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HEV 2/2003 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

Zwingend, relativ zwingend, dispositiv
* Sandra Dormann

Das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter wird hauptsächlich durch den von ihnen abgeschlossenen Vertrag bestimmt. Dieser kann bekanntlich schriftlich, mündlich oder konkludent (etwa durch den Gebrauch des Mietobjektes und die Entgegennahme von Mietzinsen) zustande kommen. So frei die Parteien in Bezug auf die Form des Vertrags sind, so wenig sind sie es in Bezug auf dessen Inhalt. Die im Privatrecht grosse Autonomie bezüglich des Vertragsinhaltes ist im Mietrecht, wie beispielsweise auch im Arbeitsrecht, beschränkt durch zahlreiche Bestimmungen, die unter Umständen der individuellen Abmachung vorgehen.

Man unterscheidet zwischen zwingenden und relativ zwingenden und dispositiven Bestimmungen:

Zwingend
Zwingende Bestimmungen sind solche, von denen die Vertragsparteien nicht abweichen dürfen, auch nicht in einer individuellen Vereinbarung. Tun sie es trotzdem, ist der entsprechende Teil der Vereinbarung ungültig und wird somit im Streitfalle von einem Gericht nicht beachtet.
Ein Beispiel für zwingende Bestimmungen im Mietrecht sind die Formvorschriften der Kündigung. Vereinbaren die Vertragsparteien (z.B. zwei gut Freunde), dass der Vermieter nicht auf dem amtlich genehmigten Formular zu kündigen braucht, sondern dass ein normales Schreiben genügt, so ist diese Vereinbarung ungültig. Sie verstösst nämlich gegen die zwingende Vorschrift von Art. 266l OR.

Relativ zwingend
Von den relativ zwingenden Bestimmungen darf vertraglich zwar abgewichen werden, aber nur zugunsten und nicht zuungunsten der Mieterschaft. Die relativ zwingenden Bestimmungen zielen auf einen Mindestschutz der einen Partei ab. Im Mietrecht ist das immer der Mieter. Vermieter und Mieter können also durchaus etwas anderes vereinbaren als im Gesetz steht, gültig ist diese Vereinbarung aber nur, wenn sie für den Mieter günstiger als die gesetzliche Regel ausfällt.
Die Bestimmungen des Mietrechts zu den Kündigungsfristen gelten als relativ zwingend. Art. 266a OR erklärt das ausdrücklich, indem er festlegt, die gesetzlichen Fristen seien einzuhalten, sofern keine längeren vereinbart worden seien. Ist in Art. 266c für Wohnungen eine Kündigungsfrist von 3 Monaten vorgesehen, so heisst das nach dem Gesagten, dass die Vertragsparteien rechtsgültig diese Frist auf 4 oder 5 Monate verlängern, nicht aber auf 2 verkürzen können.

Dispositiv
Mit Bezug auf dispositive Bestimmungen haben die Vertragsparteien völlig freie Hand, d.h. sie können frei davon abweichen. So kommen denn die dispositiven Bestimmungen nur dann zur Anwendung, wenn der konkrete von den Mietvertragsparteien abgeschlossene Vertrag keine andere Regel enthält.
Als Beispiel für eine dispositive Bestimmung gilt Art. 257c OR, der die Fälligkeit des Mietzinses regelt. Er bestimmt zwar, dass der Mietzins am Ende des Monats bezahlt werden muss, schränkt aber ein, «wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist.» Die Parteien sind somit in der Bestimmung des Zahlungstermins völlig frei.

Es ist also absolut zulässig, individuell formulierte Mietverträge abzuschliessen. Man muss sich dabei aber des Risikos bewusst sein, etwas abzumachen, das vielleicht aus den dargelegten Gründen nicht durchgesetzt werden kann. Leider sieht man nicht jeder Gesetzesbestimmung an, ob sie zwingender Natur ist oder nicht. Häufig muss das erst durch die Gerichte mittels Auslegung eruiert werden. Eine fundierte rechtliche Beratung vor Vertragsabschluss ist jedenfalls sehr zu empfehlen. Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, dass der HEV Zürich zusammen mit der Zürcher Sektion des SVIT und der VZI Formularverträge herausgibt, mit welchen man sich solche Probleme ersparen kann.

* lic. iur., HEV Zürich

     
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