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Essbare
Blüten Selten war die
Fülle der Gemüsesorten, die Auge und Gaumen gleichermassen erfreuen,
so gross. Das macht Lust, zu kombinieren, was über lange Zeit getrennt
war. Die heute meist übliche Gliederung in Ziergarten und Nutzgarten ist
ja durchaus willkürlich. Denn auch Gemüsepflanzen haben einen hohen
Zierwert. Das Tomatenrot und die Zucchiniblüten sind von beeindruckender
Pracht. Kartoffeln zählten früher zu den Zierpflanzen, weil ihre
Blüten so schön sind. Dafür könnten Rosen, Taglilien,
Veilchen und Stiefmütterchen mit ihren essbaren Blüten ohne weiteres
zu den Nutzpflanzen zählen. Auch die Blüten von Bellis, Ringelblume
und Kapuzinerkresse sind essbar. Und bei den buntblättrigen Kräutern
wird man vollends unsicher, wohin sie denn eigentlich
gehören. Im Bauerngarten gibt es
diese ganz strenge Trennung nicht. Sonnenblumen recken ihre Köpfe neben
dem Kohl. Neben dem zeitlichen Aufwand, den der eigene Gemüseanbau mit
sich brachte, gab und gibt es die tägliche Freude am Duft und an der
Schönheit der Blumen und Pflanzen im eigenen Garten. Rosen und Zinnien,
Cosmeen und Phlox umspielen die Beete.
Die Wurzeln reichen
tief Aber die Wurzeln reichen
tiefer. Hin und wieder stösst man noch auf die klassischen
Bauerngärten, die ein Wegekreuz gliedert. Klostertradition des
Mittelalters spiegelt sich darin. Damals hatte die Capitulare de villiis
die Landgüterverordnung Karls des Grossen festgelegt, was in den
Gärten angebaut werden sollte. Und darin mischt sich all das, was wir
heute in schön und nützlich unterteilen: Rosen mit Gurken, Kuhbohnen
mit Madonnenlilien, Kohl mit Heliotrop und vieles andere mehr. Was
«nur» schön war, diente dem Herrgott und der Seele.
Gleichzeitig rief es den Segen herab auf Obst, Gemüse und Kräuter,
die man so notwendig zum Leben brauchte. Fröhliche Hausgärten An ähnliche klösterliche Wurzeln knüpft der wohl
berühmteste Gemüsegarten, der ornamentale Küchengarten des
Renaissance- Schlosses Villandry an der Loire, an. Anfang des 20. Jahrhunderts
entstand er nach dem Vorbild alter französischer Klosteranlagen und
Renaissancegärten. In seinem prächtigen Parterre mischt sich blauer
Lauch mit rotem Kohl, konkurriert das Jadegrün des Möhrenlaubs mit
rotblättriger Bete, Rosen-Hochstämmchen recken sich darüber.
Salvien und Petunien geben den blumigen Rahmen. Lauben laden ein zum Sitzen und
Bewundern von Farben und Schönheit, vom Wachsen und Reifen. Vielleicht ist
von dort aus der erste Funke übergesprungen, auch in den kleinen
Hausgärten fröhlich zu kombinieren und so möglichst viele Sinne
zugleich anzusprechen. |
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