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Heisse
Pflanzen für hitzige Gärtnerinnen und Gärtner * Barbara Scalabrin-Laube
35° im Schatten, und
dies noch vor dem offiziellen Sommerbeginn! Das Klima spielt verrückt! Die
Gartenfreundinnen und Gärtner kaufen Bewässerungssysteme, füllen
Giesskanne um Giesskanne mit Wasser, stellen Beregner auf, hoffen auf einen
sanften Landregen und fürchten die angesagten, heftigen Gewitter. Fast
könnte man auf Ferien im Süden verzichten, haben wir doch selber
genug Hitze und Trockenheit. Wenn
ich während solcher Hitzeperioden stundenlang in unserem Wäldchen
stehe und die Rhododendren mit Regenwasser giesse, habe ich Zeit zum Schauen
und Überlegen. Ich weiss, dass die Gehölze aus Ostasien auch ohne
meine Hilfe die Trockenheit und Hitze überdauern würden, rollen sie
doch die Blätter ein und lassen sie hängen, um möglichst wenig
Oberfläche dem ungewöhnlichen Klima auszusetzen. Während des
Giessens wird mir aufs neue bewusst, dass der schwere Lehmboden für diese
prachtvollen Blütensträucher falsch und es im Sommer bei uns zu heiss
und zu trocken ist. In meinen Lehrjahren jedoch hatte mich die Vielfalt der
Pflanzenwelt so sehr fasziniert, dass ich keiner Verlockung widerstehen konnte
und daran glaubte, dass alles machbar sei, auch die Verwandlung von kalkigem
Lehm in einen humosen, neutralen Boden. Heute denke ich anders, bin «Standort bewusster»
geworden, vielleicht auch fauler. So kaufe ich (meist!) vorsichtiger ein, lese
nach oder überlege, welche Bedürfnisse eine Staude oder ein
Gehölz hat und pflanze sie am theoretisch richtigen Platz. Pflanzen, die längere Trockenperioden in der Sonne
ohne Schaden überstehen, faszinieren mich: Schauen Sie sich z.B. die Yucca
filamentosa an: Ihre harten Blätter wachsen aufrecht, um nicht zu intensiv
der Sonne ausgesetzt zu sein, und die Pfahlwurzel wächst in die Tiefe, wo
sie kühlere und feuchtere Bedingungen findet. Ganz anders schützt
sich der scharfe Mauerpfeffer (Sedum acre) vor Wasserverlust. Seine sukkulenten
Blätter können Wasser speichern und wachsen dicht beieinander, um
möglichst wenig Oberfläche der Sonne auszusetzen. Mit einer harten,
ledrigen Oberfläche von Blatt und Stiel schützt sich meine
Lieblingsdistel «Miss Willmott's Ghost» (Eryngium giganteum) vor
Feuchtigkeitsverlust. Ein dickes, silbriges Fell schirmt die stattlichen
Königskerzen (Verbascum olympicum) vor der Hitze ab. Ebenfalls silbrige
Blätter sind Kennzeichen der Santolina chamaecyparissus, des
Heiligenkrauts. Ihre winzigen Blätter schützen sie zusätzlich
vor Wasserverlust. Andere Hitzekünstler wiederum haben ihre Blätter
mit einer Wachsschicht überzogen wie z. B. die Weinraute oder der
Eucalyptus. Der Rosmarin, eine typisch mediterrane Pflanze hat seine
Blattoberfläche zu Nadeln reduziert. Einen ähnlichen Schutz haben
feinblättrige Gräser wie beispielsweise die Festuca glauca
(Blauschwingel). Viele Zwiebelpflanzen wachsen zudem an heissen Plätzen
gut, weil sie schon vor der Hitzeperiode einziehen und sich erst im
Frühjahr wieder regen. Bevor Sie im
Frühling ein sonniges und trockenes Beet bepflanzen, empfiehlt es sich,
dieses gut vorzubereiten. Dem gelockerten und gejäteten Boden geben Sie am
besten reifen Kompost bei. Unseren Lehmboden verbessern wir jeweils
zusätzlich mit Kies, denn ein gut durchlässiger Boden schützt
die Pflanzen im Winter vor Staunässe. Nach diesen Vorbereitungen brauchen Sie nur noch die geeigneten
Pflanzen auszuwählen: Am besten fangen Sie mit den Gehölzen an: Mir
gefällt die Hebe pinguifolia «Pagei», eine graublättrige
Strauchveronika mit weissen Ährenblüten im Juni, besonders gut. Sie
ist immergrün und wächst halbkugelig. Leider habe ich keinen Platz
für die Gleditsia triacanthos «Sunburst», welche mir wegen des
schirmförmigen, lockeren Aufbaus und der goldgelben Blätter im
Frühjahr zusagt. Um so mehr freue ich mich an den weissen,
glockenförmigen Blüten der wintergrünen Abelia grandiflora. Der
kleine Strauch ist im Weinbauklima winterhart und blüht vom Juli bis zum
Oktober. Daneben wächst ein weissbunter Cotoneaster. Das zierliche
Gehölz muss wegen des Feuerbrandes kontrolliert werden und ist nicht mehr
erhältlich. Muss ich es ersetzen, werde ich die Lücke mit Lavendel,
Gewürzsalbei oder dem schon erwähnten Heiligenkraut füllen.
Immergrün und früh blühend ist der Viburnum tinus, der einzige
Schneeball, der trockene und durchlässige Böden bevorzugt. Nach
kalten Wintern kann er jedoch Frostschäden haben. Kennen Sie die Romneya
coulteri, den kalifornischen Baummohn? Die Blüten sehen aus wie
Spiegeleier. Leider ist der etwa einen Meter hohe Halbstrauch nur selten im
Handel und braucht etwas Winterschutz, aber die auffallenden Blüten im
Sommer und die graugrünen Blätter sind der Mühe wert.
