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Strommarkt - Balanceakt zwischen Liberalisierung und
Regulierung So viel Liberalisierung wie nötig - so wenig neue Gesetze wie
möglich. Dieses Dilemma prägt die schweizerische Strommarktdiskussion seit gut zwei Jahren. Während in
der Europäischen Union die Liberalisierung trotz protektionistischen Widerständen - insbesondere von
Frankreich - voranschreitet, werden in der Schweiz erst einmal Positionen bezogen im Hinblick auf die Volksabstimmung
vom kommenden Herbst. Ein typisch helvetisches Eile mit Weile also in einem Markt, der für die Grossen
(Strombezüger) längst spielt und in dem die Kleinen, also Gewerbe und Haushalte, sich dafür wehren
müssen, dass die Liberalisierung nicht auf ihrem Buckel statt findet. Ende
2000 stimmten im Parlament alle grossen Parteien dem Elektrizitätsmarktgesetz (EMG) zu. Das Klima für die
Liberalisierung des Strommarktes war damals allerdings denkbar ungünstig, weil Probleme mit der Energieversorgung
in Kalifornien und Schweden dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund und der SP die willkommene Gelegenheit boten, auf
diesem Hintergrund mit dem Referendum gegen die Marktöffnung auch in der Schweiz eine grosse Service
Public-Debatte zu lancieren. Zudem stellten verschiedene kantonale Volksentscheide die Zustimmung für das
eidgenössische Rahmengesetz in Frage. Die Kantone Zürich und Nidwalden sowie die Städte Zürich und
Bellinzona erteilten der Privatisierung ihrer Elektrizitätswerke eine Abfuhr. Der Bundesrat versuchte nun, den
Unsicherheiten den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er noch vor der Volksabstimmung über das EMG die
entsprechende Verordnung vorlegte. Für die erste Version konnte sich niemand so richtig erwärmen. Mit der
inzwischen bereinigten Fassung scheint der Kompromiss gelungen. Erste
Reaktionen deuten auf eine breite Unterstützung aus fast allen Lagern hin. Das federführende Bundesamt
für Energie hat offenbar das Kunststück fertig gebracht, den wichtigsten Interessengruppen beider Seiten
genügende Konzessionen zu machen. Zusammengefasst heisst dies, dass die kleinen Konsumenten besser geschützt
werden und die den Betreibern lästige Regelungsdichte deutlich gesenkt wurde. Nationale und internationale
Preisvergleiche sowie eine Schiedskommission sollen zu hohe Preise verhindern. Für eine Übergangsperiode von
sechs Jahren wird eine Erhöhung der Durchleitungsgebühren ausgeschlossen.
Eigentlich hätte unter diesen Voraussetzungen das Referendum zurückgezogen und
auf die Abstimmung verzichtet werden können. Die grundsätzlichen Liberalisierungsgegner können aber
nicht über ihren Schatten springen, also findet der Urnengang statt, wenn auch zum untauglichen Gegenstand. Der
Hauseigentümerverband hat sich in der Vernehmlassung vehement für eine konsumentenfreundliche
Gesetzesauslegung eingesetzt und wie es scheint mit Erfolg. Es ist zu hoffen, dass die bereinigte Verordnung nun auch
dem Gesetz zum Durchbruch verhilft, Alternativen dazu gibt es nämlich nicht. |
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