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Eklatante
Diskrepanz zwischen statistisch erfasstem Leerwohnungsbestand und
Wohnungsangebot im Internet
Nur
0,08% aller Wohnungen waren am 1. Juni 2003 leer Alle nach 2000
erstellten Wohnungen sind bewohnt (Mitteilung von Statistik Stadt
Zürich vom 5. August 2003)
Trotz reger Bautätigkeit
(von Januar 2001 bis Mai 2003 wurden in der Stadt Zürich 2360 Wohnungen
neu erstellt) nahm der Leerwohnungsbestand gegenüber dem Vorjahr um nur 82
Einheiten zu, und die Leerwohnungsziffer beträgt neu 0,08% gegenüber
0,04% vor einem Jahr. Keine der seit 2001 neu erstellten Wohnungen stand am 1.
Juni leer. Ebenfalls waren sämtliche Einfamilienhäuser
bewohnt. Auch die älteren und
deshalb wahrscheinlich auch günstigeren Wohnungen standen selten leer: Nur
rund 48 Prozent von ihnen wurden vor 1951 erstellt (Vorjahr: rund 41%). Am
häufigsten leer waren die zwischen 1991 und 2000 erstellten Wohnungen;
deren Leerzifferquote ist mit 0,25% immer noch tief, jedoch rund dreimal
höher als die Gesamtquote. Am
häufigsten leer waren die Zweizimmer- Wohnungen (0,11%). Ein Drittel davon
sind Eigentumswohnungen, die in den Neunzigerjahren erstellt wurden und bis
anhin nicht verkauft werden konnten. Interessant ist festzustellen, dass der
Markt für Eigentumswohnungen momentan günstig ist. Seit der letzten
Leerwohnungszählung waren fast ein Viertel der neu er-stellten Wohnungen
Eigentumswohnungen (oder 260) und keine davon steht leer. |
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Leerwohnungsbestand Stadt Zürich 1. Juni 2003 |
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Im
Ganzen |
Wohnungen nach
Zimmerzahl |
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1 |
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3 |
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4 |
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5 |
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6 und
mehr |
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Mietwohnungen
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149 |
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23 |
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36 |
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57 |
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20 |
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9 |
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4 |
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Eigentumswohnungen |
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14 |
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12 |
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2 |
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Leerwohnungen im Ganzen |
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163 |
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23 |
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48 |
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59 |
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20 |
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9 |
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4 |
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Angebotsziffer mehr als 25-mal so gross * Paco Oliver
Gemäss obiger Mitteilung
von Statistik Stadt Zürich standen am 1. Juni 2003 ganze 163 Wohnungen
leer, wovon 149 zum Mieten. Das erweckt den Eindruck, das Mietwohnungsangebot
in der Stadt Zürich sei so gut wie nicht existent. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht. Wir suchten am
Tage der Medienmitteilung (6.8.03) auf der Immobiliendrehscheibe Immovista
(www.immovista.ch), eine Mietwohnung in der Stadt Zürich. 1423 Objekte
wurden an diesem Tag angeboten. Das tatsächliche Angebot ist also allein
auf dieser Plattform 9,5-mal grösser, als man es aufgrund der Statistik
annehmen müsste. Immovista umfasst zwar mehrere aber lange nicht alle
elektronischen Immobilienmarktplätze. Zurückhaltend ausgedrückt
dürften an jenem Tage mindestens 2000 Wohnungen im Internet angeboten
worden sein. Geht man sodann davon aus,
dass im Internet etwa die Hälfte aller Wohnungen angeboten wird,
verdoppelt sich das Angebot. Damit wäre das Wohnungsangebot am Tage der
Veröffentlichung der Leerwohnungsziffer mehr als 25-mal so gross gewesen,
wie der statistisch erfasste Leerwohnungsbestand. Das zeigt eindrücklich,
wie wenig aussagekräftig die Leerstandsziffer ist. In einem perfekt funktionierenden Wohnungsmarkt braucht
es keine leeren Wohnungen. Was es braucht sind Wohnungsangebote. Den
Wohnungssuchenden interessiert es nicht, ob die Wohnung im Zeitpunkt, in
welchem er sucht, leer steht. Ihm genügt es vielmehr, wenn sie auf den
Zeitpunkt geräumt wird, auf den er sie mieten will. Zwischen dem Auszug
des bisherigen Bewohners und dem Einzug des neuen Mieters braucht die Wohnung
zudem gar nicht im eigentlichen Sinne leer zu stehen. Theoretisch könnten
sich die Zügelmänner im Treppenhaus kreuzen. Aussagekräftiger als die Leerwohnungsziffer
wäre daher eine Angebotsziffer. Diese wäre im elektronischen
Zeitalter relativ einfach zu erfassen. In dieser würden nur gerade jene
Wohnungen fehlen, welche «unter der Hand weggehen», die also weder
in einer Zeitung noch im Internet angeboten werden. Noch aussagekräftiger
wäre daher die Zahl der tatsächlichen Wohnungswechsel, welche von den
Einwohnerämtern ohnehin registriert wird. Eine Motion von Nationalrat
Hegetschweiler mit dieser Stossrichtung ist in Bern bereits
hängig.
