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Vorzeitige Rückgabe der Mietsache * Sandra Dormann
Art. 264 OR, der die vorzeitige Rückgabe der Mietsache regelt,
versucht die Interessen beider Parteien des Mietvertrages zu berücksichtigen, einerseits dasjenige des Mieters,
allenfalls kurzfristig aus dem bestehenden Vertrag auszusteigen, andererseits dasjenige des Vermieters an der korrekten
Vertragserfüllung.
Gemäss Art. 264 OR kann sich der Mieter dann ohne Beachtung von
Kündigungsfrist und Termin aus dem Mietvertrag und damit auch von seiner Mietzinszahlungspflicht befreien, wenn er
einen objektiv tauglichen Nachmieter stellt. Tauglich heisst in diesem Zusammenhang solvent, zumutbar und bereit, den
Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen. Unter Solvenz ist
insbesondere zu verstehen, dass der potentielle Nachmieter fähig ist, den Mietzins pünktlich zu bezahlen.
Mehrere Betreibungen von verschiedenen Gläubigern können dabei ein Indiz für die fehlende Solvenz sein.
Darüber, ob das Einkommen der Ersatzmieterschaft gleich hoch zu sein braucht, wie dasjenige der ausziehenden
Mieterschaft, herrscht Uneinigkeit. Laut Bundesgericht ist der Vermieter jedenfalls nicht verpflichtet, einen
Ersatzmieter zu akzeptieren, dessen Zahlungsfähigkeit mit jener des aktuellen Mieters überhaupt nicht
vergleichbar ist. Jedoch gäbe es diesbezüglich keine festen Kriterien und es müssten die gesamten
Umstände des konkreten Falles berücksichtigt werden (BGE 119 II 36). Das Erfordernis der Bereitschaft, den Vertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen, bezieht sich
nicht nur auf den Mietzins, sondern grundsätzlich auch auf alle anderen Vertragspunkte, also etwa Gebrauchszweck,
Sicherheitsleistung, Kündigungsfristen und weitere zwischen den Parteien geltende zulässige Abmachungen. Der
Vermieter muss also z.B. einen Ersatzmieter nicht akzeptieren, der die Räume als Geschäftsräume nutzen
will, obschon laut Mietvertrag eine Wohnungsmiete vorliegt. Die dritte
Voraussetzung, diejenige der Zumutbarkeit des Nachmieters, beurteilt sich schliesslich nach der Sichtweise eines
durchschnittlichen, vernünftig und korrekt denkenden Vermieters. Unzumutbarkeit setzt ernsthafte Gründe
für eine Ablehnung voraus. Unbestimmte Befürchtungen, persönliche Antipathien oder eine negative
Einstellung des Vermieters zu bestimmten Mieterkreisen genügen dabei nicht (BGE 119 II 36). Letztendlich beurteilt
sich die Zumutbarkeit aber immer im konkreten Fall. Die Ankündigung des
Mieters, die Wohnung vorzeitig auf einen bestimmten Zeitpunkt zurückgeben zu wollen, kann formlos erfolgen, bei
einer Familienwohnung ist allerdings die Zustimmung des anderen Ehegatten nötig. Der Vermieter hat bis zu einem
Monat Zeit, um den Nachmieter auf die oben genannten Voraussetzungen zu prüfen. Nach der faktischen Rückgabe
des Mietobjektes erlischt die Mietzinszahlungspflicht des Mieters im Zeitpunkt des tatsächlichen Mietantritts des
Nachmieters. Natürlich ist der Vermieter berechtigt, einen an sich zumutbaren Nachmieter abzulehnen, diesfalls
geht aber die Mietzinszahlungspflicht des ausziehenden Mieters zu dem Zeitpunkt unter, auf welchen der Ersatzmieter die
Miete angetreten hätte. Kann der Mieter keinen oder keinen im Sinn von Art.
264 OR tauglichen Ersatzmieter stellen, bleibt er bei befristeten Mietverhältnissen bis zum Ablauf der
Vertragsdauer, bei unbefristeten bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin gebunden. Auch wenn es
grundsätzlich die alleinige Aufgabe des Mieters ist, einen tauglichen Ersatzmieter zu stellen, ist es für den
Vermieter empfehlenswert, während der verbleibenden Vertragsdauer nicht einfach untätig zu bleiben, will er
nicht eine Kürzung oder ein Wegfallen des Mietzinsanspruches riskieren. Dazu kann es kommen, wenn er absichtlich
seine Pflicht, alles zur Verhinderung oder Verminderung von Schaden Zumutbare zu unternehmen, verletzt. Zu dieser
Schadenminderungspflicht gehört insbesondere auch die rasche und sorgfältige Prüfung des Ersatzmieters
und die Mitteilung des Prüfungsergebnisses an den ausziehenden Mieter. Gemäss Ziff.17 des Zürcher Mietvertrags für Wohnräume hat der Mieter sodann
sämtliche mit der Wiedervermietung verbundenen Kosten für zusätzliche Umtriebe zu
übernehmen. Neben dem bereits geschilderten Vorgehen haben die
Vertragsparteien auch die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag abzuschliessen. Dies ist vor allem zu bedenken,
wenn der Vermieter die Mietwohnung vorbehaltlos zurücknimmt, ohne dazu verpflichtet zu sein und ohne auf der
Stellung eines Ersatzmieters zu beharren. In dieser Situation wird allenfalls der Abschluss eines Aufhebungsvertrages
durch konkludentes Verhalten angenommen und der Mieter aus dem Mietvertrag entlassen, ohne die weiteren Voraussetzungen
von Art. 264 OR erfüllen zu müssen. Deshalb ist es für den Vermieter wichtig, bei der Rückgabe
ausdrücklich darauf hinzuweisen, falls er auf der Stellung eines Ersatzmieters beharrt.
* lic. iur., HEV Zürich |
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