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Freizügiger Immobilienerwerb in Europa und in der
Schweiz * Tiziano Winiger
Am 1. Juni 2002 traten die sieben bilateralen Abkommen zwischen der
Schweiz und den EU-Staaten sowie die revidierte EFTA-Konvention in Kraft. Das Abkommen über die gegenseitige
Anerkennung von Konformitätsbewertungen, über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse,
über den Luftverkehr, über die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit, über bestimmte Aspekte
des öffentlichen Beschaffungswesens, über den Handel mit wissenschaftlichen Erzeugnissen, über die
Personenfreizügigkeit sind direkt anwendbare Verträge. Sie begründen Rechten und Pflichten für den
Bürger, ohne dass vorerst eine Umsetzung in nationalen Gesetzen nötig wäre. Mit Inkrafttreten der obenerwähnten Abkommen und insbesondere der Art. 7 lit f und
Art. 25 des Anhanges Freizügigkeit" des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft
und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft anderseits über die
Freizügigkeit, wurde das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland
(früher Lex Friedrich genannt, jetzt Lex Koller) angepasst. Staatsangehörige von EU-Staaten, die ihren
Wohnsitz in der Schweiz haben, fallen nicht mehr unter der Lex Koller. EU-Bürger, die ihren tatsächlichen und
rechtmässigen Wohnsitz in der Schweiz haben, werden wie Schweizer behandelt und sind vom Bewilligungssystem
für den Erwerb von Immobilien befreit. Der Wohnsitz bestimmt sich nach Art. 23 des Schweizerischen
Zivilgesetzbuches. Dieser befindet sich grundsätzlich an jenem Ort, wo sich die Person mit der Absicht dauernden
Verbleibens aufhält. Nach der bundesgerichtlichen Rechtssprechung ist dieser Ort wo die Person verweilt und wonach
für Dritte erkennbaren Kriterien anzunehmen ist, dass die betreffende Person den Ort ihres Verweilens zum Mittel-
oder Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen gemacht hat. Nach Aufgabe des Schweizer
Wohnsitzes ist der EU-Bürger nicht verpflichtet die erworbenen Immobilien wieder zu veräussern. Doch was den
Neuerwerb von Immobilien anbelangt, gilt für ihn dieselbe Regelung wie für jeden anderen
Ausländer. Der Handel mit Immobilien, der Erwerb von Immobilien als reine
Kapitalanlage und der Erwerb von Ferienwohnungen (Harte Kern aus der Lex Friedrich) durch EU-Bürger ohne Wohnsitz
in der Schweiz bleibt weiterhin bewilligungspflichtig und kontingentiert. So wie
der EU-Bürger mit Wohnsitz in der Schweiz Immobilien frei kaufen darf, so hat jeder Schweizer-Bürger das
Recht im EU-Raum Immobilien zu kaufen, wenn er in diesem Land Wohnsitz hat. Restriktionen im Ausland können
hingegen weiterhin bestehen, wenn sich die Person nur vorübergehend in dem EU-Staat aufhält und Immobilien
erwerben will, ohne Wohnsitz zu begründen.
* lic. iur., HEV Zürich |
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