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HEV 4/2003 Inhaltsverzeichnis
Unser Garten

Gartengeschichte (2.Teil)
* Luzius Winkler

Die Barockgärten wurden in ganz Europa gebaut mit mehr oder weniger Einfluss des betreffenden Landes. So ist der russische Einfluss in Petersburg sehr gering, aber im Gegensatz dazu bei der schwedischen Interpretation im Schloss Jakobsdasl und Carlsberg relativ gross. In den nordischen Ländern nahm die französische Gartenarchitektur einen grossen Einfluss, da der damalige Gartendesigner André Mollets und sein Sohn, angestellt von Königin Christine von Schweden, 1650 ein bedeutendes Gartenwerk in Stockholm herausgaben mit dem Titel «Le Jardin de Plaisir».
Je weiter die Zeit ins 18. Jh. fortschritt, umso mehr begann der Glanz des Absolutismus zu verblühen, und es traten immer mehr intime und individuelle Tendenzen in der Gartengestaltung in den Vordergrund. Die geometrische Ordnung wurde jedoch beibehalten. Als Beispiel des Spätbarocks gilt der Dresdener Zwinger, erbaut von Pöppelmann. In Deutschland wurde der Spätbarock- zum Rokokogarten weiterentwickelt. Der Übergang vom Spätbarock zum Rokoko ist hier wie auch in der Architektur sehr fliessend. Das neue Schönheitsideal liegt in der spielerischen Bewegtheit und in der Kompliziertheit der Formen. Im Rokokogarten ist der räumliche Zusammenhang der Gesamtanlage schwer überschaubar. Der Garten kann so als Aneinanderreihung einzelner intimer, in sich abgeschlossener Kammern verstanden werden. Die Eremitage in Bayreuth und das Schloss Sanssouci in Potsdam sind zwei bedeutende Beispiele dieser Zeit.
      Zur selben Zeit entwickelte sich in England eine neue Gartenarchitekturrichtung. Sie zeichnet sich aus durch frei gestaltete Parks. Der Übergang vom gestalteten Park zur freien Natur sollte möglichst fliessend und unscheinbar sein. Man glaubte an die Kraft der Bildung und an das Recht auf Freiheit und Entfaltung. Das architektonische Prinzip des barocken Gartens empfand man als Vergewaltigung des Individuums. Der Mensch begann, die Ganzheit und Komplexität einer Landschaft zu begreifen und die freie unberührte Natur in ihrem ästhetischen Wert, aber auch in ihrem ethischen Sinne zu achten.
Die Gartenbauer orientierten sich an den Vorbildern der Malerei, welche imaginäre Landschaften malten und diese mit den naturnahen Elementen des Rokokogartens verbanden. In der Malerei waren es die Vorbilder Claude Lorrain, Jan van Ruysdael und Salvator Rosa. Auf geistiger Ebene wurde die Entwicklung von Jean Jaques Rousseau unter dem Schlagwort «Zurück zur Natur» abgehandelt. Da viele Garteninteressierte die Renaissancegärten in Italien besuchten, welche oft verwildert und ungepflegt waren, fühlten sie sich in ihrem Denken mehr bestätigt, als den Erbauern sehr wahrscheinlich lieb war.
 

Der achteckige sonnentempel der Neuen Eremitage in Bayreuth.
 
  Der Engländer Kent baute schlussendlich den ersten Landschaftsgarten, den Rousham- Garten in Oxfordshire. Die ganze Entwicklung wurde auch von politischer Seite unterstützt, da England solche Neuerungen dank den demokratischen Formen der Staatsführung begünstigte. Kent galt absolut nicht als Dilettant, sondern war von vielen Nichtfachleuten unterstützt worden. Jedoch schon bald wurden die Nichtfachleute von geschulten Gärtnern abgelöst. Stourhead in Wilshire ist ein typisches Beispiel des englischen Landschaftsparks, welcher bis heute noch gut erhalten ist. Lancelot Brown war ein weiterer sehr berühmter Gartengestalter dieser Zeit. Er hatte auch den Übernamen «Capability» Brown.
Anfang des 19. Jh. wurde die Londoner Gartenbau-Gesellschaft gegründet und kurz danach die Königliche Gartengesellschaft. Loudon schuf 1822 die erste «Encyclopaedia of Gardening». Dies ist ein 1200 Seiten starkes Standardwerk, welches von der Anzucht mit sämtlichen Techniken über Gärten in allen Ländern, Nordamerika bereits mit einbeziehend, und selbstverständlich auch alle wichtigen Pflanzenarten beinhaltet.
 
