilenden Situation und kann daher nicht unbesehen auf andere Mietverhältnisse übertragen
werden.
Objektiver Massstab anwendbar Mit Befriedigung entnimmt man dem Urteil, dass die Einzelrichterin bei der Festlegung der Mietzinsreduktion
nicht auf die subjektive Empfindlichkeit oder die persönlichen Lebensumstände des Mieters eingegangen ist.
Der Nutzwert einer Wohnung, hängt ja nicht von dem sie zufälligerweise benützenden Mieter ab. Es
führte wohl auch zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Mietern, müsste derjenige, der den Tag
nicht in der Wohnung, sondern an seinem Arbeitsplatz verbringt, deswegen einen höheren Mietzins zahlen, als
derjenige, der tagsüber zu Hause beispielsweise studiert. Eher zwischen
den Zeilen liest man sodann heraus, dass es zulässig wäre, die Tauglichkeit der Sache zum
vorausgesetzten Gebrauch" vertraglich so zu definieren, dass Mietzinssenkungen wegen Veränderungen des
Lärmpegels ausgeschlossen wären. Entsprechende Klauseln werden betroffenen Hauseigentümern in Zukunft
wohl empfohlen werden müssen.
Alle sind vor dem Gesetz gleich - Mieter sind
gleicher? Das Urteil schafft insofern eine unbefriedigende Situation, als
Mieter in Sachen Fluglärm anders behandelt werden als Eigentümer. Der Eigentümer kann sich ja dem
Lärmverursacher gegenüber nicht auf das Mietrecht berufen. Gerecht wäre es, wenn alle, die im gleichen
Masse betroffen waren auch im gleichen Masse entschädigt würden - und zwar vom Verursacher, dem
Flughafenbetreiber. Schliesslich unterscheidet der Lärm nicht zwischen Mietern und
Eigentümern. Das Urteil schafft aber auch eine neue Ausgangslage für
einen Schadenersatzprozess gegen den Flughafen. Der Hauseigentümerverband prüft daher sehr eingehend, auf
welche anderen Rechtsnormen als das Mietrecht lärmgeplagte Hauseigentümer sich berufen könnten und ob
die vom Gesetz dafür geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. Er sucht zudem Kontakt zum betroffenen
Hauseigentümer, da er bisher nicht in den Fall involviert war.
* Redaktor, lic. iur. |
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