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Grenzzäune und Grenzpflanzen * Romina Wilke
Die Eigentumsverhältnisse, die Unterhaltspflichten und die
Verfügungsmöglichkeiten an Vorrichtungen die sich auf einer Grundstücksgrenze befinden, sind vom
Gesetzgeber geregelt worden und trotzdem geben sie oft Anlass für Diskussionen unter Nachbarn.
Das Bundesrecht stipuliert keine Pflicht des Eigentümers zur
Umfriedung respektiv Einhagung seines Grundstückes. Jeder Eigentümer hat aber das Recht, sein Grundstück
auf eigene Kosten einzufrieden. Das Erstellen von Abgrenzungsvorrichtungen an der Grundstücksgrenze, gilt
als zulässige Eigentumsnutzung. Die Nachbarn können sich jedoch einigen und die Grenzvorrichtung auf
die Grenze setzen. Wenn sich eine Grenzvorrichtung, oder eine Pflanze, auf der Grundstücksgrenze befindet, stellen
sich Fragen betreffend den Eigentumsverhältnisse, der Unterhaltspflichten und der
Verfügungsmöglichkeiten.
Miteigentumsvermutung Das
Zivilgesetzbuch regelt in Art. 670 ZGB die Eigentumsverhältnisse von Objekte welche auf der Grenze
stehen:
Art. 670 ZGB: Stehen Vorrichtungen zur Abgrenzung zweier
Grundstücke, wie Mauern, Hecken, Zäune, auf der Grenze, so wird Miteigentum der beiden Nachbarn
vermutet.
Art. 670 ZGB gilt nach der
Lehre nicht nur für die ausdrücklich erwähnten Hecken, sondern auch für Grenzpflanzen. Ein Baum
gilt als Grenzbaum, wenn der Stamm beim Heraustreten aus dem Boden von der Grenzlinie durchschnitten wird. Entsprechend
gilt ein Strauch als Grenzstrauch, wenn zumindest ein Ast auf dem Nachbargrundstück aus dem Boden
hervortritt. Die auf der Grenze stehenden Vorrichtungen werden also
eigentumsmässig nicht vertikal geteilt, sondern stehen vermutungsweise im Miteigentum. Die Vermutung des
Miteigentums zu gleichen Teilen kann dadurch widerlegt werden, dass festgestellt werden kann, zu welchen Teile, also
z.B. zu einem drittel oder einem viertel, eine Mauer oder der Stamm über die Grenze steht oder gewachsen
ist. Durch einen Vertrag ist es möglich eine vom Gesetz abweichende Regel
aufzustellen.
Unterhalt, Pflege und
Verfügungsmöglichkeit Betreffend dem Unterhalt, Pflege und
Verfügungsmöglichkeit, kommen die Regeln des Miteigentums zum tragen. Die Pflege der Grenzpflanzen steht
jedem Nachbar zu, weshalb jeder z.B. die Äste zurückschneiden kann, wobei natürlich die Pflanze nicht in
ihrem Bestand gefährdet werden kann. Die Kosten von Nutzung und Pflege der Grenzvorrichtungen sind von den
Nachbarn im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen (Art. 649 ZGB). Verfügungen aller Art kann ein
Miteigentümer selbständig vornehmen, soweit er dadurch die Rechte des anderen Miteigentümers nicht
beeinträchtigt. Pflanzen und Vorrichtungen, denen eine eigentliche
Abgrenzungsfunktion zukommt werden vermutungsweise für einen dauernden Zweck errichtet, weshalb der eine Nachbar
nicht einfach die Aufhebung des Miteigentums verlangen kann. Einzelne Pflanzen dienen hingegen im Normalfall nicht dem
Zweck der Abgrenzung und sind in der Regel auch nicht für Benutzung oder Bewirtschaftung des
Nachbarsgrundstückes zwingend notwendig. Der Anspruch auf Teilung des Miteigentums an einer Grenzpflanze, was
natürlich zum Fall der Pflanze führt, kann hingegen gerichtlich durchgesetzt werden.
* lic. iur., HEV Zürich |
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