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Dürfen
Mieter ausserhalb des Mieterverbandes ihre Meinung nicht äussern? * Paco Oliver
Im Rahmen des
Abstimmungskampfes für die Abschaffung der Handänderungssteuer
bildete sich unter dem Kopräsidium von Beat Walti, Kantonsrat, Erlenbach,
Martin Müller, Dietikon, und Barbara Steinemann, Kantonsrätin,
Watt-Regensdorf ein Komitee «Für günstige Mieten».
Bürgerliche Mieter, die das Nein des Mieterverbandes für
kontraproduktiv hielten, traten an die Öffentlichkeit und setzten sich
für ein Ja ein. Wenn in der
politischen Diskussion die Argumente ausgehen, wird gerne in die juristische
Trickkiste gegriffen, um den Volkswillen an der Urne zu beeinflussen. Genau das
machte der Mieterverband mit einem Strafantrag gegen die verantwortlichen
Personen dieses Komitees und dessen Co-Präsidenten Kantonsrat Beat Walti
wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Er
warf diesen vor, sie suchten mit der Namensgebung, durch anonymes Auftreten und
Parolen wie «Mietteuerung stoppen » gezielt den Eindruck zu
erwecken, dahinter stecke der Mieterverband. Damit mache das Komitee
irreführende Angaben über sich und seine Leistungen und treffe
Massnahmen, die geeignet seien, Verwechslungen mit den Leistungen und dem
Geschäftsbetrieb eines anderen (gemeint ist der Mieterverband)
herbeizuführen. Der HEV Kanton
Zürich freut sich natürlich darüber, dass auch Mieter sich
öffentlich für die Abschaffung der Handänderungssteuer
einsetzten. Es ist eine Anmassung des Mieterverbandes, die Meinung der Mieter
exklusiv vertreten zu wollen. Nur ein kleiner Teil aller Mieter ist im Verband
vertreten. Mietern, die sich durch den Mieterverband nicht vertreten
fühlen, kann es selbstverständlich nicht verwehrt sein, ihre Meinung
zu äussern und dies ausdrücklich als Mieter zu tun. Mieter ist
schliesslich nicht eine Bezeichnung, welche von der Mitgliedschaft im
Mieterverband abhängig ist. Einem grossen Teil der Mieter verbieten zu
wollen, ihre Meinung frei zu äussern, zeugt von einem mehr als seltsamen
Demokratieverständnis des Mieterverbandes. Dass sehr viele Mieter eine
eigene, von derjenigen des Mieterverbandes abweichende Meinung haben, zeigte
sich übrigens geradezu beispielhaft am 8. Februar 2003, als
nicht zuletzt dank der Stimmen von Mietern die Formularpflicht an der Urne
abgeschafft wurde. In diesem Lichte betrachtet erschien die Klage des
Mieterverbandes zum Vorneherein als unverfroren. Nicht nur das Komitee und der HEV sahen das so. Am 13.
November erliess die Bezirksanwaltschaft Zürich eine
Nichtanhandnahmeverfügung. Das bedeutet, dass sie die Anzeige als
vollkommen substanzlos taxiert und das Kalkül des Mieterverbandes
durchschaut hat. Gleichzeitig stellt sie nämlich unmissverständlich
fest, dass die Anzeige im Wesentlichen darauf ausgerichtet war, das Komitee
«Für günstige Mieten» im Rahmen des laufenden politischen
Abstimmungskampfes in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Entsprechend
sind dem Mieterverband wegen leichfertiger und verwerflicher Anzeigeerstattung
die Verfahrenskosten auferlegt worden. Die Bezirksanwaltschaft begnügt sich in der Begründung der
Verfügung nicht darauf, festzustellen, dass der Mieterverband ein reiner
Interessenverband ist, der keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit
entwickelt und somit auch nicht in einer wirtschaftlichen Wettbewerbsstellung
beeinträchtigt werden kann und daher gar nicht zur Stellung eines
Strafantrages gestützt auf das UWG berechtigt ist. «Der guten
Ordnung halber» erwähnt sie vielmehr, dass die geltend gemachten
Tatbestände schlicht nicht erfüllt sind. Zunächst weil en
politisch tätiges Komitee in einem Abstimmungskampf gar keine
wettbewerbsrechtlich relevanten falschen oder irreführenden Angaben
über sich tätigt und sich auch nicht im wirtschaftlichen Wettbewerb
begünstigen kann. Abgesehen davon fehle jeder Hinweis dafür, dass das
Komitee überhaupt falsche oder irreführende Aussagen gemacht habe.
Wer sich mit Slogans wie «Mietteuerung stoppen» für
Mieteranliegen ausspricht, behauptet noch lange nicht er spreche im Namen des
Mieterverbandes. So erfreulich der
Ausgang auch ist, so befremdlich erscheint die missbräuchliche
Beschäftigung staatlicher Stellen für partikuläre politische
Anliegen. Mit diesem klaren Entscheid wird jedenfalls das Monopolgehabe des
Mieterverbandes bei der Vertretung von Mieterinteressen ins richtige Licht
gerückt: Es kann keinem Mieter verwehrt werden, in einem Abstimmungskampf
seine eigene, von derjenigen des Mieterverbandes abweichende Meinung
öffentlich zu äussern. Der HEV Kanton Zürich dankt den Mietern,
die dazu den Mut hatten. Er bedauert, dass sie, insbesondere Kantonsrat Beat
Marti, der auch persönlich eingeklagt wurde, mit solch haltlosen
Beschuldigungen behelligt wurden, und hofft, dass sie sich auch in Zukunft
nicht das Maul verbieten lassen werden. |
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