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HEV 9/2003 Inhaltsverzeichnis
Nachbarrecht

 

Pflanzenabstände zum Nachbargrundstück
* Sandra Dormann

Wenn die Pflanzen ihr stärkstes Wachstum hinter sich haben, wird die Frage nach den Abständen von Bäumen und Sträuchern zum nachbarlichen Grundstück jeweils wieder sehr aktuell und bildet häufig das Thema von Anfragen an die telefonische Rechtsauskunft.

Ausgangspunkt bildet Art. 688 ZGB, wonach die Kantone befugt sind, «für Anpflanzungen je nach der Art des Grundstückes und der Pflanzen bestimmte Abstände vom nachbarlichen Grundstück vorzuschreiben…» Der Kanton Zürich hat von diesem Recht Gebrauch gemacht und regelt in den §§ 169 ff. EG ZGB die Abstände von Bäumen und Sträuchern zum Nachbargrundstück. Es gelten dabei folgende Grenzabstände:
 
 
Für Gartenbäume, kleinere Zierbäume, Zwergobstbäume und Sträucher 60 cm, wobei diese überdies bis auf 4 m von der Grenze so unter der Schere gehalten werden müssen, dass ihre Höhe nie mehr als das Doppelte ihrer Entfernung beträgt.
Für einzelne Waldbäume, grosse Zierbäume wie Pappeln, Kastanienbäume, Platanen und Nussbäume 8 m.
Für Feldobstbäume und kleinere, nicht unter der Schere zu haltende Zierbäume wie etwa die Weissbuche und den Goldregen 4 m.
Sträucher, die eine Einheit bilden) die Hälfte ihrer Höhe, mindestens aber 60 cm. Das heisst für eine 140 cm hohe Hecke gilt ein Mindestabstand von 70 cm, für eine 100 cm hohe ein solcher von 60 cm.
Für andere Einfriedungen, wie so genannte tote Hecken, Holzwände oder Mauern, welche höher als 150 cm sind, die Hälfte der Höhe über 150 cm, d.h. für eine 2 m hohe Hecke 25 cm. Bis zu einer Höhe von 150 cm dürfen solche Vorrichtungen auf der Grenze angebracht werden.
 
     
  Die zitierten Gesetzesbestimmungen können durch Abmachung der Nachbarn abgeändert, d.h. vergrössert, verkleinert oder ganz aufgehoben werden. Soll eine solche Vereinbarung allerdings auch für einen Rechtsnachfolger bindend sein, muss die Dienstbarkeit zur Duldung der kleineren Abstände ins Grundbuch eingetragen werden.
Bei Verletzung der besagten Abstände hat der betroffene Nachbar gemäss § 173 EG ZGB die Möglichkeit, innert 5 Jahren seit der Anpflanzung die Beseitigung des betreffenden Baumes/Strauches zu verlangen. Trotz der kantonalrechtlichen zeitlichen Beschränkung der Klagemöglichkeit hat das Bundesgericht in einem neueren Entscheid (BGE 126 III 452) festgelegt, dass sich ein Beseitigungsanspruch auch aus bundesrechtlichem Nachbarrecht ergeben könne, weil dem Immissionsschutz nach ZGB die Bedeutung einer Mindestgarantie zukomme. Allerdings gilt dies nur, wenn die Einwirkung auf das Nachbargrundstück übermässig ist. Zur Beurteilung der Übermässigkeit steht dem Richter ein relativ grosser Ermessensspielraum offen. Im erwähnten Entscheid handelte es sich um mehrere Waldbäume mit einer Höhe von über 20 Metern, deren Schattenwurf im betreffenden Fall als übermässig angesehen wurde.
Das Zürcherische Prozessrecht sieht für die kantonale Beseitigungsklage als in der Regel sofort beweisbaren Anspruch ein summarisches Verfahren vor dem Einzelrichter vor. Bei gegebenen Voraussetzungen kann der Richter den Befehl auf Beseitigung oder Versetzung der zu nahe an der Grenze stehenden Pflanze erlassen. Bei Pflanzen, die unter der Schere gehalten werden müssen (die oben unter Punkt 1 aufgezählten Kategorien), kann er zudem statt die Beseitigung oder Versetzung lediglich das Zurückschneiden anordnen. Da der Beseitigungsanspruch nach kantonalem Recht nur dem Eigentümer zusteht, muss der lediglich obligatorisch am Grundstück berechtigte Nachbar (Mieter/Pächter) über die bundesrechtliche Besitzesschutzklage gemäss Art. 928/929 ZGB innert Jahresfrist seit Beginn der Störung die Beseitigung und allenfalls Schadenersatz verlangen.
Vom Beseitigungsanspruch ist das Kapprecht nach Art. 687 ZGB zu unterscheiden, wonach der Nachbar überragende Äste und eindringende Wurzeln kappen und für sich behalten kann, wenn sie sein Eigentum schädigen (z.B. durch starke Beschattung) und auf seine Beschwerde hin nicht beseitigt werden.
Sind die Voraussetzungen für eine Kappung erfüllt und werden die schädigenden Wurzeln und Äste nicht innert angemessener Frist zurückgeschnitten, kann der geschädigte Nachbar zur Selbsthilfe greifen und die störenden Pflanzen kappen, wobei er Eigentümer des gekappten Materials wird. Ob ihm ein Ersatzanspruch für die entstandenen Auslagen zusteht, ist umstritten. Die herrschende Lehre verneint ihn aber. Anders als der Beseitigungsanspruch ist das Kapprecht nicht zeitlich beschränkt.
Auch der Anspruch auf Zurückschneiden der Pflanze auf die maximale Höhe gemäss § 169 EG ZGB ist von der 5-jährigen Verjährungsfrist nicht erfasst und kann grundsätzlich immer verlangt werden.
 
     
  * lic. iur., Rechtsanwältin, HEV Zürich  
     
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