Zweifel an der
Zuverlässigkeit der Leerwohnungsstatistik sind
erlaubt. * Paco Oliver
Der HEV kritisiert seit
Jahren nicht nur, dass die Leerwohnungsziffer keinerlei Aussagekraft hat,
sondern dass sie überdies nicht zuverlässig erfasst wird. Das Mietamt
Horgen beispielsweise, welches im Auftrag des Statistischen Amtes des Kantons
Zürich sämtliche in der Gemeinde Horgen leer stehenden Wohnungen per
1. Juni zu zählen hat, hielt die Eigentümer und
Liegenschaftsverwaltungen per Inserat in der
«Zürichsee-Zeitung» dazu an, ihm leer stehende Wohnungen zu
melden. Das Inserat dürfte formell wohl als amtliche Publikation gelten,
womit die Mitteilung formal korrekt erfolgt ist. D.h., dass sie so zu behandeln
ist, wie wenn sie alle Adressaten erreicht hätte. So weit, so
gut. Niemand wird aber allen Ernstes
annehmen, es hätten auch wirklich alle Hauseigentümer und
Liegenschaftsverwaltungen von der Mitteilung tatsächlich Kenntnis
genommen. Man denke nur schon an alle, die zwar in Horgen Immobilieneigentum
haben, aber nicht in der Zürichsee-Region wohnen oder die
«Zürichsee-Zeitung» aus irgendwelchen Gründen nicht lesen
oder an diejenigen, die gerade in den Ferien waren oder die den Anzeigeteil
generell nicht beachten. Dann könnte es ja auch Eigentümer gegeben
haben, welche den Anzeigetext nicht verstanden oder sich vielleicht nicht die
Mühe gemacht haben, ihn zu verstehen. Immerhin verwies er u. a. auf die
Verordnung über die Durchführung von statistischen Erhebungen des
Bundes vom 1. August 1994. Welche Wohnungen hätten gezählt werden
müssen, stand in der Anzeige jedoch nicht. Dabei ist die Definition der
statistisch erfassten Leerwohnungen nicht ganz ohne (sie vorhergehende Seite).
Schon deswegen würde es nicht überraschen, wenn nicht immer die
richtige Zahl gemeldet worden wäre. Der Hinweis, «Die
Auskunftspflicht wird im Anhang der Verordnung umschrieben. Danach ist die
Mitarbeit an der Zählung für die Gemeinden sowie für die
Eigentümer und Liegenschaftsverwaltungen obligatorisch», macht die
Statistik auch nicht richtiger. Formell
mag alles seine Richtigkeit haben. Zweifel an der Zuverlässigkeit der auf
diese Weise resultierenden Statistik müssen jedoch erlaubt sein. Ist es
vielleicht auf die Erhebungsmethode zurückzuführen, dass Horgen 2001
und 2002 keine einzige leere Wohnung auswies?
Definition Als
Leerwohnungen im Sinne dieser Zählung gelten alle möblierten oder
unmöblierten, bewohnbaren und am Stichtag (1. Juni) unbesetzten Wohnungen,
die zur dauernden Miete oder zum Kauf angeboten werden. Den Wohnungen gleich
gestellt sind leer stehende, zur Vermietung oder zum Verkauf bestimmte
Einfamilienhäuser. Mitgezählt werden auch jene leer stehenden
Wohnungen, die auf einen späteren Zeitpunkt bereits vermietet oder
verkauft sind. Ferien- oder
Zweitwohnungen und -häuser zählen als leer stehende Wohnungen, sofern
sie das ganze Jahr bewohnbar und zur Dauermiete (mindestens drei Monate) oder
zum Verkauf ausgeschrieben sind. Nicht erfasst werden jedoch: |
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Wohnungen, die am 1. Juni zwar vermietet oder verkauft,
aber nicht belegt sind; |
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Wohnungen, die sich in Abbruch- oder Umbauobjekten
befinden, sowie Notwohnungen in Baracken; |
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(Neu-)Wohnungen, die noch nicht fertig ausgebaut, d.h.
