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Mietergemeinschaften * Harald Solenthaler
Bei vielen Mietverhältnissen besteht die Mieterschaft aus mehr
als einer Person. Sobald zwei oder mehr Mieter im Mietvertrag als Partei aufgeführt sind, bilden diese eine
Mietergemeinschaft. Wegen der Mehrzahl von Mietern gibt es gewisse Unterschiede, die zu beachten sind. Bei
verheirateter Mieterschaft ist die gemeinsame Wohnung in der Regel rechtlich als Familienwohnung zu
behandeln.
Sind mehrere Personen gemeinsam Mieter eines Objektes bilden sie eine
Mietergemeinschaft. Neben den eigentlichen Wohngemeinschaften, deren Mitglieder zusammen eine Vertragspartei bilden,
sind auch Konkubinatspaare, bei denen beide Partner als Mieter auftreten, eine Mietergemeinschaft. Eine solche kann
beispiele auch dann entstehen, wenn eine Erbengemeinschaft anstelle des verstorbenen Mieters in das Mietverhältnis
eintritt. Bei Mietergemeinschaften sind Willensbildung und Rechtshandlungen von
allen Mitgliedern gemeinsam zu tragen. Ein einzelner Mitmieter kann nicht ohne Zustimmung der anderen für die
Gemeinschaft handeln. Gemäss den von den Vermieterorganisationen gemeinsam herausgegebenen Mietvertragsformularen
haften bei solchen Mietergemeinschaften alle Mitmieter solidarisch für die Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag.
Dies bedeutet für die Vermieterschaft, dass sie gemäss Art. 144 OR frei wählen kann, ob sie von jedem je
einen Teil des gesamten Mietzinses oder anderer Forderungen aus dem Mietverhältnis fordern will oder von einem
einzelnen Mitglied das Ganze.
Mietzinserhöhung und Kündigung durch
Vermieterschaft Eine Anzeige einer Mietzinserhöhung durch die
Vermieterschaft ist an alle Mitglieder der Mietergemeinschaft zu richten. Dabei genügt es, ein amtliches Formular
zu verwenden, sofern darauf alle betroffenen Mitmieter und Mitmieterinnen verzeichnet sind. Für die Kündigung
wird die gleiche Vorgehensweise verlangt. Aber aufgepasst: Bei Familienwohnungen gilt es, besondere Vorschriften
einzuhalten (vgl. Abs. Familienwohnung).
Kündigung, Geltendmachung von Ansprüchen durch
Mieterschaft Mietergemeinschaften bilden eine so genannte notwendige
Streitgenossenschaft, was bedeutet, dass sie betreffend ihren Ansprüchen sowie ihrer Rechten und Pflichten
grundsätzlich nur gemeinsam handeln können. Somit ist ein einstimmiges Handeln für die Kündigung
des Mietverhältnisses oder für Klagen an Schlichtungsbehörden und an ordentliche Gerichte, wie
Mängel-, Mietzinsanfechtungs- oder Herabsetzungsklagen, erforderlich. Doch gibt es diesbezüglich gewisse
Ausnahmen. So genügt z.B. das Handeln eines einzelnen Mitmieters bei Bestehen eines Mangels, dessen Beseitigung zu
fordern oder gegebenenfalls den Mietzins zu hinterlegen.
Familienwohnung Eine
Familienwohnung ist eine Wohnung, welche einem verheirateten Paar als Wohnsitz dient. Ob der Mietvertrag nur von einem
der Ehegatten oder von beiden unterzeichnet wurde, hat keinen Einfluss auf die besondere rechtliche Behandlung als
Familienwohnung. Selbst ob der Vermieter gar nicht weiss, dass sein Mieter verheiratet ist, spielt hiefür keine
Rolle. Laut Art. 266n OR hat sowohl die Ansetzung einer Zahlungsfrist mit
Kündigungsandrohung gemäss Art. 257d OR als auch die Zustellung von ordentlichen oder ausserordentlichen
Kündigungen, bei der Familienwohnung an beide Ehepartner separat zu erfolgen. Anderseits kann sie vom Mieter nur
mit der ausdrücklichen Zustimmung des Ehegatten gekündigt werden. Gemäss Art. 273a Abs. 1 OR kann der nicht mietende Ehegatte bei Kündigung der Familienwohnung auch
allein das Anfechtungs- und Erstreckungsrecht ausüben.
* lic. iur., HEV Zürich |
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