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Immobilienleerstände und Mehrwertsteuer * Roland Britt und Monika Molnar
Die Behördenpraxis
zur Mehrwertsteuer ist noch lange nicht gefestigt. Auf dem Gebiet der
Immobilienleerstände ist gerade eine Praxisänderung erfolgt, die sehr
zu begrüssen ist und für alle Beteiligten Sinn macht, wenn sie nur
richtig von den Steuerpflichtigen umgesetzt wird. (Praxismitteilung der
Eidgenössischen Steuerverwaltung Hauptabteilung Mehrwertsteuer vom 27. Mai
2003)
Grundsätzliche
Regelung Gemäss Art. 18 Ziff.
21 des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) ist die Überlassung von
Grundstücken und Grundstücksteilen zum Gebrauch oder zur Nutzung von
der Mehrwertsteuer ausgenommen. Unter die Begriffe «Grundstück und
Grundstücksteile » fallen auch Gebäudeteile wie Wohnungen und
ganze Stockwerke. Die Ausnahme hat zur Folge, dass auf den
Liegenschaftserträgen keine Mehrwertsteuer erhoben werden darf. Rechnungen
über die Miete sind also ohne Mehrwertsteuer zu stellen. Andererseits aber
können die Vorsteuern auf der Erstellung der Liegenschaft sowie den
Betriebs- und Unterhaltskosten nicht geltend gemacht werden. Der scheinbare
Vorteil für den Mieter, die Miete ohne Mehrwertsteuer fakturiert zu
bekommen, ist also bei Tage gesehen ein Nachteil: Durch die Nichtabziehbarkeit
der Vorsteuern durch steuerpflichtige Mieter entsteht nämlich eine
«taxe occulte», eine Schattensteuer, die der Vermieter auf den
Mieter überwälzen wird, soweit es ihm möglich ist.
Möglichkeit der
Option Vermeiden lässt sich die
«taxe occulte» durch eine Option für die Versteuerung
ausgenommener Umsätze gemäss Art. 26 lit. b MWSTG. Die Miete für
Geschäftsliegenschaften ist dann mit Mehrwertsteuer zu fakturieren, und
die Vorsteuern können zurückgefordert werden. Der Mieter muss indes
eine steuerpflichtige Person sein und das Mietobjekt zumindest teilweise
für steuerbare Zwecke verwenden.
Alte Praxis bei
längerem Leerstand Nach
bisheriger Praxis wurde der Option jedoch ein Ende bereitet, wenn
beispielsweise infolge einer Totalrenovation ein Leerstand der optierten
Geschäftliegenschaft länger als 12 Monate anhielt. Dann musste
bislang zwingend Eigenverbrauch deklariert und aufgrund der
Nutzungsänderung abgerechnet werden, und die bereits zurückgeforderte
Mehrwertsteuer musste zurückbezahlt werden. Für den Vermieter
bedeutete dies: keine Mieteinnahmen wegen des Leerstands, beträchtliche
Renovationskosten, zurückzuzahlende Mehrwertsteuer und schliesslich noch
Verzugszinsen und vielleicht sogar Bussen, wenn dies alles erst im Rahmen einer
Revision ans Tageslicht kam. Neue
Praxis bei längerem Leerstand Diese wirtschaftsfeindliche Praxis wurde nun durch die
Steuerverwaltung per Praxismitteilung vom 27. Mai 2003
geändert. Im Wesentlichen besteht
die Änderung darin, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Frist von 12
Monaten nach deren Ablauf bisher aufgrund der definitiven
Nutzungsänderung der Eigenverbrauch abgerechnet werden musste ruhen
kann, d.h. der Eigenverbrauch muss nicht obligatorisch nach 12 Monaten
abgerechnet werden. Dies führt insbesondere bei konjunkturbedingten
Leerständen bei korrekter Umsetzung nicht zu einer (zusätzlichen)
Liquiditätsbelastung der betroffenen Unternehmen. Zu den Voraussetzungen gehört, dass der
Steuerpflichtige den Nachweis erbringen kann, dass der Leerstand durch mehr als
12 Monate dauernden Umbauarbeiten oder wegen objektiver Unmöglichkeit,
einen Mieter für die Geschäftsliegenschaft zu finden, entstanden ist.
Zudem muss er die Liegenschaft wieder für steuerbare Tätigkeiten
verwenden oder verwenden wollen, sobald dies objektiv möglich
ist. Dazu ist es notwendig, dass der
Steuerpflichtige Vermieter die Steuerverwaltung über die bevorstehenden
Umbauarbeiten in Kenntnis setzt und die entsprechenden Beweise den
Behörden zukommen lässt. |
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