  Im 20. Jh. wurden die Gärten kleiner und überschaubarer. Die Gestaltung wurde individueller. Die Fülle von in- und ausländischen Stauden und Gehölzen wurde kunstvoll und kenntnisreich arrangiert. Gertrude Jekyll ist wohl bis heute eine unerreichte Grösse, was die Pflanzenverwendung in diesen so genannten Cottagegärten anbelangt. Der Cottagegarten ist die Antwort auf die Frage, ob der wilde freie Garten oder der formale architektonische der richtige ist, denn im Cottagegarten werden beide Elemente miteinander verbunden. Diese Gartentradition überlebte bis in die heutige Zeit.      

Cottagegarten von Gertrude Jekyll
 
  Nach 1750 griff der englische Lanschaftsstil auch auf den europäischen Kontinent über. Überall dort, wo Parks umgeändert oder neu angelegt wurden, passierte dies nach dem Vorbild von englischen Landschaftsparks. Als wohl bedeutendster und sehr früh erbaute Park auf dem Kontinent gilt der Wörlitzer Park bei Dessau an der Elbe. Hirschfeld, ein Analytiker, verfasste eine fünfbändige Theorie zur Gartenkunst. Er führte viele neue Begriffe ein.  
  Ein weiterer berühmter und bedeutender Gartenarchitekt dieser Zeit war Friedrich Ludwig von Sckell, welcher theoretische und praktische Arbeiten ausführte. Er entwickelte seine Gartentheorien, überdachte und veränderte sie zu seinen Lebzeiten. Am Schluss seiner Karriere war er Gartenbaudirektor in Rheinland-Pfalz und Bayern.
Er erbaute unter anderen den Englischen Garten in München, und als sehr frühes Werk entstand 1780 der Garten Schönbusch bei Aschaffenburg. Neben Sckell arbeitete zur selben Zeit Fürst Pückler, welcher den Volkspark ausrief.
     

Wörlitzer Park,
deutscher Landschaftspark
 
  Pückler stellte ein etwa 500 ha grosses Gelände zur Verfügung, welches unter anderem mit der Muskauer Bevölkerung zu einem Landschaftspark umgebaut werden sollte. Er versprach der Bevölkerung eine Parkanlage, die das sonst unbedeutende Städtchen für alle Zukunft zu einer Sehenswürdigkeit machen würde.
Ebenso bedeutend war Peter Joseph Lenné, welcher vor allem in der Region von Potsdam tätig war.
 
      Lenné erschuf in seinen Anfangsjahren Sanssouci, später den Schlosspark Charlottenburg und auch den Tiergarten in Berlin. Auch in der Schweiz war Ende des 19. Jh. ein Gartenbauer mit internationalem Namen aktiv.
Er hiess Evarist Mertens, wurde in Breda, Holland, geboren und kam im Alter von 24 Jahren in die Schweiz. Nach der Ausbildung an der Gartenbauschule in Chätelaine bei Genf und einer gärtnerischen Praxis in Paris und England gründete er 1870 mit Neher in Schaffhausen ein eigenes Gartenbaugeschäft.
 

Der «gläserne Berg» in Potsdam, Sanssouci.
 
  1886 verlegte er das Geschäft nach Zürich und realisierte in der deutschen Schweiz zahlreiche Gärten im Stil des spätklassizistischen Landschaftsgartens.
Zusammen mit Theodor Froebel prägte er die so genannte Kunstgärtnerei und die letzte Phase des landschaftlichen Stils. Unter anderem baute er die Villa Bathumba in Zürich.
Da die amerikanischen Städte sehr rasch wuchsen und ein Handlungsbedarf für Freizeitgestalung vorhanden war, entstanden in den meisten Städten Volksparks, so zum Beispiel der Central Park in Manhattan. Der führende Kopf war Frederic Olmsted, welcher ein Agronom, Sozialwissenschaftler und Schriftsteller war. Später kam er zur Überzeugung, dass der einzelne Park nur ein Einzelglied eines Gesamtgrünsystems sei, das den Stadtkörper durchdringen muss und den Bewohnern geschützte und freie Bewegung von Stadtteil zu Stadtteil ermöglichen sollte. Dies ist bis heute ein Grundsatz der Grünplanung in den Städten.

* Landschaftsarchitekt HTL

 
     
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