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Zur selben Zeit entwickelte sich in England eine neue
Gartenarchitekturrichtung. Sie zeichnet sich aus durch frei gestaltete Parks.
Der Übergang vom gestalteten Park zur freien Natur sollte möglichst
fliessend und unscheinbar sein. Man glaubte an die Kraft der Bildung und an das
Recht auf Freiheit und Entfaltung. Das architektonische Prinzip des barocken
Gartens empfand man als Vergewaltigung des Individuums. Der Mensch begann, die
Ganzheit und Komplexität einer Landschaft zu begreifen und die freie
unberührte Natur in ihrem ästhetischen Wert, aber auch in ihrem
ethischen Sinne zu achten. Die
Gartenbauer orientierten sich an den Vorbildern der Malerei, welche
imaginäre Landschaften malten und diese mit den naturnahen Elementen des
Rokokogartens verbanden. In der Malerei waren es die Vorbilder Claude Lorrain,
Jan van Ruysdael und Salvator Rosa. Auf geistiger Ebene wurde die Entwicklung
von Jean Jaques Rousseau unter dem Schlagwort «Zurück zur
Natur» abgehandelt. Da viele Garteninteressierte die
Renaissancegärten in Italien besuchten, welche oft verwildert und
ungepflegt waren, fühlten sie sich in ihrem Denken mehr bestätigt,
als den Erbauern sehr wahrscheinlich lieb war. |
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 Der
achteckige sonnentempel der Neuen Eremitage in Bayreuth. |
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Der Engländer Kent baute schlussendlich den ersten
Landschaftsgarten, den Rousham- Garten in Oxfordshire. Die ganze Entwicklung
wurde auch von politischer Seite unterstützt, da England solche Neuerungen
dank den demokratischen Formen der Staatsführung begünstigte. Kent
galt absolut nicht als Dilettant, sondern war von vielen Nichtfachleuten
unterstützt worden. Jedoch schon bald wurden die Nichtfachleute von
geschulten Gärtnern abgelöst. Stourhead in Wilshire ist ein typisches
Beispiel des englischen Landschaftsparks, welcher bis heute noch gut erhalten
ist. Lancelot Brown war ein weiterer sehr berühmter Gartengestalter dieser
Zeit. Er hatte auch den Übernamen «Capability»
Brown. Anfang des 19. Jh. wurde die
Londoner Gartenbau-Gesellschaft gegründet und kurz danach die
Königliche Gartengesellschaft. Loudon schuf 1822 die erste
«Encyclopaedia of Gardening». Dies ist ein 1200 Seiten starkes
Standardwerk, welches von der Anzucht mit sämtlichen Techniken über
Gärten in allen Ländern, Nordamerika bereits mit einbeziehend, und
selbstverständlich auch alle wichtigen Pflanzenarten beinhaltet.
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Im 20. Jh. wurden die Gärten kleiner und
überschaubarer. Die Gestaltung wurde individueller. Die Fülle von in-
und ausländischen Stauden und Gehölzen wurde kunstvoll und
kenntnisreich arrangiert. Gertrude Jekyll ist wohl bis heute eine unerreichte
Grösse, was die Pflanzenverwendung in diesen so genannten
Cottagegärten anbelangt. Der Cottagegarten ist die Antwort auf die Frage,
ob der wilde freie Garten oder der formale architektonische der richtige ist,
denn im Cottagegarten werden beide Elemente miteinander verbunden. Diese
Gartentradition überlebte bis in die heutige Zeit. |
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 Cottagegarten von Gertrude
Jekyll |
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Nach 1750 griff der englische Lanschaftsstil auch auf den
europäischen Kontinent über. Überall dort, wo Parks
umgeändert oder neu angelegt wurden, passierte dies nach dem Vorbild von
englischen Landschaftsparks. Als wohl bedeutendster und sehr früh erbaute
Park auf dem Kontinent gilt der Wörlitzer Park bei Dessau an der Elbe.
Hirschfeld, ein Analytiker, verfasste eine fünfbändige Theorie zur
Gartenkunst. Er führte viele neue Begriffe ein. |
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Ein weiterer berühmter und bedeutender
Gartenarchitekt dieser Zeit war Friedrich Ludwig von Sckell, welcher
theoretische und praktische Arbeiten ausführte. Er entwickelte seine
Gartentheorien, überdachte und veränderte sie zu seinen Lebzeiten. Am
Schluss seiner Karriere war er Gartenbaudirektor in Rheinland-Pfalz und
Bayern. Er erbaute unter anderen den
Englischen Garten in München, und als sehr frühes Werk entstand 1780
der Garten Schönbusch bei Aschaffenburg. Neben Sckell arbeitete zur selben
Zeit Fürst Pückler, welcher den Volkspark ausrief. |
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 Wörlitzer
Park, deutscher
Landschaftspark |
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Pückler stellte ein etwa 500 ha grosses Gelände zur
Verfügung, welches unter anderem mit der Muskauer Bevölkerung zu
einem Landschaftspark umgebaut werden sollte. Er versprach der Bevölkerung
eine Parkanlage, die das sonst unbedeutende Städtchen für alle
Zukunft zu einer Sehenswürdigkeit machen würde. Ebenso bedeutend war Peter Joseph Lenné, welcher
vor allem in der Region von Potsdam tätig war. |
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Lenné erschuf in seinen Anfangsjahren Sanssouci,
später den Schlosspark Charlottenburg und auch den Tiergarten in Berlin.
Auch in der Schweiz war Ende des 19. Jh. ein Gartenbauer mit internationalem
Namen aktiv. Er hiess Evarist Mertens,
wurde in Breda, Holland, geboren und kam im Alter von 24 Jahren in die Schweiz.
Nach der Ausbildung an der Gartenbauschule in Chätelaine bei Genf und
einer gärtnerischen Praxis in Paris und England gründete er 1870 mit
Neher in Schaffhausen ein eigenes Gartenbaugeschäft. |
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 Der «gläserne
Berg» in Potsdam, Sanssouci. |
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1886 verlegte er das Geschäft nach Zürich und realisierte
in der deutschen Schweiz zahlreiche Gärten im Stil des
spätklassizistischen Landschaftsgartens. Zusammen mit Theodor Froebel prägte er die so
genannte Kunstgärtnerei und die letzte Phase des landschaftlichen Stils.
Unter anderem baute er die Villa Bathumba in Zürich. Da die amerikanischen Städte sehr rasch wuchsen und
ein Handlungsbedarf für Freizeitgestalung vorhanden war, entstanden in den
meisten Städten Volksparks, so zum Beispiel der Central Park in Manhattan.
Der führende Kopf war Frederic Olmsted, welcher ein Agronom,
Sozialwissenschaftler und Schriftsteller war. Später kam er zur
Überzeugung, dass der einzelne Park nur ein Einzelglied eines
Gesamtgrünsystems sei, das den Stadtkörper durchdringen muss und den
Bewohnern geschützte und freie Bewegung von Stadtteil zu Stadtteil
ermöglichen sollte. Dies ist bis heute ein Grundsatz der Grünplanung
in den Städten.
* Landschaftsarchitekt
HTL |
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