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Sündenfall 1 Das
Küchenfenster des Nachbarn liegt genau gegenüber dem Stubenfenster
und gewährt volle Einsicht in die Wohnung. Der Gärtner erhält
daher den Auftrag, einen Baum dazwischenzupflanzen möglichst etwas
Immergrünes, rasch Wachsendes. Man will ja den Sichtschutz noch erleben.
Schon ist es passiert: Der Nachbar ist bei seiner Heimkehr am Abend befremdet,
dass plötzlich eine drei Meter hohe Fichte nahe seiner Grenze steht. Er
erkundigt sich nach den gültigen Grenzabständen
(Einführungsgesetz (EG) zum ZGB). Fazit: Die Tanne steht zu nahe. Sie muss
wieder weg! Man verkehrt juristisch, per Einschreiben und meidet sich in
Zukunft. Und alles nur, weil man nicht rechtzeitig miteinander redete. Bei
richtiger Beratung hätte der Gärtner auf dieses Konfliktpotenzial
aufmerksam machen müssen. Nicht nur juristisch, sondern auch moralisch
trägt der Gärtner eine Mitschuld am getrübten
Nachbarschaftsverhältnis.
Sündenfall
2 Ein Kompostgitter steht auf der
Nordseite eines Gartens. Die Nordgrenze eines Gartens ist in aller Regel die
Südgrenze des andern. Das Gitter ist kein Designerstück. Zu allem
Unheil wird der Kompost nicht sonderlich gut gepflegt, es kommt zu
Geruchsemissionen. Der andere fühlt sich gestört: die falsche
Platzwahl, die Unachtsamkeit des Nachbarn. Zumal er selbst nie so schlecht
kompostieren würde. Anstatt das Gespräch zu suchen, wird kurzerhand
im Baumarkt eine Flechtwand von 200 cm Höhe besorgt und auf die
Grundstücksgrenze gesetzt. Leicht irritiert stellt der Nachbar fest, dass
der Sichtschutzzaun nicht den vorgeschriebenen Abständen entspricht.
Wieder folgt ein Schriftverkehr mit Hinweis auf das EG zum ZGB. Eine angenehme
Nachbarschaft wurde wegen eines unglücklich platzierten Kompostgitters
nachhaltig gestört.
Sündenfall
3 Gerne wird der Gartengrill in
kleinen Gärten nahe an die Grundstücksgrenze gestellt, um die kleine
Rasenfläche des Reihenhauses nicht noch mehr zu verkleinern. Links eine
Ligusterhecke, rechts ein Flechtzaun und jetzt noch der Rauch des
Gartencheminées, der sich zwischen Hecke und Flechtzaun fängt. Die
Stimmung beider Nachbarn, sowohl desjenigen, der sich auf eine gute Wurst
gefreut hat, als auch desjenigen, der an der frischen Luft ein Buch lesen
wollte, sinkt nach einer emotionsgeladenen Szene auf den Nullpunkt. Bei sehr
kleinen Gärten empfiehlt es sich, bei der Möblierung die Nachbarn mit
einzubeziehen. Das hilft Probleme vermeiden und bringt gegenseitige
Wertschätzung zum Ausdruck.
Sündenfall
4 Vielerorts wurden in den letzten
Jahren neue Wohnsiedlungen mit bescheidenen Gartenflächen erstellt. Den
individuellen Wünschen der Käuferschaft wurde nur teilweise, manchmal
auch gar nicht entsprochen. Der Generalunternehmer übergibt dem
Gartenbauer den Auftrag, eine Umgebung zu erstellen, welche den funktionalen
Ansprüchen genügen soll. Für eine gelungene, nachhaltige
Gestaltung der Gärten fehlt das Budget. Der Käufer hätte gerne
eine schöne und fachgerechte Bepflanzung, welche seinen Vorstellungen
eines Gartens entspricht. Die individuelle Beratung des Kunden braucht Zeit und
Engagement des Fachmannes. Nicht jeder Gartenbauer nimmt sich diese Zeit.
