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Elektrosmog
als Mangel der Mietsache * Harald
Solenthaler
Elektrosmog bzw.
elektromagnetische Strahlung wird in den Medien regelmässig thematisiert.
Anlass dazu bieten die stetige Erweiterung der Mobilfunknetze durch die
Netzanbieter und der dadurch notwendige Bau immer neuer Mobilfunkantennen. Die
Bevölkerung ist verunsichert und für dieses Problem sensibilisiert.
Für den Vermieter kann dies bedeuten, dass er vermehrt mit
Mängelrügen und Mietzinssenkungsbegehren von Mietern konfrontiert
wird.
Der Mangel einer Mietsache
ist im Gesetz nicht ausdrücklich beschrieben. Deshalb kann der
Mangelbegriff nur mittelbar definiert werden. Gemäss Art. 256 Abs. 1 OR
ist der Vermieter verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem
zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und
während der Mietdauer in demselben zu erhalten. Demnach ist die Mietsache
mit einem Mangel behaftet, sobald sie nicht mehr dem «zum vorausgesetzten
Gebrauch tauglichen Zustand» entspricht. Um festzustellen, ob ein Mietobjekt an einem Mangel leidet, ist
dessen tatsächlicher Zustand mit dem Zustand zu vergleichen, wie er
zugesichert oder vereinbart war, d.h. es muss die Gebrauchstauglichkeit
geprüft werden. Die Gebrauchstauglichkeit ist kein absoluter Begriff,
sondern ergibt sich unter anderem aus dem Inhalt des konkreten Vertrages, nach
den konkreten Umständen, nach dem vereinbarten Gebrauchszweck des
Mietobjektes sowie den nach einem objektivierten Massstab berechtigten
Erwartungen des Mieters bezüglich Qualität und Eigenschaften des
Mietobjektes. Für die Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit wird darauf
abgestellt, was der durchschnittliche Mieter vernünftigerweise erwarten
darf. Dabei sind subjektive Anschauungen und Wunschvorstellungen des
betroffenen Mieters nicht entscheidend. Das blosse Vorhandensein einer derartigen elektrischen Anlage in
Nähe des Mietobjektes stellt noch keine Einschränkung der
zugesicherten Gebrauchstauglichkeit bzw. einen Mangel am Mietobjekt dar, auch
wenn es dem Mieter ein subjektives Unbehagen verursacht. Als objektivierter
Massstab sind bei elektromagnetischer Strahlung grundsätzlich die
Immissionsgrenzwerte gemäss der bundesrätlichen Verordnung über
den Schutz vor nicht ionisierender Strahlung (NISV) massgebend. Ob die
Grenzwerte überschritten werden, kann nur aufgrund von
verhältnismässig aufwändigen Messungen festgestellt werden. Der
Beweis obliegt dabei dem Mieter. Sollten die konkreten Messungen keine
Überschreitung der vorgeschriebenen Grenzwerte ergeben, liegt kein Mangel
vor, und es fehlt damit die Rechtsgrundlage für den Herabsetzungsanspruch
des Mieters.
* lic. iur.,
HEV Zürich |
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