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Keine
Mietzinsreduktion wegen Fluglärm Neues Urteil des Mietgerichtes Bülach * Paco Oliver
Die temporäre Zunahme
des Fluglärms durch die Pistensperrung auf dem Flughafen
Zürich-Kloten ist gemäss einem neuen Urteil des Mietgerichtes
Bülach nicht als Mangel im Sinne der mietrechtlichen Bestimmungen zu
qualifizieren. Mieter haben deshalb keinen Anspruch auf Senkung des
Mietzinses. Der
Hauseigentümerverband Kanton Zürich hat den Entscheid des
Mietgerichtes Bülach, einem Mieter wegen der vorübergehenden
erhöhten Fluglärmbelastung keine Mietzinssenkung zuzusprechen, mit
Genugtuung zur Kenntnis genommen. Er sieht sich in seiner Auffassung
bestärkt, dass es nicht angeht, Mieter in Sachen Fluglärm anders zu
behandeln als Eigentümer; gerecht wäre es, wenn alle, die im gleichen
Masse betroffen waren, auch im gleichen Masse entschädigt würden
und zwar vom Verursacher, dem Flughafenbetreiber.
Aus den Erwägungen des Gerichtes (leicht
gekürzt): Das Bundesgericht
anerkennt Lärmimmissionen als Mangel der Mietsache und bei gegebenen
Voraussetzungen einen Herabsetzungsanspruch des Mieters. Diese erweiterte
Gewährleistungspflicht für ideelle Störungen des
Gebrauchsgenusses der Mietsache lässt sich im Lichte der mietrechtlichen
Mangelbehebungspflicht des Vermieters aber nur dann rechtfertigen, wenn dieser
über eine gewisse Einflussnahme gegenüber dem Immittenten
verfügt. Die Mängelrechte des Mieters verfolgen nämlich den
Zweck, dass die Beseitigung eines Mangels durch den Vermieter durchgesetzt
werden soll. Ist eine Beseitigung der Störung jedoch nicht im
Einflussbereich des Vermieters, verlieren auch die Rechtsbehelfe des
mietrechtlichen Mangelrechts ihren Sinn. Im Bereich der Lärmimmissionen
können diese Rechtsbehelfe also nur solange greifen, als dem Vermieter die
Möglichkeit offen steht, gegen den störenden Dritten vorzugehen. Das
Unterlassen eines solchen Vorgehens kann sodann mit den Rechtsbehelfen des
Mängelrechts sanktioniert werden. Die Zunahme des Fluglärms, sei es nun temporär oder
dauernd, sei es aufgrund der Änderung des Abflugregimes wegen der Sperrung
einer Piste oder wegen eines gescheiterten Staatsvertrages, mit der zudem
Anwohnergemeinden eines Flughafens stets zu rechnen haben, entzieht sich in
jeglicher Hinsicht dem Einflussbereich des Vermieters. Sie wird in der Regel
auch nicht jene Intensität aufweisen, welche den Vermieter als
Eigentümer der Liegenschaft zur Geltendmachung finanzieller Ansprüche
aus materieller Enteignung nachbarrechtlicher Abwehransprüche berechtigen
würde. Entsprechend kann auch nicht von einem Mangel im Sinne der
mietrechtlichen Bestimmungen gesprochen werden, zu dessen Beseitigung der
Vermieter mit den in Art. 259a ff. OR vorgesehenen Rechtsbehelfen angehalten
werden könnte. Anzumerken bleibt,
dass der Ausbau des Flughafens Zürich-Kloten von der zürcherischen
Wohnbevölkerung in einer Volksabstimmung gutgeheissen wurde. Auch unter
dem Aspekt der Billigkeit erscheint es deshalb als stossend, den Vermieter
einer überaus strikten Kausalhaftung ähnlich die teils
unangenehmen Konsequenzen dieses für die gesamte Bevölkerung
verbindlichen Volksentscheides tragen zu lassen. Ausserdem sind gewisse
Amerikanisierungstendenzen im Sinne einer Sammelklagenmentalität, mit
welcher jedwelche der heutigen hochtechnologisierten Industriegesellschaft
inhärenten Risiken und Unannehmlichkeiten sowie teils selbst
geförderte gesundheitliche Einbussen auf potente Marktteilnehmer
abgewälzt und dadurch ein finanzieller Vorteil erzielt werden sollen, mit
der schweizerischen Rechtsordnung nicht vereinbar und daher zum vornherein eine
Absage zu erteilen. |
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