Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 3/2003 Inhaltsverzeichnis
Formularpflicht

Nach der Abstimmung über die Abschaffung der Formularpflicht

Ist der Mieter jetzt weniger gut geschützt?
* Rolf Hegetschweiler

Am 9. Februar sprachen sich die Zürcher Stimmbürger mit 56,5 Prozent Ja für die Abschaffung des Formulars zur Mitteilung des Anfangsmietzinses aus. Welches sind die Folgen?

Zunächst einmal bleibt abzuwarten, ob gegen das Abstimmungsergebnis Beschwerde eingereicht wird. Die Frist dafür dürfte voraussichtlich Ende März mit der so genannten Erwahrung des Abstimmungsresultates durch den Kantonsrat beginnen. Ergreift der Mieterverband wie angedroht die Stimmrechtsbeschwerde, ruht der weitere Ablauf bis zum Entscheid des Bundesgerichts, andernfalls könnte die Gesetzesänderung durch den Regierungsrat per Mitte Jahr in Kraft gesetzt werden.
Vermutlich war die Drohung mit der Stimmrechtsbeschwerde aber nur ein unreflektierter Ausdruck extremer Frustration unter dem Schock, eine bereits gewonnen geglaubte Abstimmung verloren zu haben. Nach dem Kater wird der MV die Sache hoffentlich nüchterner betrachten und einsehen, wie aussichtslos eine Beschwerde wäre. Offenbar schätzt der MV die Intelligenz der Stimmbürger als nicht sehr hoch ein. Wer sich in der Abstimmungszeitung informieren wollte, brauchte jedenfalls keinen akademischen Abschluss, um zu verstehen, worüber er abzustimmen hatte. Auch aus den Inseraten und Plakaten des Hauseigentümerverbandes (HEV) ging klar hervor, worum sich die Abstimmung drehte. Er zweifelt nicht daran, richtig verstanden worden zu sein.
Dass die Zürcher die Formularpflicht wieder abgeschafft haben, ist sicher nicht darauf zurückzuführen, dass sie keine Ahnung gehabt hätten, worüber sie abstimmten, sondern darauf, dass das Formular schlicht und einfach nichts bewirkt und sich damit als überflüssig erwiesen hatte. Das sieht man am besten, wenn man darlegt, was sich nun ändert:

Eigentlich ändert sich nichts
Wie kommt der Mietvertrag zustande?
Für den Abschluss eines Mietvertrags sieht das schweizerische Obligationenrecht (OR) keinerlei Formvorschriften vor. Er kann demnach schriftlich, mündlich oder durch "konkludentes Verhalten" abgeschlossen werden. Übergibt beispielsweise der Hauseigentümer dem Mieter die Wohnungsschlüssel und bezahlt dieser einen Mietzins, so kann der Vertrag damit abgeschlossen worden sein. Ein Formular irgendwelcher Art ist dazu nicht erforderlich und war es auch nie. Diesbezüglich hat sich also überhaupt nichts geändert.

Was darf im Mietvertrag stehen?
Auch hinsichtlich des Inhalts des Mietvertrags hat rein gar nichts geändert. Ein grosser Teil der mietrechtlichen Bestimmungen ist zwingender Natur. D.h., dass es nicht zulässig ist, vertraglich von ihnen abzuweichen. Abmachungen, welche in Widerspruch zu den zwingenden Vorschriften stehen, sind nichtig, können also keine Wirksamkeit entfalten. Das war vor dem 9. Februar so und bleibt auch so. Das ist auf Bundesebene festgelegt und kann nicht auf kantonaler Ebene geändert werden.

Wann darf der Anfangsmietzins angefochten werden?
Gemäss Art. 270 OR kann der Mieter den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Übernahme der Sache bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich anfechten und dessen Herabsetzung verlangen, wenn der Vermieter den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache erheblich erhöht hat. Unter erheblicher Erhöhung versteht man eine solche, die 10 Prozente übersteigt. Wurde der Mietzins beim Mieterwechsel um mehr als 10 Prozent erhöht, heisst das aber nicht automatisch, dass er im Anfechtungsfalle gesenkt werden muss. Es bedeutet lediglich, dass er angefochten werden kann, so dass die Schlichtungsbehörde bzw. das Mietgericht prüfen können, ob er missbräuchlich ist. Ein Mieter beispielsweise, der sich darauf beruft, dass sein Anfangsmietzins nicht ortsüblich ist, müsste dies beweisen.
Wurde der Mietzins nicht um mehr als 10 Prozent erhöht, könnte der neue Mieter den Anfangsmietzins nur anfechten, wenn er sich wegen einer persönlichen oder familiären Notlage oder wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen sah. In der Praxis hat diese Anfechtungsmöglichkeit zumindest bisher jedoch keine Rolle gespielt.
Auch diese Vorschriften haben mit der abgeschafften Formularpflicht nichts zu tun und bleiben unverändert bestehen. Die Anfechtungsrechte der Mieter werden durch das Abstimmungsergebnis in keiner Weise tangiert. Allerdings wurden sie schon in der Vergangenheit kaum genutzt. 2001 gab es im ganzen Kanton ganze 10 solche Anfechtungen, 2000 sogar nur 6!

Die Informationspflicht des Vermieters
Der Vermieter muss – sofern das Abstimmungsergebnis erwahrt wird – nicht mehr jedem neuen Mieter das umstrittene Formular aushändigen. Aber Art. 256a OR bestimmt, dass der Mieter verlangen kann, dass ihm die Höhe des Mietzinses des vorangegangenen Mietverhältnisses mitgeteilt wird. Hat er Anlass zur Vermutung, dass der Mietzins erstens missbräuchlich – z.B. nicht ortsüblich – und zweitens beim Mieterwechsel massiv erhöht worden ist, kann er von seinem Vertragspartner entsprechende Auskunft verlangen. Er kann das natürlich auch in allen anderen Fällen tun. In diesen nützt ihn die Information aber nichts.

Fazit
Wie im Abstimmungskampf vom Hauseigentümerverband immer wieder betont, ändert sich nur, dass das eine Stück Papier nicht mehr ausgefüllt werden muss. Im Übrigen bleiben die Rechte der Mieter und die Pflichten der Vermieter unverändert.

* Direktor HEV Kanton Zürich und HEV Zürich

     
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