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Azalee |
Fotos: Grünes Presseportal |
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Was wir
hören, sind Schwingungen. Das ist uns völlig geläufig. Die
optische Schwingungswelt um uns herum reicht vom unsichtbaren Infrarot bis zum
unsichtbaren Ultraviolett, und dazwischen liegen jene Wellenlängen, die
wir als die Farben des Regenbogens wahrnehmen können. Gut, dass Sie sich und mich fragen:
schon recht, aber was schwingt denn
da?
und da kommen wir zum
Thema: Die wichtigste Pflanzenfarbe ist
Grün. Dieses Grün verdanken Pflanzen einem Stoff, der Blattgrün
heisst. Blattgrün ist als
Chlorophyll besser bekannt. Chlorophyll ist ein Molekül, das eine
komplizierte Struktur hat, aber die Zutaten, die es zum Aufbau braucht, sind
recht übersichtlich: Die Pauschalformel des Chlorophylls ist C40H56O5N4Mg. Die wichtigsten Bausteine, um zu diesem Konstrukt zu
kommen, sind Wasser (H2O) und Kohlendioxyd (CO2). Ein Magnesiumatom (Mg) dient
sozusagen als Kristallisationskern. Darum herum gruppieren sich vier
Stickstoffatome, und daran hängt der ganze Rest. Sie werden sich erinnern:
Stickstoffdüngung macht Pflanzen grün und in fast jedem guten
Handelsdünger ist in geringer Menge Magnesium enthalten: der
Kristallisationskern des Blattgrüns. Die wichtigste Pflanzenfarbe ist das
Blattgrün. Es gerät unter der animierenden Wirkung der Sonnenstrahlen
in Oszillation, in Schwingung. In diesem Zustand kann das Blattgrün aus
Wasser und Kohlendioxyd Kohlehydrate aufbauen, und diese sind wiederum
Ausgangspunkt für alle energiereichen pflanzlichen Verbindungen. Zu diesen
gehören auch die Farbstoffe. |
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 Pieris |
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Die Wellenlänge der Blattgrün-Schwingung wird
von unseren Augen als Grün wahrgenommen. Ich hoffe, dass ich Sie so neugierig gemacht habe, dass
Sie jetzt fragen: Wie lang sind denn diese Wellen? Jetzt sind wir tief drin in
der Welt der unvorstellbar kleinen Dinge. Diese Wellen werden in Nanometern
angegeben (Nano = Zwerg). Ein Nanometer ist der milliardste Teil eines Meters.
Vorstellungshilfe gefällig? 100 km enthalten eine Milliarde
mm. Das wäre ungefähr von Chur bis Stadtgrenze Zürich. In diesem
Grössenvergleich wäre in der Gegend von Frauenfeld der untere Bereich
der Radiowellen. Die Ultraschallwellen müssten wir im Ural ansiedeln.
«Ja, und die Farben?», fragen Sie zu Recht: Der Blaubereich
wäre etwa 4,5 m ab Stadtgrenze Zürich, der
Grünbereich bei 5,5 m und der Rotbereich bei 6 bis 7 m ab
Stadtgrenze anzusiedeln. Allerdings müssen Sie jetzt mit mir den
Rückwärtssalto machen, denn die 100 km
ChurZürich müssen wir mit allen Begleitinformationen auf
100 cm zurückschrumpfen, um zur wirklichen
Oszillationswellenlänge der Farben zu kommen. Jetzt kommen wir zur Systematik der Pflanzenfarben. Nicht ohne Grund
habe ich Ihnen das Blattgrün so ausführlich und zuerst beschrieben.
Der Botaniker bezeichnet die Pflanzenfarbstoffe als Chromatophoren,
Farbträger. Diese splitten sich auf in die Chloroplasten,
Grünkörperchen, und die Chromoplasten, Farbkörperchen. Die
Ersteren sind einfach zu verwalten. Es gibt zwei Blattgrünarten, die sich
nur durch ein Wassermolekül unterscheiden. Die Farbkörperchen teilen
sich in drei Gruppen auf. Die erste Gruppe sind die Karotinoide und die
Xanthophylle. Aus diesen Namen hört man schon heraus, in welcher Richtung
es gehen soll: Das Rüebligelb ist Karotin. Man findet das auch bei den
Kapuzinerblüten. (Rüebligelb ist eigenartigerweise der einzige
Pflanzenfarbstoff, der keinen Sauerstoff enthält.) |
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 Rittersporn |
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In diese Gruppe gehören z.B. Fucoxanthine, der Farbstoff der
Algen, den man als oxydiertes Karotin bezeichnen könnte. Das Capsaxanthin
ist der Farbstoff der Paprikaschoten. Dass Violaxanthin, das zu den (gelben)
Stiefmütterchen passt, ist leicht zu erraten. Die zweite Chromoplastengruppe sind die Flavonole. Zu ihnen
gehört das Quercetin, der Farbstoff der Färbereiche, das Braungelb
des Goldlacks und viele im Orangebraun liegende Herbstfarben, die beim Abbau
höherer Molekularverbindungen vorübergehend andere Farbwirkungen
erzeugen. Herbstfarben entstehen dadurch, dass Farbmoleküle hohen
Energiegehaltes in Farben niederen Energiegehaltes abgebaut werden. Die
freiwerdende Energie ergibt einerseits Körperwärme und andererseits
Zucker, der zur Wiederverwendung im Frühjahr eingelagert wird.
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In der dritten Gruppe wird es auf eine andere Art
spannend. Stellen Sie sich einen Blaukrautkopf vor: Der Farbstoff, der seine
Farbe «macht», ist Anthocyan. Bluthaseln, Blutahorn und Blutpflaume
verdanken ihre Farben dem Anthocyan. Wenn Sie im Frühjahr Salatsetzlinge
kaufen, verfärben diese sich in kalten Nächten rötlich. Diese
Anthocyanbildung bewirkt einen Kälteschutz, indem sie den Gefrierpunkt
nach unten verändert. Raffiniert! Wir kommen nochmals zum Blaukraut
zurück: Anthocyan wird durch die Einwirkung von Säuren hell und durch
die Einwirkung von Lauchen schwarzblau. |
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 Stiefmütterchen und
Konsorten |
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Weitere
Veränderungen können sich aus der Verbindung mit metallischen
Elementen (Eisen, Magnesium) ergeben. So entsteht das Kornblumenblau
(Cyanidin), das lachsfarbige Pelargonienlachs (Pelargonidin) und das
Ritterspornblau (Delphinidin). Phänomenal, mit wie wenig Abweichung von einem Grundbaustein die
Natur etwas Neues macht: Aus Karotin werden durch «Assimilation von
Wasser» und leichten Abwandlungen in den Strukturformeln die Farben der
gelben Stiefmütterchen und der Paprikaschoten. Oft ist es nur ein
Wassermolekül mehr, das eine andere Farbe bewirkt. Und das ganze
Farbengebäude ist rückstandslos rezyklierbar! Alle Achtung!
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