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HEV 12/2002 Inhaltsverzeichnis
Altlasten

Vorgezogene Neubeurteilung von Verdachtsflächen
(Vorzeitige Überführung)
Von lic. iur. Herbert Bucher, Juristischer Sekretär beim AWEL, Abteilung Abfallwirtschaft und Betriebe (Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich)

Bei der gegenwärtigen Anpassung des kantonalen Gesetzes über die Abfallwirtschaft (Abfallgesetz, AbfG) vom 25. September 1994 an die Vorgaben des Bundesrechts nimmt die Übergangsbestimmung § 39a Abs. 1 AbfG eine wichtige Rolle ein. Sie erlaubt der Inhaberin oder dem Inhaber eines im bisherigen kantonalen Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen (so genannter Altlastenverdachtsflächen-Kataster) verzeichneten Standorts, die umgehende behördliche Überprüfung des Eintrags zu erwirken. Die Regelung wird mit dem revidierten Abfallgesetz voraussichtlich im Frühjahr 2003 in Kraft treten.

1. Einleitung
Das Thema (Altlasten-) Verdachtsflächen hat sowohl dem AWEL als auch den Privaten schon einiges Kopfzerbrechen bereitet. Das Erfassen von Grundstücken in einem Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen nach Massgabe des geltenden Abfallgesetzes (§ 31 AbfG) hat für die Privaten teils sehr einschneidende Folgen. Kritische Stimmen haben sich denn auch unmittelbar nach der Fertigstellung des Verdachtsflächenkatasters verlauten lassen. Bemängelt wurden insbesondere die fehlende Information der Betroffenen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen des Eintrags. Mit Inkrafttreten der bundesrechtlichen Verordnung über die Sanierung von belasteten Standorten (Altlasten-Verordnung, AltlV) vom 26. August 1998 wurde den Anliegen der Standortinhaberinnen und Standortinhaber in der Weise Rechnung getragen, als lediglich noch jene Standorte in den neu zu erstellenden Kataster der belasteten Standorte aufzunehmen sind, für die feststeht oder mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sie belastet sind (Art. 5 Abs. 3 AltlV). Überdies wurde den Standortinhaberinnen und Standortinhabern ein umfassendes Mitwirkungsrecht eingeräumt (Art. 5 Abs. 2 AltlV). Im Kanton Zürich begannen die Arbeiten zur Harmonisierung des zürcherischen Abfallgesetzes an die Bestimmungen des Bundes im Jahr 1999 vor dem Hintergrund der parlamentarischen Initiative Badertscher (KR-Nr. 398a/1999).
Ein bei der Ausarbeitung des Gesetzestextes eingehend besprochenes Anliegen war die Aufnahme einer Standortinhaber freundlichen Übergangsbestimmung, die eine vorzeitige Neubeurteilung von Verdachtsflächen ermöglichen sollte.
Bevor im Folgenden auf diese Bestimmung näher eingegangen wird, sollen noch kurz einige Begriffe betrachtet werden:
 
Altlastenverdachtsflächen-Kataster: Bisheriger zürcherischer Kataster für Altlasten und Verdachtsflächen (VFK). Er wird in den kommenden Jahren durch den bundesrechtskonformen Kataster der belasteten Standorte (KbS) abgelöst.
Vorzeitige Überführung: Sie ist im Gegensatz zur schrittweisen Überführung zu sehen; erstere wird umgehend gestützt auf den in Kraft tretenden § 39a Abs. 1 AbfG auf Gesuch hin durchgeführt, während letztere noch einige Jahre dauern kann.
Belastete Standorte: Orte, deren Belastung von Abfällen stammt und die eine beschränkte Ausdehnung aufweisen. Sie umfassen Ablagerungs-, Betriebs- und Unfallstandorte (Art. 2 Abs. 1 AltlV).
 
  Bei einfachen Verhältnissen hat ein Standort eine Inhaberin oder einen Inhaber. Oft sind aber auch mehrere Personen an einem Standort berechtigt. Zum Begriff des Standortinhabers siehe unten den Abschnitt «Die Parzelleninhaber».

2. Übergangs- und Schlussbestimmung, § 39a des geänderten Abfallgesetzes
Gemäss § 39a Abs. 1 des neuen Abfallgesetzes erstellt die Baudirektion «schrittweise den Kataster der belasteten Standorte nach Massgabe der vorhandenen Mittel sowie der Bundesvorschriften». Neben diesen im Regelfall zu erledigenden Vollzugsarbeiten können «die Inhaberin oder der Inhaber der im Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen aufgeführten Parzellen für den Einzelfall von der Baudirektion jederzeit eine Verfügung über die Eintragung im Kataster der belasteten Standorte verlangen, sofern sie/er ein aktuelles Interesse glaubhaft machen kann».
Absatz 2 dieses Paragraphen sieht vor, dass «Standorte im Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen nach bisherigem Recht bleiben, bis über ihren Eintrag im Kataster der belasteten Standorte entschieden ist».

