Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 12/2003 Inhaltsverzeichnis
Unser Garten

 

Der Garten im Nachbarstreit
* Urs Remund,

«My Home is my Castle». Vielfach wird das Schloss mit Grünhecken und Holzwänden zur Burg. Sichtschutz, welcher an Burgmauern erinnert, statt an Gartengestaltung, und nur der Abschottung dient, ist die Folge unseres verdichteten Bauens und Ausdruck des Wunsches nach einem intimen Gartenraum als Reduit zur Erholung und Freizeitgestaltung.
 
      Unachtsamkeit und Unwissen führen dabei oft zu einer nachhaltigen Trübung der nachbarlichen Verhältnisse.

Lange berufliche Erfahrung im gestalterischen Gartenbau und in der Gartenpflege zeigen, dass viele Konfliktsituationen durch richtige Planung, fachmännische Beratung und richtige Pflegemassnahmen verhindert werden könnten.
 

Zu grosse und zu nah gesetzte Bäum bergen Konfliktpotenzial.
 
     
  Sündenfall 1
Das Küchenfenster des Nachbarn liegt genau gegenüber dem Stubenfenster und gewährt volle Einsicht in die Wohnung. Der Gärtner erhält daher den Auftrag, einen Baum dazwischenzupflanzen – möglichst etwas Immergrünes, rasch Wachsendes. Man will ja den Sichtschutz noch erleben. Schon ist es passiert: Der Nachbar ist bei seiner Heimkehr am Abend befremdet, dass plötzlich eine drei Meter hohe Fichte nahe seiner Grenze steht. Er erkundigt sich nach den gültigen Grenzabständen (Einführungsgesetz (EG) zum ZGB). Fazit: Die Tanne steht zu nahe. Sie muss wieder weg! Man verkehrt juristisch, per Einschreiben und meidet sich in Zukunft. Und alles nur, weil man nicht rechtzeitig miteinander redete. Bei richtiger Beratung hätte der Gärtner auf dieses Konfliktpotenzial aufmerksam machen müssen. Nicht nur juristisch, sondern auch moralisch trägt der Gärtner eine Mitschuld am getrübten Nachbarschaftsverhältnis.

Sündenfall 2
Ein Kompostgitter steht auf der Nordseite eines Gartens. Die Nordgrenze eines Gartens ist in aller Regel die Südgrenze des andern. Das Gitter ist kein Designerstück. Zu allem Unheil wird der Kompost nicht sonderlich gut gepflegt, es kommt zu Geruchsemissionen. Der andere fühlt sich gestört: die falsche Platzwahl, die Unachtsamkeit des Nachbarn. Zumal er selbst nie so schlecht kompostieren würde. Anstatt das Gespräch zu suchen, wird kurzerhand im Baumarkt eine Flechtwand von 200 cm Höhe besorgt und auf die Grundstücksgrenze gesetzt. Leicht irritiert stellt der Nachbar fest, dass der Sichtschutzzaun nicht den vorgeschriebenen Abständen entspricht. Wieder folgt ein Schriftverkehr mit Hinweis auf das EG zum ZGB. Eine angenehme Nachbarschaft wurde wegen eines unglücklich platzierten Kompostgitters nachhaltig gestört.

Sündenfall 3
Gerne wird der Gartengrill in kleinen Gärten nahe an die Grundstücksgrenze gestellt, um die kleine Rasenfläche des Reihenhauses nicht noch mehr zu verkleinern. Links eine Ligusterhecke, rechts ein Flechtzaun und jetzt noch der Rauch des Gartencheminées, der sich zwischen Hecke und Flechtzaun fängt. Die Stimmung beider Nachbarn, sowohl desjenigen, der sich auf eine gute Wurst gefreut hat, als auch desjenigen, der an der frischen Luft ein Buch lesen wollte, sinkt nach einer emotionsgeladenen Szene auf den Nullpunkt. Bei sehr kleinen Gärten empfiehlt es sich, bei der Möblierung die Nachbarn mit einzubeziehen. Das hilft Probleme vermeiden und bringt gegenseitige Wertschätzung zum Ausdruck.