am 1. Juni noch nicht bezugsbereit sind; |
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aus bau- oder sanitätspolizeilichen Gründen
gesperrte Wohnungen; |
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möblierte Appartements, die in der Regel nicht zur
Dauermiete (mindestens drei Monate) ausgeschrieben sind und für die
häufig Serviceleistungen wie Reinigung usw. angeboten werden; |
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Wohnungen, die einem beschränkten Personenkreis
vorbehalten sind (Dienstwohnungen, Wohnungen für späteren Eigenbedarf
usw.); |
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Räumlichkeiten, die nicht Wohnzwecken dienen oder
nicht für Wohnzwecke angeboten werden (zweckentfremdete Wohnungen wie
Büros, Arztpraxen usw.); |
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Wohnungen, die mit Gewerbe- oder Geschäftslokalen
eine räumliche Einheit bilden; |
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Mansarden und separate Zimmer ohne eigene Küche
oder Kochnische; |
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Ferien- und Zweitwohnungen bzw. -häuser, die nicht
zur Dauermiete (mindestens drei Monate) bzw. nicht zum Verkauf ausgeschrieben
sind. |
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Eine leere
Wohnung eine Zügelserie * Paco Oliver
Wer
hätte gedacht, dass der Leerwohnungsbestand auch unter Tieren ein Thema
ist? Und erst noch ausgerechnet bei einem mit dem Namen Einsiedlerkrebs. Da
würde man doch eher an einen asketischen Lebenswandel und bescheidene
Platzansprüche denken. Aber der Einsiedlerkrebs verzichtet darauf, sich
selber ein Haus (einen Panzer) zu bauen und haust stattdessen bekanntlich in
verlassenen Schneckenhäusern. Wenn er wächst, ist er gezwungen, in
ein grösseres umzuziehen. Ein amüsantes Beispiel druckte die
«NZZ» im ihrem Folio vom Juni 2003 in Beitrag «Marine
Hausbesetzer». «Eine Woge
hat das Haus einer prächtigen Wellhornschnecke an den Strand gespült.
Bald schon huscht ein Einsiedlerkrebs über den Sand. Er schreitet
allerdings nur auf seinen drei Paar Laufbeinen; der Körperhinterteil mit
den restlichen vier Beinen steckt in einem leeren Schneckenhaus. Das
Kalkgehäuse dient dem Krebs als Schutzpanzer und wird auch auf der
Futtersuche mitgeschleppt. Mit den
Antennen und den Scheren inspiziert der Krebs nun das angeschwemmte Haus
sorgfältig. Als er erkennt, dass es leer ist und mehr Platz bietet als der
bisherige Container am Hinterteil, verlässt er flink die alte Stube und
schlüpft ins grössere Haus. Minuten später taucht ein weiterer Einsiedlerkrebs bei der nun
verlassenen Altwohnung des ersten Krebses auf. Und da sich auch ihm die Chance
für ein Upgrade bietet, wechselt er ebenfalls die Wohnung. Im Laufe
weniger Stunden kann so eine längere Kette von Mieterwechseln stattfinden
unserem Immobilienmarkt ähnlich, wo das Freiwerden eines
attraktiven Objekts nicht selten eine ganze Zügelserie
auslöst.» Die Parallelen zum
Mietwohnungsmarkt sind frappant. Wohnungen bleiben auch nur kurze Zeit leer.
Deshalb werden sie von der Statistik kaum erfasst. Die Leerwohnungsziffer ist
extrem niedrig, und dennoch heisst es in «statistik.info» 7/2003:
«Fast eine halbe Million Zürcherinnen und Zürcher lebten im
Jahr 2000 nicht mehr an der gleichen Adresse wie fünf Jahre zuvor. Von den
zum Zeitpunkt der Volkszählung 25- bis 29-Jährigen sind zwischen 1995
und 2000 sogar rund 80 Prozent aus- oder umgezogen.» |
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