Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 8/2003 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

 

Abberufung des Verwalters
* Cornel Tanno

Das Gesetz sieht in Art. 712r Abs. 1 ZGB vor, dass der Verwalter von der Stockwerkeigentümerschaft jederzeit abberufen werden kann. Hierfür bedarf es eines Versammlungsbeschlusses mit der einfachen Mehrheit der anwesenden Stockwerkeigentümer. Voraussetzung für die Abberufung ist, dass ein entsprechender Antrag formrichtig traktandiert wurde. Im Übrigen ist in materieller Hinsicht die Abberufung an keine weiteren Voraussetzungen, insbesondere nicht an das Vorliegen wichtiger Gründe gebunden. Eine Ausnahme davon bildet der vom Gericht eingesetzte Verwalter, welcher ohne richterliche Bewilligung vor Ablauf der Zeit, für die er eingesetzt wurde, nicht abberufen werden kann.

Die Kompetenz zur Abberufung des Verwalters kommt zwingend der Stockwerkeigentümerschaft zu; sie ist unübertragbar und unverzichtbar. Diese Abberufungsfreiheit darf auch nicht in sachlicher oder verfahrensrechtlicher Hinsicht durch Vereinbarungen der Beteiligten eingeschränkt werden. Sodann darf die Abberufung weder vom Nachweis wichtiger Gründe noch von der Zustimmung Dritter abhängig gemacht werden, noch an eine erschwerte Beschlussfassung geknüpft werden. Da es sich bei der Abberufung lediglich um eine Funktionsenthebung des Verwalters handelt, kann vor allem auch eine Vereinbarung einer bestimmten Amtsdauer im Verwaltervertrag bzw. die arbeitsrechtlichen Kündigungsregeln keine Beschränkung der Abberufungsfreiheit bewirken. Diese haben lediglich Auswirkungen auf allfällige Ersatzansprüche.
Missachtet die Stockwerkeigentümerversammlung bei der Verweigerung der Abberufung wichtige Gründe, so steht jedem Stockwerkeigentümer die Klage auf Abberufung durch den Richter zu. Insofern ist also zu beachten, dass die Abberufungsfreiheit zwar in positiver Hinsicht nicht durch materielle Erfordernisse eingeschränkt ist, in negativer Hinsicht aber durch die Individualklage auf richterliche Abberufung tangiert wird.
Da ein richterlicher Abberufungsentscheid einen weit härteren Eingriff in die Organisationsautonomie und in das Selbstbestimmungsrecht der Stockwerkeigentümer darstellt, ist die richterliche Intervention vom Vorliegen wichtiger Gründe abhängig.
Vorgängig zur richterlichen Abberufung des Verwalters ist zwingend vorausgesetzt, dass die Versammlung der Stockwerkeigentümer die Abberufung des Verwalters abgelehnt hat. Es ist somit unzulässig, zwecks Abberufung des Verwalters direkt an den Richter zu gelangen. Zu beachten ist zudem, dass das Begehren um richterliche Abberufung binnen Monatsfrist seit dem ablehnenden Versammlungsbeschluss einzureichen ist.
Ein wichtiger Grund im obigen Sinne liegt immer dann vor, wenn den Betroffenen die Fortsetzung des Verwalterverhältnisses nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann, weil das diesem Rechtsverhältnis immanente Vertrauensverhältnis fehlt oder zerstört worden ist. Ein wichtiger Grund kann etwa dann gegeben sein, wenn der Verwalter seinen Aufgaben dauernd nicht nachkommt, wie z.B.
 
 
Verweigerung der Rechnungslegung
nicht ordnungsgemässe oder erheblich verzögerte Protokollführung
eigenmächtiges Hinwegsetzen über Beschlüsse der Versammlung
ganz allgemein in grober Weise gegen die Treuepflicht verstösst.
 
     
  Es ist zudem unzulässig, mit der Klage auf Abberufung eines Verwalters zugleich die Klage auf Einsetzung eines neuen Verwalters zu verbinden, weil auch nach einer richterlichen Abberufung der Stockwerkeigentümerschaft die Gelegenheit ihrer primären Wahlkompetenz gegeben werden muss.  
     
  * lic. iur. Rechtsanwalt, HEV Zürich  
     
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