Gleichfalls nicht völlig winterhart ist die Lavatera Barnsley, eine
Buschmalve mit hellrosa Blüten von Juli bis September.
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Sicher wollen Sie Ihren sonnigen, trockenen Standort
nicht nur für Gehölze und Halbsträucher nutzen. Mehrjährige
Stauden, Zwiebeln und Gräser stehen in grosser Zahl zur Auswahl: Im Mai
freue ich mich beispielsweise an den violetten und lila Kugelblüten der
verschiedenen Zierlaucharten und -sorten, welche über den Stauden in
unserem Border schweben. Während Allium aflatuense, der Iranlauch, bis
einen Meter fünfzig hoch wächst, bleibt Allium christophii, der
Sternkugellauch, etwa fünfzig Zentimeter hoch. Wildtulpen wie z.B. Tulipa
tarda oder Tulipa greiggii aber auch Tulipa kaufmanniana gedeihen an trockenen
Lagen ebenfalls gut. |
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 Zierlauch
(Allium aflatunense) |
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Die Anzahl der
mehrjährigen Stauden für sonnige Plätze ist gross. Meine sehr
persönliche Auswahl (wie schon bei den Gehölzen) soll Ihnen eine
Vorstellung über geeignete Pflanzen geben: Während eines Tages der
offenen Gartentüre stellte ich fest, wie wenig bekannt der einheimische
Brennende Busch (Dictamnus albus) mit den hellrosa Blüten ist. Die vom
Aussterben bedrohte Staude (Rote Liste 2002, BUWAL) gefällt auch nach der
Blüte wegen der Samenstände. Daneben wächst eine Euphorbia
chariacas wulfenii, eine ornamentale Wolfsmilch mit walzenförmigen, gelben
Blüten. Die korsische Nieswurz (Helleborus argutifolius) als weitere
Partnerin hat sich ihren Standort selbst gewählt und wächst ohne
jegliche Pflege. |
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Im Sommer schneide ich mir gern einige
schleierkrautähnliche blaue Blütenzweige des Limonium latifolium
(Strandflieder). Dazu passen die blauen, kugeligen Blüten des Echinops
ritro (Kugeldistel), die schwefelgelben Dolden der Achillea
«Moonshine» (Schafgarbe), das silberne, feine Laub von Artemisia
«Powis Castle» (Beifuss) und die Baumwollbällchen von Stachys
byzantina «Cotton Ball» (Wollziest). Weniger für den Schnitt geeignet sind die duftenden Zweige der
verschiedenen Thymianarten und -sorten. Diese muss ich häufig im
Frühjahr ersetzen. Wahrscheinlich stehen sie trotz Kieszugabe beim
Pflanzen in zu wenig durchlässigem Substrat. |
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 Wolfsmilch
(Euphorbia characias subs. wulfenii) |
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Auch die als
problemlos geltenden, verschiedenen Sempervivum (Hauswurz) winterten immer
wieder aus. Seit sie in Töpfen wachsen und den Winter unter dem Dach
verbringen , haben wir keine Verluste mehr. Ich empfehle sie als pflegeleichte
Topfpflanzen an heissen und sonnigen Plätzen. Fast hätte ich die zierliche Calamintha nepeta nepeta vergessen.
Der grazile Steinquendel blüht vom Juli bis im Oktober hellblau und passt
gut zur Rosa pimpinellifolia, einer kleinblättrigen, einmal blühenden
Rose, welche grosse Hitze erträgt. Schwierig zu platzieren finde ich den
türkischen Mohn, da er ziemlich ausladend wächst und nach der
Blüte einzieht. Am besten gefällt mir der zarte, rosarote Papaver
orientale «Karine». Natürlich gehören auch die
verschiedenen Bartiris zu den sonnenhungrigen Stauden. Über den stattlichen Acanthus spinosus
(Bärenklau), einen Solitär mit hohen rosa weissen Rispen und
markanten dunkelgrünen Blatthorsten, hatte ich zwar gelesen, dass er sich
gut ausbreitet, aber dass man ihn da er tiefe Wurzeln hat fast
nicht mehr los wird, wusste ich nicht. Seit Jahren reisse ich ihn daher im
Steingarten drei bis vier Mal pro Saison aus. Am richtigen Ort gepflanzt ist er
allerdings prachtvoll. «Breitet sich aus», dieses Etikett passt
auch zur Nachtkerze (Oenothera biennis), welche problemlos wächst, sich
aber auch leicht jäten lässt. Wer das Versamen nicht schätzt,
wählt die ausdauernde Oenothera tetragona «Sonnenwende» mit
den goldgelben Blüten und dem rötlichen Laub. Wie erwähnt, gibt es viele weitere
Sonenkünstler für unsere Gärten. Denken Sie bloss an die vielen
einjährigen Pflanzen wie Escholzien, Ringelblumen, Cosmeen, Bechermalven,
roten Lein und Portulak. Haben Sie die
Pflanzen ausgewählt, gekauft und sorgfältig gepflanzt, können
Sie den Boden mit einer Schicht Kompost mulchen, um ihn vor dem Austrocknen zu
schützen. Eine Abdeckung mit Kies oder Rasenschnitt (nicht zu dick!) hilft
ebenfalls. In der ersten Saison kommen Sie bestimmt nicht ohne Giessen aus,
aber einmal angewachsen, sollten die Pflanzen ohne weitere Wassergaben
überleben. Es fragt sich bloss, ob die pflegende Gartenfreundin und der
Pflanzenfreund dies aushalten! |
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Cottage Garden, 8453 Alten |
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