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Vorgezogene Neubeurteilung von
Verdachtsflächen (Vorzeitige Überführung) Von lic. iur.
Herbert Bucher, Juristischer Sekretär beim AWEL, Abteilung Abfallwirtschaft und Betriebe (Amt für Abfall,
Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich)
Bei der gegenwärtigen Anpassung des kantonalen Gesetzes über
die Abfallwirtschaft (Abfallgesetz, AbfG) vom 25. September 1994 an die Vorgaben des Bundesrechts nimmt die
Übergangsbestimmung § 39a Abs. 1 AbfG eine wichtige Rolle ein. Sie erlaubt der
Inhaberin oder dem Inhaber eines im bisherigen kantonalen Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen (so
genannter Altlastenverdachtsflächen-Kataster) verzeichneten Standorts, die umgehende behördliche
Überprüfung des Eintrags zu erwirken. Die Regelung wird mit dem revidierten Abfallgesetz voraussichtlich im
Frühjahr 2003 in Kraft treten. 1. Einleitung Das Thema (Altlasten-) Verdachtsflächen hat sowohl dem AWEL als auch den Privaten schon
einiges Kopfzerbrechen bereitet. Das Erfassen von Grundstücken in einem Kataster der Altlasten und
Verdachtsflächen nach Massgabe des geltenden Abfallgesetzes (§ 31 AbfG) hat für die Privaten teils sehr
einschneidende Folgen. Kritische Stimmen haben sich denn auch unmittelbar nach der Fertigstellung des
Verdachtsflächenkatasters verlauten lassen. Bemängelt wurden insbesondere die fehlende Information der
Betroffenen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen des Eintrags. Mit Inkrafttreten der bundesrechtlichen Verordnung
über die Sanierung von belasteten Standorten (Altlasten-Verordnung, AltlV) vom 26. August 1998 wurde den Anliegen
der Standortinhaberinnen und Standortinhaber in der Weise Rechnung getragen, als lediglich noch jene Standorte in den
neu zu erstellenden Kataster der belasteten Standorte aufzunehmen sind, für die feststeht oder mit grosser
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sie belastet sind (Art. 5 Abs. 3 AltlV). Überdies wurde den
Standortinhaberinnen und Standortinhabern ein umfassendes Mitwirkungsrecht eingeräumt (Art. 5
Abs. 2 AltlV). Im Kanton Zürich begannen die Arbeiten zur Harmonisierung des zürcherischen
Abfallgesetzes an die Bestimmungen des Bundes im Jahr 1999 vor dem Hintergrund der parlamentarischen Initiative
Badertscher (KR-Nr. 398a/1999). Ein bei der Ausarbeitung des Gesetzestextes
eingehend besprochenes Anliegen war die Aufnahme einer Standortinhaber freundlichen Übergangsbestimmung, die eine
vorzeitige Neubeurteilung von Verdachtsflächen ermöglichen sollte. Bevor im Folgenden auf diese Bestimmung näher eingegangen wird, sollen noch kurz einige Begriffe
betrachtet werden: |
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Bei einfachen Verhältnissen hat ein Standort eine
Inhaberin oder einen Inhaber. Oft sind aber auch mehrere Personen an einem Standort berechtigt. Zum Begriff des
Standortinhabers siehe unten den Abschnitt «Die Parzelleninhaber».
2. Übergangs- und Schlussbestimmung, § 39a des
geänderten Abfallgesetzes Gemäss § 39a Abs. 1 des neuen
Abfallgesetzes erstellt die Baudirektion «schrittweise den Kataster der belasteten Standorte nach Massgabe der
vorhandenen Mittel sowie der Bundesvorschriften». Neben diesen im Regelfall zu erledigenden Vollzugsarbeiten
können «die Inhaberin oder der Inhaber der im Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen
aufgeführten Parzellen für den Einzelfall von der Baudirektion jederzeit eine Verfügung über die
Eintragung im Kataster der belasteten Standorte verlangen, sofern sie/er ein aktuelles Interesse glaubhaft machen
kann». Absatz 2 dieses Paragraphen sieht vor, dass «Standorte im
Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen nach bisherigem Recht bleiben, bis über ihren Eintrag im Kataster
der belasteten Standorte entschieden ist».
a) Schrittweise Erstellung des KbS nach Massgabe der vorhandenen
Mittel Im VFK des Kantons Zürich sind etwa 13'000 Standorte
verzeichnet. Oft weist, wie oben angesprochen, ein Standort nicht bloss eine Inhaberin oder einen Inhaber auf, sondern
mehrere. Man denke insbesondere an das Stockwerkeigentum mit seinen Miteigentumsanteilen an einem Grundstück. Im
Rahmen der Überführung von Standorten aus dem VFK in den KbS sind sämtliche Standortinhaberinnen und
inhaber in das behördliche Verfahren einzubeziehen. Heute geht man davon aus, dass ungefähr 30'000
Personen angeschrieben werden müssen. Das Ausfindigmachen der Anschriften dieser Personen, deren Benachrichtigung
sowie der in der Folge mit ihnen durchzuführende Schriftenwechsel löst einen erheblichen Arbeitsaufwand aus.