a) Schrittweise Erstellung des KbS nach Massgabe der vorhandenen Mittel
Im VFK des Kantons Zürich sind etwa 13'000 Standorte verzeichnet. Oft weist, wie oben angesprochen, ein Standort nicht bloss eine Inhaberin oder einen Inhaber auf, sondern mehrere. Man denke insbesondere an das Stockwerkeigentum mit seinen Miteigentumsanteilen an einem Grundstück. Im Rahmen der Überführung von Standorten aus dem VFK in den KbS sind sämtliche Standortinhaberinnen und –inhaber in das behördliche Verfahren einzubeziehen. Heute geht man davon aus, dass ungefähr 30'000 Personen angeschrieben werden müssen. Das Ausfindigmachen der Anschriften dieser Personen, deren Benachrichtigung sowie der in der Folge mit ihnen durchzuführende Schriftenwechsel löst einen erheblichen Arbeitsaufwand aus. Das AWEL kann diese Arbeiten nur gestaffelt bewältigen. Heute wird von verschiedenen Seiten angenommen, dass die Überführungs- bzw. die Erstellungsarbeiten am KbS noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen werden, obwohl das Bundesrecht eine kürzere Frist festgelegt hat (Ende 2003, Art. 27 AltlV). Eine entscheidende Bedeutung für den Zeitpunkt des Abschlusses kommt den finanziellen Mitteln zu. Diese werden namentlich für die ebenfalls mit den Überführungsarbeiten betrauten externen Büros benötigt.

b) Die Parzelleninhaber
Der Anspruch auf vorzeitige Überführung steht der Inhaberin oder dem Inhaber einer im Kataster der Altlasten und Verdachtsflächen aufgeführten Parzelle zu. Als Inhaberin oder Inhaber gilt die natürliche oder juristische Person, die über ein Grundstück bestimmt und hierfür die Verantwortung trägt. Es ist dies primär die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer (allenfalls der/die PächterIn, die MieterIn, die VerwalterIn, die BaurechtsnehmerIn). Vor Einreichen des Gesuches um vorzeitige Überführung ist daher zu prüfen, wer zu dessen Eingabe berechtigt ist.

c) Jederzeitiges Verlangen einer Verfügung durch die Baudirektion
In gewissen Fällen kann die Inhaberin oder der Inhaber eines Standorts jederzeit eine Verfügung über die Eintragung im KbS verlangen. Sie müssen nicht den Zeitpunkt der schrittweisen Überführung abwarten, sondern können unabhängig davon ein Gesuch um Prüfung des Eintrags stellen. Als Beispiel einer solchen Sachlage kann eine bevorstehende Handänderung angeführt werden.

d) Glaubhaft machen eines aktuellen Interesses
Der Anspruch auf Prüfung der Eintragung im KbS steht der Standortinhaberin oder dem Standortinhaber dann zu, wenn ein aktuelles Interesse glaubhaft gemacht werden kann. Es sind dies Fälle, wo die Frage des Katastereintrags nicht länger aufgeschoben werden kann. Hier ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten besonders wichtig.

3. Wie kann eine vorzeitige Überführung erwirkt werden?
Eine vorzeitige Überführung kann nach Inkrafttreten von § 39a AbfG mit einem schriftlichen Antrag an das AWEL, Abfallwirtschaft und Betriebe, Walchetor, 8090 Zürich, vorgenommen werden. Damit das Gesuch möglichst zügig bearbeitet werden kann, empfiehlt es sich, sämtliche umweltrelevanten Kenntnisse betreffend das Grundstück bzw. das Areal in einer übersichtlichen Standortsgeschichte darzustellen. Dabei sollte insbesondere auf die im VFK aufgelisteten Aussagen zum Standort (Datenauszug) Bezug genommen werden. Als sehr hilfreiche Unterlagen für die Neubeurteilung erweisen sich Fotografien, die die frühere Nutzung oder Überbauung des Standorts wiedergeben, sodann Ausschnitte aus Kartenwerken, ortsbezogene Schreiben, Registerauszüge sowie Auskünfte von ortskundigen Dritten (z.B. Nachbarn, Betriebsmitarbeitern). Ein möglichst vollständiges und übersichtliches Gesuch erspart zeitaufwendige Rückfragen durch das AWEL.

4. Welche Schwierigkeiten könnten sich bei der vorzeitigen Überführung ergeben?
Wie erwähnt, erstellt die Baudirektion den Kataster der belasteten Standorte schrittweise «nach Massgabe der vorhandenen Mittel». Sowohl die personellen als auch die finanziellen Mittel sind auf Seiten des AWEL beschränkt. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Einzelanfragen, wie es die Gesuche um vorzeitige Überführung sind, beträchtlichen Mehraufwand gegenüber der schrittweisen Überführung zeitigen. Es sind heute Bedenken angemeldet, dass die schrittweisen Überführungsarbeiten durch die Möglichkeit der vorzeitigen Überführung behindert werden könnten. Für das reibungslose und termingerechte Gelingen des KbS ist es daher unabdingbar, dass einzig solche Begehren eingereicht werden, die auch tatsächlich unaufschiebbar sind.

 
     
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