Sündenfall 4
Vielerorts wurden in den letzten Jahren neue Wohnsiedlungen mit bescheidenen Gartenflächen erstellt. Den individuellen Wünschen der Käuferschaft wurde nur teilweise, manchmal auch gar nicht entsprochen. Der Generalunternehmer übergibt dem Gartenbauer den Auftrag, eine Umgebung zu erstellen, welche den funktionalen Ansprüchen genügen soll. Für eine gelungene, nachhaltige Gestaltung der Gärten fehlt das Budget. Der Käufer hätte gerne eine schöne und fachgerechte Bepflanzung, welche seinen Vorstellungen eines Gartens entspricht. Die individuelle Beratung des Kunden braucht Zeit und Engagement des Fachmannes. Nicht jeder Gartenbauer nimmt sich diese Zeit. Gelegentlich werden Kontakte des Handwerkers mit der Käuferschaft bis zur Bauabnahme durch den Generalunternehmer sogar vertraglich untersagt. Dies hat vielfach zur Folge, dass die Gärten – kaum fertig gestellt – durch die Eigentümer selbst umgestaltet werden. Dies oft ohne Fachwissen, was zum Teil Schäden mit hohen Kosten verursachen kann, welche erst Jahre später zum Tragen kommen. Vor allem aber können sie ein bislang gutes Nachbarschaftsverhältnis trüben, z.B. wenn Bambus oder Sanddorn auf einer überdeckten Tiefgarage eine Dachfolie zerstören.

Sündenfall 5
Was ist für den stolzen Gartenbesitzer schöner, als ein sauber gepflegtes, unkrautfreies Rasenstück, welches wöchentlich gemäht, höchsten Ansprüchen des gepflegten Ambientes genügt. Der Nachbar erfreut sich dagegen an der Vielfalt der Natur und seines vielschichtigen Naturgartens. Auf dieser Seite des Zauns lauert der Gartenbesitzer, welcher es im März kaum erwarten kann, den Rasen endlich wieder wöchentlich zu trimmen. Vorzugsweise am Freitagabend oder Samstag wird deshalb von März bis November gemäht, gedüngt und gepflegt. Auf der anderen wartet der Nachbar mit Mähen bis zum 15 Juli. Nicht etwa, dass er Direktzahlungen erwarten dürfte, nein, des Versamens wegen. Ken Wunder, dass so unterschiedliche Auffassungen vom schönen Garten zu Spannungen führen können. Diese basieren zumeist auf der falschen Annahme, ein gepflegter, unkrautfreier Rasen sei neben einem Naturgarten unmöglich. Anderseits ist aber ein durchgestylter, urbaner Garten, der sich in der Pflege nicht biologischen Grundsätzen unterwirft, auch nicht schädlich. Wichtig ist für beide Seiten das richtige Mass und gegenseitige Rücksichtnahme. Ein Gespräch kann zu einer allen unterschiedlichen Meinungen zum Trotz harmonischen Nachbarschaft verhelfen. Die Naturwiese könnte zum Beispiel im Randbereich einen Streifen niedrig gemähten Rasen haben, welcher das Absamen in Nachbarflächen reduziert. Im Gegenzug verursacht ein Elektrorasenmäher weniger Immissionen als ein Benzinmotor und ist gleichwohl auf kleinen Gartenflächen effizient. Das Abdriften von Pflanzenschutzmitteln kann mit Spritzschirm, ein übermässiges Absamen der Unkräuter durch rechtzeitigen Schnitt sofort nach der Blüte vermieden werden.

Sündenfall 6
Vor Jahren wurde entlang der Grenze eine kleine Hainbuchenhecke nach den noch heute gültigen Vorschriften des EG zum ZGB gepflanzt: mit 60 cm Abstand zur Grenze als Grünhecke von 150 cm Höhe gedacht. Leider wurde die Hecke aber nicht konsequent geschnitten und hat heute eine Höhe von über 200 cm und ist über 150 cm breit. Nachdem beim Nachbarshaus die Hand geändert hat, fühlt sich der neue Eigentümer durch die hohe und breite Hecke eingeengt und möchte gerne, dass sie wieder gestutzt und auf die Grenze zurückgenommen wird. «Kaum im Quartier, will der neue Nachbar alles, was war, auf den Kopf stellen. Die Hecke ist schon länger da als der Nachbar. Ich lasse die Hecke so stehen.» Der Konflikt ist vorprogrammiert. Schneiden Sie ihre Grünhecken entsprechend der Vorgaben des EG zum ZGB; dies vermeidet Konflikte, Ärger und Kosten. Eine Hecke muss nun mal zurückgeschnitten werden, wenn sie den Grenzabständen nicht entspricht, und der Nachbar darf erwarten, dass die Grünhecke auf die Grenze zurückgenommen wird, selbst dann, wenn das der Hecke nicht besonders gut tun sollte.
Im Übrigen sei festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit der nachbarlichen Beziehungen bestens funktioniert und keine Probleme verursacht. Aber darüber zu schreiben, ist halt langweilig.
 
     
  * dipl. Obergärtner, Garten- und Landschaftsbau, Wallisellen  
     
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