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Änderung im Bestand der
Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft * Cornel Tanno
Der Bestand des Stockwerkeigentums als Vermögens- und
Verwaltungseinheit an einer gemeinschaftlichen Liegenschaft ist auf Dauer ausgerichtet. Das Konzept des
Stockwerkeigentums bringt es mit sich, dass die Gesamtheit der jeweiligen Stockwerkeigentümer gleichzeitig eine
dauerhafte Hausgemeinschaft bildet. Die Zugehörigkeit der einzelnen Eigentümer zu einer Gemeinschaft ist
untrennbar mit dem Eigentum an einer Stockwerkeinheit verknüpft; der Ein- und Austritt aus dieser Gemeinschaft ist
demgemäss nur durch einen Eigentümerwechsel an einem Stockwerkeigentumsanteil möglich.
Ein Wechsel in der Zusammensetzung der Gemeinschaft erfolgt im Normalfall auf freiwilliger
Basis, nämlich auf Grund einer Veräusserung seiner Stockwerkeinheit an einen Dritten, was grundsätzlich
jederzeit möglich ist. Es kann allerdings vorkommen, dass sich ein Einzelner derart gemeinschaftsschädigend
verhält, dass sein weiterer Verbleib in der Gemeinschaft untragbar wird. Zum Schutze der Gemeinschaftsinteressen
hat der Gesetzgeber für solche Ausnahmefälle die Möglichkeit geschaffen, einen untragbaren
Miteigentümer zum Verlassen der Gemeinschaft zu zwingen, ihn aus der Gemeinschaft auszuschliessen. Stockwerkeigentumsanteile werden wie andere Grundstücke behandelt. Neben den allgemeinen
kaufrechtlichen Bestimmungen sind damit namentlich auch die besonderen Vorschriften über den Grundstückskauf
anwendbar. Verträge zur Übertragung von Stockwerksanteilen unterstehen somit speziellen Formvorschriften.
Entsprechend wird der Kaufvertrag über ein Grundstück erst mit der öffentlichen Beurkundung (aller
wesentlichen Vertragspunkte) verbindlich. Der gültige Kaufvertrag macht den Käufer jedoch noch nicht zum
Eigentümer, ebenso wenig verschafft der Besitzesantritt der Räumlichkeiten dem Käufer das Eigentum an
der Stockwerkeinheit. Die Eigentumsübertragung erfolgt erst mit der Eintragung des neuen Eigentümers im
Grundbuch. Abweichend der Regelung des gewöhnlichen Miteigentums hat der
Gesetzgeber davon abgesehen, den Stockwerkeigentümern ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Der Grund ist darin zu
sehen, dass man durch ein solches Vorkaufsrecht die Verkehrsfähigkeit der Stockwerkeigentumsanteile nicht
beeinträchtigen wollte. Die Stockwerkeigentümer können jedoch ein
relevantes Interesse haben, das gute Einvernehmen unter sich und die damit verbundene reibungslose Ausübung des
Stockwerkeigentums rechtlich abzusichern. Daher sieht das Gesetz (Art. 712c ZGB) zwei Möglichkeiten vor,
unverträglich scheinenden Personen den Eintritt in die Gemeinschaft durch Erwerb des Eigentums oder eines
Nutzungs- oder Gebrauchsrechts an einem Stockwerkeigentumsanteil zu verwehren. Der Entscheid darüber ist den
Stockwerkeigentümern selbst überlassen. Sie können entweder durch Begründung eines Vorkaufsrechts
oder durch die Einführung eines Einspracherechts die Grundlage dafür schaffen, dass nicht genehme Dritte von
der Aufnahme in die Gemeinschaft oder von der Teilnahme daran ausgeschlossen werden können. Das Vorkaufsrecht wie auch das Einspracherecht kann entweder im öffentlich beurkundeten
Begründungsakt oder später durch schriftliche Vereinbarung der Stockwerkeigentümer bestellt werden. Im
Gegensatz zum Vorkaufsrecht steht das Einspracherecht nicht jedem einzelnen zu, sondern kann nur von der Gemeinschaft
als Ganzes ausgeübt werden. Sieht das Reglement nicht anderes vor, kann die Beschlussfassung mit einfachen Mehr
der anwesenden oder vertretenen Eigentümer erfolgen. Die
Einsprachemöglichkeit richtet sich gegen Veräusserungen, Dienstbarkeitsbelastungen (Nutzniessung, Wohnrecht)
sowie entgeltliche (Vermietung, Verpachtung) oder unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an Dritte. Das
Einspracherecht kann vertraglich auch auf bestimmte Rechtsgeschäfte, z.B. auf Verkäufe, beschränkt
werden. Zum Schutze der Verfügungsbefugnis der Stockwerkeigentümer
legt das Gesetz zwingend fest, dass das Einspracherecht nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig ist.
Die Vereinbarung eines voraussetzungslosen Einspracherechts wäre unwirksam. Allgemein gesagt ist die Einsprache
zulässig gegen alle Rechtsgeschäfte, welche für die übrigen Stockwerkeigentümer unzumutbare
Folgen hätten. Wann ein wichtiger Grund vorliegt, hängt deshalb von den konkreten Umständen ab. Zu
berücksichtigen sind namentlich:
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die Zweckbestimmung der
Stockwerkeinheit oder Gesamtliegenschaft |
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die Grösse der
Einheit |
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alle Bestimmungen der
Gemeinschaftsordnung |
Eine Einsprache ist etwa möglich, wenn die Einheit einem Dritten zu
einem zweckwidrigen Gebrauch überlassen werden soll, wenn der Benutzer eine besonders lärmintensive
Tätigkeit ausüben will oder einen Betrieb führt, der das gute Ansehen der Liegenschaft
beeinträchtigt. Den Stockwerkeigentümern steht es zwar frei, in der
Gemeinschaftsordnung solche Gründe, die sie als wichtig erachten, aufzuzählen. Dadurch können aber
unwichtige Gründe nicht zu wichtigen erhoben werden. Letztlich hat der Richter nach objektiven Kriterien zu
prüfen, ob ein wichtiger Grund vorliegt.
* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich
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