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Die Haftung
der Stockwerkeigentümer * Harald
Solenthaler
Mit dem Erwerb eines
Stockwerkeigentumsanteils wird der Eigentümer Mitglied der entsprechenden
Stockwerkeigentümergemeinschaft. Diese geht für die Erfüllung
von gemeinschaftlichen Angelegenheiten Verpflichtungen mit Dritten ein.
Für den einzelnen Stockwerkeigentümer stellt sich daher die Frage, in
welchem Umfang er für die Erfüllung von Verbindlichkeiten der
Gemeinschaft haftet, und ob er deswegen auch von Dritten direkt belangt werden
kann. Die Haftung der
Stockwerkeigentümergemeinschaft für Verbindlichkeiten gegenüber
Dritten ist in Art. 712l ZGB geregelt. Obwohl der Gemeinschaft keine
Rechtspersönlichkeit zukommt, ist sie im Bereich der gemeinschaftlichen
Verwaltung handlungs- und vermögensfähig sowie nach Art. 712l Abs. 2
ZGB prozess- und betreibungsfähig. Die
Stockwerkeigentümergemeinschaft erwirbt unter ihrem eigenen Namen das sich
aus ihrer Verwaltungstätigkeit ergebende Vermögen, damit die
anfallenden Kosten durch die vorhandenen liquiden Mittel gedeckt werden
können. Das Verwaltungsvermögen stellt im Aussenverhältnis
gegenüber den Gläubigern der Stockwerkeigentümergemeinschaft das
primäre Haftungssubstrat dar. Deshalb kann und muss die
Stockwerkeigentümergemeinschaft für ausstehende Forderungen
gegenüber der Gemeinschaft vom Gläubiger gesamthaft betrieben werden.
Eine unmittelbare Solidarhaftung der einzelnen Stockwerkeigentümer
für gemeinschaftliche Verpflichtungen besteht nicht. Somit kann ein
Gläubiger der Gemeinschaft nicht anstelle der gesamten Gemeinschaft
unmittelbar die einzelnen Stockwerkeigentümer für ihren Kostenanteil
belangen. Nach der Bestimmung von Art.
712h ZGB ist jeder Stockwerkeigentümer verpflichtet, für die Kosten
und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums anteilsmässig aufzukommen.
Massgebend für den Umfang der Leistungspflicht sind grundsätzlich die
Wertquoten. Da diese Regelung nicht zwingend ist, kann auch ein abweichender
Verteilungsschlüssel vereinbart werden. Die Stockwerkeigentümer schulden ihre Beiträge der
Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer. Diese Beitragsforderungen sind von
Gesetzes wegen Bestandteil des Verwaltungsvermögens der Gemeinschaft.
Schuldner der Beitragsforderungen ist der jeweils im Grundbuch eingetragene
Eigentümer des entsprechenden Stockwerkeigentumsanteils. Unter
Umständen kann es vorkommen, dass Beitragsforderungen im Zeitpunkt eines
Eigentümerwechsels noch nicht fällig sind. Auch in diesem Fall ist
der zum Zeitpunkt der definitiven Abrechnung im Grundbuch eingetragene
Eigentümer für die Kosten zu belangen. Da im Innenverhältnis gesetzlich keine Solidarhaftung der
Stockwerkeigentümer untereinander verankert ist, haftet grundsätzlich
der einzelne Eigentümer nur für Beiträge im Umfang seiner
Wertquote. Ist aber einer der Stockwerkeigentümer zahlungsunfähig und
erscheint es als unmöglich, die ausstehenden Beiträge bei diesem
einzufordern, so entsteht für die Gemeinschaft ein Schaden. In der Folge
haften ausnahmsweise die Eigentümer für den finanziellen Schaden im
Rahmen ihrer Wertquote. Um einen solchen Schaden in Grenzen zu halten, hat der
Gesetzgeber zum Schutz der Gemeinschaft zwei Sicherungsmittel vorgesehen:
Für die verfallenen Beitragsforderungen der letzten drei Jahre kann die
Stockwerkeigentümergemeinschaft einerseits nach Art. 712k ZGB ein
Retentionsrecht auf die im Sonderrecht des säumigen
Stockwerkeigentümers befindlichen beweglichen Sachen und andererseits ein
Pfandrecht an dessen Stockwerkeigentumsanteil geltend machen. Doch für
Zahlungen des laufenden Rechnungsjahres sowie für weiter
zurückliegende Ausstände bestehen diese Sicherungsmittel
nicht. Damit der
Stockwerkeigentümergemeinschaft kein Schaden entsteht, wird dem Verwalter
empfohlen, die eingegangenen Zahlungen der Eigentümer regelmässig zu
kontrollieren, ausstehende Beträge konsequent einzufordern und mit der
Geltendmachung von Sicherungsmittel nicht lange zuzuwarten. |
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