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Koppelungsgeschäft * Cornel Tanno
Beim Koppelungsgeschäft handelt es sich um Vereinbarungen ohne
unmittelbaren Bezug zum Gebrauch der Mietsache, welche die Vermieterschaft oder eine Drittperson der Mieterschaft
insofern aufzwingt, als von deren Zustandekommen der Abschluss oder die Fortführung des Mietvertrages
abhängt.
Der Begriff des Koppelungsgeschäftes knüpft an den Tatbestand
der zusammengesetzten Verträge an, also an die Verknüpfung zweier oder mehrerer an sich rechtlich
selbstständiger Verträge (als Beispiel: Kauf eines Werkstattbetriebes mit Maschinen, sonstigem Inventar,
Warenlager und Inventar und gleichzeitiger Abschluss eines Mietvertrages über die Werkstatträumlichkeiten
zwischen dem ehemaligen Betriebsinhaber und dem neuen Betriebsinhaber als Mieter). Die Vereinbarung, welche die
Koppelung zum Gegenstand hat, ist der Koppelungsvertrag, das eigentliche Koppelungsgeschäft. Es verpflichtet die
Parteien zur Duldung eines einheitlichen rechtlichen Schicksals der zwei oder mehr selbstständigen
Verträge. Die Form von Koppelungsvereinbarungen und gekoppelten
Rechtsgeschäften ist unerheblich; es kann sich um mündliche oder schriftliche Vereinbarungen handeln, ebenso
um einzelne Klauseln des Mietvertrages oder separate Vertragswerke. Gemäss
Art. 254 OR ist ein Koppelungsgeschäft, das im Zusammenhang mit der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen
steht, nichtig, wenn der Abschluss oder die Weiterführung des Mietvertrages davon abhängig gemacht wird und
die Mieterschaft dabei gegenüber der Vermieterschaft oder einer Drittperson eine Verpflichtung übernimmt, die
nicht unmittelbar mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängt. Für
die Nichtigkeit eines an einen Mietvertrag gekoppelten Rechtsgeschäftes verlangt das Gesetz somit zwei
Voraussetzungen, die Kumulativ erfüllt sein müssen. Zum einen ist erforderlich, dass der Abschluss des
Mietvertrages oder die Weiterführung desselben vom Abschluss des gekoppelten Geschäfts abhängig gemacht
wird. Zum anderen muss das gekoppelte Rechtsgeschäft Verpflichtungen des Mieters beinhalten, die nicht unmittelbar
mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen. Die Verordnung zum Mietgesetz
(VMWG) nennt Beispiele von Koppelungsgeschäften:
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Kauf der Mietsache: Die
Bestimmung hat den Fall im Visier, dass der Mieterschaft die Verpflichtung zum Kauf der Mietsache auferlegt wird,
obwohl sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der Weiterführung des Mietvertrages dazu keine Absicht
hatte. |
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Aktien zu kaufen: Die
Vermieterschaft macht den Bestand eines Mietverhältnisses davon abhängig, dass die Mieterschaft die
Verpflichtung eingeht, Aktien der Gesellschaft zu kaufen, welche ein Recht zur Benützung der Wohnung
verschafften. |
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Möbel zu kaufen:
Eine Vereinbarung, mit welcher die Mieterschaft sich frei entscheidet, Möbel von der Vermieterschaft oder von der
Vormieterschaft zu kaufen, ist selbstverständlich zulässig. Sie ist nur dann nichtig, wenn sie der
Mieterschaft aufgedrängt wird. |
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Ein Versicherungsvertrag
abzuschliessen: Es ist zu untersuchen, ob die Versicherung in einem Zusammenhang mit dem Gebrauch der Sache steht;
ist ein solcher Zusammenhang zu bejahen, findet Art. 254 OR keine Anwendung, so zum Beispiel bei einer Versicherung
über Wasserschäden oder Glasbruch oder auch bei einer Haftpflichtversicherung der Mieterschaft. Nichtig ist
hingegen die Verpflichtung der Mieterschaft, eine Police mit einer bestimmten Versicherungsgesellschaft abzuschliessen
oder eine Lebens-, Unfall- oder Krankenversicherung abzuschliessen. |
Die in Art. 254 OR vorgesehene Nichtigkeit des Koppelungsgeschäftes
betrifft den Mietvertrag nicht; dieser bleibt vollumfänglich gültig. Auf die Nichtigkeit des gekoppelten
Geschäftes kann sich der Mieter jederzeit berufen. Zudem ist eine Kündigung des Mietvertrages wegen
Berufung des Mieters auf Art. 254 OR anfechtbar.
* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich
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