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Bewilligungspflicht von baulichen
Massnahmen * Dr. Gian Andrea Schmid
Bei baulichen Veränderungen stellt sich stets die Frage, ob eine
Baubewilligung einzuholen sei oder nicht. Wie die nachstehenden Ausführungen zeigen, ist die Frage in der Praxis
nicht immer einfach zu beantworten. Auf jeden Fall ist es ratsam, sich rechtzeitig Gedanken zu machen und unter
Umständen auch fachkundigen Rat einzuholen.
Nach Art. 22 Abs. 1 RPG dürfen Bauten und Anlagen nur mit
behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Damit soll verhindert werden, dass baurechtswidrige
Bauten und Anlagen erstellt werden. Die Bewilligungspflicht gilt indessen nicht für jede beliebige bauliche
Massnahme. Bauten und Anlagen bedürfen nur dann einer Baubewilligung, wenn es sich um auf Dauer angelegte
Einrichtungen handelt, die in bestimmter fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, die Vorstellungen
über die Nutzungsordnung zu beeinflussen. Letzteres kann dadurch geschehen, dass sie den Raum äusserlich
verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen. Die Bewilligungspflicht setzt somit
eine gewisse Intensität der geplanten Massnahmen voraus. Ob eine Bewilligungspflicht gegeben sei oder nicht,
ist aufgrund einer umfassenden Beurteilung aller massgeblichen Faktoren zu beurteilen. Dabei steht den zuständigen
Behörden ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. In Zweifelsfällen ist ein Baubewilligungsverfahren
einzuleiten. Auch bei kleinen Vorhaben ist es deshalb ratsam, frühzeitig Kontakt mit dem örtlichen Bauamt
aufzunehmen. Denn wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne vorgängige
Einholung einer Bewilligung ausgeführt worden ist, muss das Bewilligungsverfahren nachträglich
durchgeführt werden. Stellt sich dabei heraus, dass das Vorhaben nicht bewilligungsfähig ist, müssen die
baulichen Massnahmen unter Umständen wieder rückgängig gemacht werden. Dem Betroffenen droht sodann eine
Busse. Die Praxis zur Bewilligungspflicht ist sehr umfassend. Die folgenden Ausführungen beschränken sich
deshalb auf ein paar wenige typische Fälle. Die Errichtung von Bauten und Anlagen stellt die markanteste
bauliche Massnahme dar. Sie umfasst neben dem Neubau auch den Wiederaufbau und den Ersatzbau, wenn an die Stelle eines
abgebrochenen oder zerstörten Objektes ein Neubau treten soll. Die Pflicht zur Einholung einer Baubewilligung
für die Errichtung von Bauten ist allgemein anerkannt und wirft daher in der Regel keine Fragen auf. Keiner
Bewilligung bedürfen lediglich Bauten und Anlagen, deren grösste Höhe nicht mehr als 1.50 m
beträgt und eine Bodenfläche von nicht mehr als 2 m²
beanspruchen. Terrainveränderungen sind bewilligungspflichtig, wenn sie im Zusammenhang mit anderen
bewilligungspflichtigen Massnahmen stehen oder die Höhe von 1.00 m bzw. die Fläche von 500
m² überschreiten. Mauern und geschlossene Einfriedungen bis zu einer Höhe von 0.80
m sowie offene Einfriedungen (Drahtgitterzäune, Maschendrahtzäune etc.) sind
bewilligungsfrei. Bauliche Veränderungen an bestehenden Bauten und Anlagen sind bewilligungspflichtig, soweit
sie sich auf die äussere Gestaltung, die Form und die Zweckbestimmung eines Gebäudes auswirken. Bejaht wurde
die Bewilligungspflicht unter anderem bei Änderungen an der Fassade, bei Änderungen der Dachform, beim Ersatz
bzw. bei der Abänderung tragender Bauteile, beim Isolieren von Dach und Wänden einer Scheune sowie beim
Ersatz eines Holzdaches einer Gartenlaube durch ein Kunststoffdach. Keiner Bewilligung bedürfen blosse
Unterhalts-, Instandstellungs- und Reparaturarbeiten sowie das Beseitigen von inneren Trennwänden zwischen
Wohnräumen oder das Verändern von Öffnungen in solchen Wänden. Bei Nutzungsänderungen wird
oft übersehen, dass diese ebenfalls eine Bewilligungspflicht auslösen können. Eine Nutzungsänderung
liegt vor, wenn eine Baute oder Anlage mit oder ohne Eingriff in die Bausubstanz einem neuen Zweck
zugeführt wird. Ihre Auswirkungen auf die Umgebung sind mitunter grösser als rein bauliche
Veränderungen. Nutzungsänderungen unterstehen der Bewilligungspflicht, wenn sie auf Dauer angelegt sind und
eine Intensivierung der Bewerbung zur Folge haben. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die neue Nutzung
Mehrverkehr auslöst oder zu zusätzlichen Lärmimmissionen führt. Der Bewilligungspflicht unterstellt
wurden unter anderem die Verwendung eines Estrichs zu Wohnzwecken, die Umwandlung eines Materiallagers in Büros
und die Einrichtung einer Gartenwirtschaft in einem Garten.
* Rechtsanwalt, HEV Zürich |
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