Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 10/2002 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

Änderung im Bestand der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft
* Cornel Tanno

Der Bestand des Stockwerkeigentums als Vermögens- und Verwaltungseinheit an einer gemeinschaftlichen Liegenschaft ist auf Dauer ausgerichtet. Das Konzept des Stockwerkeigentums bringt es mit sich, dass die Gesamtheit der jeweiligen Stockwerkeigentümer gleichzeitig eine dauerhafte Hausgemeinschaft bildet. Die Zugehörigkeit der einzelnen Eigentümer zu einer Gemeinschaft ist untrennbar mit dem Eigentum an einer Stockwerkeinheit verknüpft; der Ein- und Austritt aus dieser Gemeinschaft ist demgemäss nur durch einen Eigentümerwechsel an einem Stockwerkeigentumsanteil möglich.

Ein Wechsel in der Zusammensetzung der Gemeinschaft erfolgt im Normalfall auf freiwilliger Basis, nämlich auf Grund einer Veräusserung seiner Stockwerkeinheit an einen Dritten, was grundsätzlich jederzeit möglich ist. Es kann allerdings vorkommen, dass sich ein Einzelner derart gemeinschaftsschädigend verhält, dass sein weiterer Verbleib in der Gemeinschaft untragbar wird. Zum Schutze der Gemeinschaftsinteressen hat der Gesetzgeber für solche Ausnahmefälle die Möglichkeit geschaffen, einen untragbaren Miteigentümer zum Verlassen der Gemeinschaft zu zwingen, ihn aus der Gemeinschaft auszuschliessen.
Stockwerkeigentumsanteile werden wie andere Grundstücke behandelt. Neben den allgemeinen kaufrechtlichen Bestimmungen sind damit namentlich auch die besonderen Vorschriften über den Grundstückskauf anwendbar. Verträge zur Übertragung von Stockwerksanteilen unterstehen somit speziellen Formvorschriften. Entsprechend wird der Kaufvertrag über ein Grundstück erst mit der öffentlichen Beurkundung (aller wesentlichen Vertragspunkte) verbindlich. Der gültige Kaufvertrag macht den Käufer jedoch noch nicht zum Eigentümer, ebenso wenig verschafft der Besitzesantritt der Räumlichkeiten dem Käufer das Eigentum an der Stockwerkeinheit. Die Eigentumsübertragung erfolgt erst mit der Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch.
Abweichend der Regelung des gewöhnlichen Miteigentums hat der Gesetzgeber davon abgesehen, den Stockwerkeigentümern ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Der Grund ist darin zu sehen, dass man durch ein solches Vorkaufsrecht die Verkehrsfähigkeit der Stockwerkeigentumsanteile nicht beeinträchtigen wollte.
Die Stockwerkeigentümer können jedoch ein relevantes Interesse haben, das gute Einvernehmen unter sich und die damit verbundene reibungslose Ausübung des Stockwerkeigentums rechtlich abzusichern. Daher sieht das Gesetz (Art. 712c ZGB) zwei Möglichkeiten vor, unverträglich scheinenden Personen den Eintritt in die Gemeinschaft durch Erwerb des Eigentums oder eines Nutzungs- oder Gebrauchsrechts an einem Stockwerkeigentumsanteil zu verwehren. Der Entscheid darüber ist den Stockwerkeigentümern selbst überlassen. Sie können entweder durch Begründung eines Vorkaufsrechts oder durch die Einführung eines Einspracherechts die Grundlage dafür schaffen, dass nicht genehme Dritte von der Aufnahme in die Gemeinschaft oder von der Teilnahme daran ausgeschlossen werden können.
Das Vorkaufsrecht wie auch das Einspracherecht kann entweder im öffentlich beurkundeten Begründungsakt oder später durch schriftliche Vereinbarung der Stockwerkeigentümer bestellt werden. Im Gegensatz zum Vorkaufsrecht steht das Einspracherecht nicht jedem einzelnen zu, sondern kann nur von der Gemeinschaft als Ganzes ausgeübt werden. Sieht das Reglement nicht anderes vor, kann die Beschlussfassung mit einfachen Mehr der anwesenden oder vertretenen Eigentümer erfolgen.
Die Einsprachemöglichkeit richtet sich gegen Veräusserungen, Dienstbarkeitsbelastungen (Nutzniessung, Wohnrecht) sowie entgeltliche (Vermietung, Verpachtung) oder unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an Dritte. Das Einspracherecht kann vertraglich auch auf bestimmte Rechtsgeschäfte, z.B. auf Verkäufe, beschränkt werden.
Zum Schutze der Verfügungsbefugnis der Stockwerkeigentümer legt das Gesetz zwingend fest, dass das Einspracherecht nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig ist. Die Vereinbarung eines voraussetzungslosen Einspracherechts wäre unwirksam. Allgemein gesagt ist die Einsprache zulässig gegen alle Rechtsgeschäfte, welche für die übrigen Stockwerkeigentümer unzumutbare Folgen hätten. Wann ein wichtiger Grund vorliegt, hängt deshalb von den konkreten Umständen ab. Zu berücksichtigen sind namentlich:
die Zweckbestimmung der Stockwerkeinheit oder Gesamtliegenschaft
die Grösse der Einheit
alle Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung

Eine Einsprache ist etwa möglich, wenn die Einheit einem Dritten zu einem zweckwidrigen Gebrauch überlassen werden soll, wenn der Benutzer eine besonders lärmintensive Tätigkeit ausüben will oder einen Betrieb führt, der das gute Ansehen der Liegenschaft beeinträchtigt.
Den Stockwerkeigentümern steht es zwar frei, in der Gemeinschaftsordnung solche Gründe, die sie als wichtig erachten, aufzuzählen. Dadurch können aber unwichtige Gründe nicht zu wichtigen erhoben werden. Letztlich hat der Richter nach objektiven Kriterien zu prüfen, ob ein wichtiger Grund vorliegt.

* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich

     
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