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Nach der Abstimmung über
die Abschaffung der Formularpflicht
Ist der Mieter jetzt weniger gut
geschützt? * Rolf
Hegetschweiler
Am 9. Februar sprachen
sich die Zürcher Stimmbürger mit 56,5 Prozent Ja für die
Abschaffung des Formulars zur Mitteilung des Anfangsmietzinses aus. Welches
sind die Folgen?
Zunächst einmal bleibt
abzuwarten, ob gegen das Abstimmungsergebnis Beschwerde eingereicht wird. Die
Frist dafür dürfte voraussichtlich Ende März mit der so
genannten Erwahrung des Abstimmungsresultates durch den Kantonsrat beginnen.
Ergreift der Mieterverband wie angedroht die Stimmrechtsbeschwerde, ruht der
weitere Ablauf bis zum Entscheid des Bundesgerichts, andernfalls könnte
die Gesetzesänderung durch den Regierungsrat per Mitte Jahr in Kraft
gesetzt werden. Vermutlich war die
Drohung mit der Stimmrechtsbeschwerde aber nur ein unreflektierter Ausdruck
extremer Frustration unter dem Schock, eine bereits gewonnen geglaubte
Abstimmung verloren zu haben. Nach dem Kater wird der MV die Sache hoffentlich
nüchterner betrachten und einsehen, wie aussichtslos eine Beschwerde
wäre. Offenbar schätzt der MV die Intelligenz der Stimmbürger
als nicht sehr hoch ein. Wer sich in der Abstimmungszeitung informieren wollte,
brauchte jedenfalls keinen akademischen Abschluss, um zu verstehen,
worüber er abzustimmen hatte. Auch aus den Inseraten und Plakaten des
Hauseigentümerverbandes (HEV) ging klar hervor, worum sich die Abstimmung
drehte. Er zweifelt nicht daran, richtig verstanden worden zu
sein. Dass die Zürcher die
Formularpflicht wieder abgeschafft haben, ist sicher nicht darauf
zurückzuführen, dass sie keine Ahnung gehabt hätten,
worüber sie abstimmten, sondern darauf, dass das Formular schlicht und
einfach nichts bewirkt und sich damit als überflüssig erwiesen hatte.
Das sieht man am besten, wenn man darlegt, was sich nun ändert:
Eigentlich ändert
sich nichts Wie kommt der
Mietvertrag zustande? Für den
Abschluss eines Mietvertrags sieht das schweizerische Obligationenrecht (OR)
keinerlei Formvorschriften vor. Er kann demnach schriftlich, mündlich oder
durch "konkludentes Verhalten" abgeschlossen werden. Übergibt
beispielsweise der Hauseigentümer dem Mieter die Wohnungsschlüssel
und bezahlt dieser einen Mietzins, so kann der Vertrag damit abgeschlossen
worden sein. Ein Formular irgendwelcher Art ist dazu nicht erforderlich und war
es auch nie. Diesbezüglich hat sich also überhaupt nichts
geändert.
Was darf im Mietvertrag
stehen? Auch hinsichtlich des Inhalts
des Mietvertrags hat rein gar nichts geändert. Ein grosser Teil der
mietrechtlichen Bestimmungen ist zwingender Natur. D.h., dass es nicht
zulässig ist, vertraglich von ihnen abzuweichen. Abmachungen, welche in
Widerspruch zu den zwingenden Vorschriften stehen, sind nichtig, können
also keine Wirksamkeit entfalten. Das war vor dem 9. Februar so und bleibt auch
so. Das ist auf Bundesebene festgelegt und kann nicht auf kantonaler Ebene
geändert werden.
Wann darf der Anfangsmietzins
angefochten werden? Gemäss Art. 270
OR kann der Mieter den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Übernahme der
Sache bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich anfechten und
dessen Herabsetzung verlangen, wenn der Vermieter den Anfangsmietzins
gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache erheblich
erhöht hat. Unter erheblicher Erhöhung versteht man eine solche, die
10 Prozente übersteigt. Wurde der Mietzins beim Mieterwechsel um mehr als
10 Prozent erhöht, heisst das aber nicht automatisch, dass er im
Anfechtungsfalle gesenkt werden muss. Es bedeutet lediglich, dass er
angefochten werden kann, so dass die Schlichtungsbehörde bzw. das
Mietgericht prüfen können, ob er missbräuchlich ist. Ein Mieter
beispielsweise, der sich darauf beruft, dass sein Anfangsmietzins nicht
ortsüblich ist, müsste dies beweisen. Wurde der Mietzins nicht um mehr als 10 Prozent erhöht,
könnte der neue Mieter den Anfangsmietzins nur anfechten, wenn er sich
wegen einer persönlichen oder familiären Notlage oder wegen der
Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und
Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen sah. In der Praxis hat
diese Anfechtungsmöglichkeit zumindest bisher jedoch keine Rolle
gespielt. Auch diese Vorschriften haben
mit der abgeschafften Formularpflicht nichts zu tun und bleiben
unverändert bestehen. Die Anfechtungsrechte der Mieter werden durch das
Abstimmungsergebnis in keiner Weise tangiert. Allerdings wurden sie schon in
der Vergangenheit kaum genutzt. 2001 gab es im ganzen Kanton ganze 10 solche
Anfechtungen, 2000 sogar nur 6!
Die Informationspflicht des
Vermieters Der Vermieter muss
sofern das Abstimmungsergebnis erwahrt wird nicht mehr jedem neuen
Mieter das umstrittene Formular aushändigen. Aber Art. 256a OR bestimmt,
dass der Mieter verlangen kann, dass ihm die Höhe des Mietzinses des
vorangegangenen Mietverhältnisses mitgeteilt wird. Hat er Anlass zur
Vermutung, dass der Mietzins erstens missbräuchlich z.B. nicht
ortsüblich und zweitens beim Mieterwechsel massiv erhöht
worden ist, kann er von seinem Vertragspartner entsprechende Auskunft
verlangen. Er kann das natürlich auch in allen anderen Fällen tun. In
diesen nützt ihn die Information aber nichts.
Fazit Wie im Abstimmungskampf vom Hauseigentümerverband
immer wieder betont, ändert sich nur, dass das eine Stück Papier
nicht mehr ausgefüllt werden muss. Im Übrigen bleiben die Rechte der
Mieter und die Pflichten der Vermieter unverändert.
* Direktor
HEV Kanton Zürich und HEV Zürich |
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