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Kündigung infolge dringenden Eigenbedarfs * Georg Bak
Ursprünglich galt
Eigenbedarf, selbst wenn er nicht dringlich war, als ein absolutes Recht. Er
schloss eine Erstreckung des Mietverhältnisses aus und zwar
unabhängig von der Situation des Mieters. Seit der Mietrechtsrevision von
1990 ist dem nicht mehr so. Eigenbedarf wird im Mietrecht an drei Stellen
genannt: in Art. 261 (Wechsel des Eigentümers), 271a (Kündigung durch
den Vermieter) und 272 (Erstreckung des Mietverhältnisses).
Bezeichnenderweise fehlt er bei Art. 272a OR (Ausschluss der
Erstreckung).
Damit eine Kündigung den
rechtlichen Anforderungen entspricht, muss sie in schriftlicher Form und mit
dem vom Kanton genehmigten Formular erfolgen. Bei Familienwohnungen gilt die
Besonderheit, dass die Kündigung beiden Ehegatten separat zugestellt
werden muss. Die Nichteinhaltung dieser Formvorschriften führt zur
Nichtigkeit der Kündigung. Das
Gesetz verlangt jedoch nicht, dass auf dem Kündigungsformular der
Kündigungsgrund angeführt wird. Die Begründung hat gemäss
Art. 271 Abs. 2 OR erst auf Verlangen des Mieters zu erfolgen. Die
Rechtsmittelbelehrung auf dem amtlichen Formular weist den Mieter auf dieses
Recht hin. Obwohl der Vermieter seine Kündigung erst auf Verlangen hin
begründen muss, sollte er nicht ohne Grund kündigen. Die
Kündigung kann nämlich innert 30 Tagen nach Empfang vom Mieter
angefochten werden. Missbräuchliche Kündigungen, d. h.
Kündigungen, die ohne plausiblen Grund ausgesprochen werden, können
vom Gericht aufgehoben und mit einer Kündigungssperre von 3 Jahren
sanktioniert werden. Ein
schutzwürdiges Interesse kann sicherlich derjenige aufweisen, der die
Wohnung wegen dringenden Eigenbedarfs für sich, nahe Verwandte oder
Verschwägerte kündigt. Der Eigenbedarf gilt auch für den
Ehegatten oder Konkubinatspartner sowie für die Kinder, Grosskinder,
Brüder, Schwestern und deren Ehegatten. |
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Erwerb einer vermieteten
Liegenschaft für den Eigengebrauch Ein weiterer Anwendungsfall des dringenden Eigenbedarfs kommt beim
Erwerb einer Liegenschaft zum Zuge. Gemäss Art. 261 OR geht das
Mietverhältnis beim Verkauf auf den Erwerber über. Kauf bricht Miete
nicht. Der Käufer kann mit anderen Worten grundsätzlich nicht anders
kündigen, als es der Verkäufer hätte tun können. Das kann
für den Käufer dann unzumutbar sein, wenn der Mietvertrag noch eine
längere Mindestdauer vorsieht und er die Liegenschaft für den
Eigengebrauch erworben hat. Für diese Situation räumt Art. 261 Abs. 2
lit. a OR dem Erwerber die Möglichkeit einer ausserordentlichen
Kündigung ein. Der neue Eigentümer kann den Vertrag frühzeitig
auf den nächsten gesetzlichen Termin unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist (bei Wohnräumen: 3 Monate) kündigen, wenn er dringenden
Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend
machen kann. Einen Haken hat die Sache insofern, als der Veräusserer
schadenersatzpflichtig wird, falls dem Mieter durch die vorzeitige
Kündigung ein wirtschaftlicher Schaden entsteht.
Kündigungsinteresse
im Erstreckungsverfahren Dringender
Eigenbedarfs schliesst eine Erstreckung des Mietverhältnisses zwar nicht
aus, wird aber bei der Interessenabwägung stark gewichtet.
* lic. iur.,
HEV Zürich |
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