Das AWEL kann diese Arbeiten nur gestaffelt bewältigen. Heute wird von verschiedenen Seiten angenommen, dass die
Überführungs- bzw. die Erstellungsarbeiten am KbS noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen werden, obwohl das
Bundesrecht eine kürzere Frist festgelegt hat (Ende 2003, Art. 27 AltlV). Eine entscheidende
Bedeutung für den Zeitpunkt des Abschlusses kommt den finanziellen Mitteln zu. Diese werden namentlich für
die ebenfalls mit den Überführungsarbeiten betrauten externen Büros benötigt.
b) Die Parzelleninhaber Der
Anspruch auf vorzeitige Überführung steht der Inhaberin oder dem Inhaber einer im Kataster der Altlasten und
Verdachtsflächen aufgeführten Parzelle zu. Als Inhaberin oder Inhaber gilt die natürliche oder
juristische Person, die über ein Grundstück bestimmt und hierfür die Verantwortung trägt. Es ist
dies primär die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer (allenfalls der/die PächterIn, die
MieterIn, die VerwalterIn, die BaurechtsnehmerIn). Vor Einreichen des Gesuches um vorzeitige Überführung ist
daher zu prüfen, wer zu dessen Eingabe berechtigt ist.
c) Jederzeitiges Verlangen einer Verfügung durch die
Baudirektion In gewissen Fällen kann die Inhaberin oder der Inhaber
eines Standorts jederzeit eine Verfügung über die Eintragung im KbS verlangen. Sie müssen nicht den
Zeitpunkt der schrittweisen Überführung abwarten, sondern können unabhängig davon ein Gesuch um
Prüfung des Eintrags stellen. Als Beispiel einer solchen Sachlage kann eine bevorstehende Handänderung
angeführt werden.
d) Glaubhaft machen eines aktuellen Interesses Der Anspruch auf Prüfung der Eintragung im KbS steht der Standortinhaberin oder dem
Standortinhaber dann zu, wenn ein aktuelles Interesse glaubhaft gemacht werden kann. Es sind dies Fälle, wo die
Frage des Katastereintrags nicht länger aufgeschoben werden kann. Hier ist eine enge Zusammenarbeit aller
Beteiligten besonders wichtig.
3. Wie kann eine vorzeitige Überführung erwirkt
werden? Eine vorzeitige Überführung kann nach Inkrafttreten von
§ 39a AbfG mit einem schriftlichen Antrag an das AWEL, Abfallwirtschaft und Betriebe, Walchetor, 8090
Zürich, vorgenommen werden. Damit das Gesuch möglichst zügig bearbeitet werden kann, empfiehlt es sich,
sämtliche umweltrelevanten Kenntnisse betreffend das Grundstück bzw. das Areal in einer übersichtlichen
Standortsgeschichte darzustellen. Dabei sollte insbesondere auf die im VFK aufgelisteten Aussagen zum Standort
(Datenauszug) Bezug genommen werden. Als sehr hilfreiche Unterlagen für die Neubeurteilung erweisen sich
Fotografien, die die frühere Nutzung oder Überbauung des Standorts wiedergeben, sodann Ausschnitte aus
Kartenwerken, ortsbezogene Schreiben, Registerauszüge sowie Auskünfte von ortskundigen Dritten (z.B.
Nachbarn, Betriebsmitarbeitern). Ein möglichst vollständiges und übersichtliches Gesuch erspart
zeitaufwendige Rückfragen durch das AWEL.
4. Welche Schwierigkeiten könnten sich bei der vorzeitigen
Überführung ergeben? Wie erwähnt, erstellt die Baudirektion
den Kataster der belasteten Standorte schrittweise «nach Massgabe der vorhandenen Mittel». Sowohl die
personellen als auch die finanziellen Mittel sind auf Seiten des AWEL beschränkt. Es hat sich in der Vergangenheit
gezeigt, dass Einzelanfragen, wie es die Gesuche um vorzeitige Überführung sind, beträchtlichen
Mehraufwand gegenüber der schrittweisen Überführung zeitigen. Es sind heute Bedenken angemeldet, dass
die schrittweisen Überführungsarbeiten durch die Möglichkeit der vorzeitigen Überführung
behindert werden könnten. Für das reibungslose und termingerechte Gelingen des KbS ist es daher unabdingbar,
dass einzig solche Begehren eingereicht werden, die auch tatsächlich unaufschiebbar sind. |
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