Gelegentlich werden Kontakte des Handwerkers mit der Käuferschaft bis zur
Bauabnahme durch den Generalunternehmer sogar vertraglich untersagt. Dies hat
vielfach zur Folge, dass die Gärten kaum fertig gestellt
durch die Eigentümer selbst umgestaltet werden. Dies oft ohne Fachwissen,
was zum Teil Schäden mit hohen Kosten verursachen kann, welche erst Jahre
später zum Tragen kommen. Vor allem aber können sie ein bislang gutes
Nachbarschaftsverhältnis trüben, z.B. wenn Bambus oder Sanddorn auf
einer überdeckten Tiefgarage eine Dachfolie zerstören.
Sündenfall
5 Was ist für den stolzen
Gartenbesitzer schöner, als ein sauber gepflegtes, unkrautfreies
Rasenstück, welches wöchentlich gemäht, höchsten
Ansprüchen des gepflegten Ambientes genügt. Der Nachbar erfreut sich
dagegen an der Vielfalt der Natur und seines vielschichtigen Naturgartens. Auf
dieser Seite des Zauns lauert der Gartenbesitzer, welcher es im März kaum
erwarten kann, den Rasen endlich wieder wöchentlich zu trimmen.
Vorzugsweise am Freitagabend oder Samstag wird deshalb von März bis
November gemäht, gedüngt und gepflegt. Auf der anderen wartet der
Nachbar mit Mähen bis zum 15 Juli. Nicht etwa, dass er Direktzahlungen
erwarten dürfte, nein, des Versamens wegen. Ken Wunder, dass so
unterschiedliche Auffassungen vom schönen Garten zu Spannungen führen
können. Diese basieren zumeist auf der falschen Annahme, ein gepflegter,
unkrautfreier Rasen sei neben einem Naturgarten unmöglich. Anderseits ist
aber ein durchgestylter, urbaner Garten, der sich in der Pflege nicht
biologischen Grundsätzen unterwirft, auch nicht schädlich. Wichtig
ist für beide Seiten das richtige Mass und gegenseitige
Rücksichtnahme. Ein Gespräch kann zu einer allen unterschiedlichen
Meinungen zum Trotz harmonischen Nachbarschaft verhelfen. Die Naturwiese
könnte zum Beispiel im Randbereich einen Streifen niedrig gemähten
Rasen haben, welcher das Absamen in Nachbarflächen reduziert. Im Gegenzug
verursacht ein Elektrorasenmäher weniger Immissionen als ein Benzinmotor
und ist gleichwohl auf kleinen Gartenflächen effizient. Das Abdriften von
Pflanzenschutzmitteln kann mit Spritzschirm, ein übermässiges Absamen
der Unkräuter durch rechtzeitigen Schnitt sofort nach der Blüte
vermieden werden. Sündenfall
6 Vor Jahren wurde entlang der
Grenze eine kleine Hainbuchenhecke nach den noch heute gültigen
Vorschriften des EG zum ZGB gepflanzt: mit 60 cm Abstand zur Grenze als
Grünhecke von 150 cm Höhe gedacht. Leider wurde die Hecke aber nicht
konsequent geschnitten und hat heute eine Höhe von über 200 cm und
ist über 150 cm breit. Nachdem beim Nachbarshaus die Hand geändert
hat, fühlt sich der neue Eigentümer durch die hohe und breite Hecke
eingeengt und möchte gerne, dass sie wieder gestutzt und auf die Grenze
zurückgenommen wird. «Kaum im Quartier, will der neue Nachbar alles,
was war, auf den Kopf stellen. Die Hecke ist schon länger da als der
Nachbar. Ich lasse die Hecke so stehen.» Der Konflikt ist
vorprogrammiert. Schneiden Sie ihre Grünhecken entsprechend der Vorgaben
des EG zum ZGB; dies vermeidet Konflikte, Ärger und Kosten. Eine Hecke
muss nun mal zurückgeschnitten werden, wenn sie den Grenzabständen
nicht entspricht, und der Nachbar darf erwarten, dass die Grünhecke auf
die Grenze zurückgenommen wird, selbst dann, wenn das der Hecke nicht
besonders gut tun sollte. Im
Übrigen sei festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit der
nachbarlichen Beziehungen bestens funktioniert und keine Probleme verursacht.
Aber darüber zu schreiben, ist halt langweilig. |
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