Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 04/2004 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

     
  Die Nutzungsbeschränkung im Stockwerkeigentum
* Rafael Steger
 
     
  Im ersten Quartal des Jahres findet gewöhnlich die Stockwerkeigentümerversammlung («Versammlung») statt. Zu diesem Zeitpunkt anerbietet es sich unter anderem, die Nutzungs- und Verwaltungsordnung («Reglement») den veränderten Bedürfnissen der Stockwerkeigentumsgemeinschaft («Gemeinschaft») anzupassen.  
     
  Ein klar und hinreichend detailliertes Reglement vereinfacht das Zusammenleben der Gemeinschaft. Idealerweise kann es im Konfliktfall die gesuchte Lösung bereitstellen. Infolgedessen unterbleiben langwierige Reibereien und eine Polarisierung unter den einzelnen Mitgliedern. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit die Gemeinschaft die Nutzung beschränken darf.  
     
  Zur Änderung des Reglements
Bekanntlich muss eine von der gesetzlich vorgegebenen Ordnung abweichende Regelung, worunter eine Nutzungsbeschränkung fällt, ins Reglement aufgenommen werden, damit diese gegenüber dem Einzelnen Geltung erlangt und gerichtlich durchsetzbar ist. Damit die neue Bestimmung eingefügt werden kann, muss sie in der Versammlung beschlossen werden. Es stellt sich dabei die Gretchenfrage der Versammlung: Mit welchem Quorum muss der Beschluss gefasst werden? Hier muss unterschieden werden, ob die einzuschränkende Nutzung einen Gebäudeteil betrifft, der im Sonderrecht, im gemeinschaftlichen Eigentum oder im ausschliesslichen Nutzungsrecht eines Stockwerkeigentümers steht. Aufschluss darüber geben das Reglement und Art. 712b des Zivilgesetzbuches.
Im ersten Fall muss der Beschluss einstimmig, also mit der Zustimmung aller Stockwerkeigentümer gefasst werden. In den beiden anderen Fällen – vorbehältlich einer anderen Regelung im Reglement und einer Nutzungsbeschränkung, die einer Zweckänderung der Nutzung entspräche – genügt das qualifizierte Mehr, d.h. die Mehrheit aller Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt sind.
 
     
  Zur inhaltlichen Ausgestaltung der Nutzungsbeschränkung
Obwohl zum Teil in der Lehre, die Meinung vertreten wird, dass Nutzungsbeschränkungen von im Sonderrecht stehenden Gebäudeteilen grundsätzlich abzulehnen seien, da diese mit der historischen Intention des Gesetzgebers (dem Stockwerkeigentümer soll eine dem Alleineigentümer ähnliche Stellung verliehen werden) im Widerspruch stehen und das Immissionsverbot nach Art. 679/684 ZGB bereits hinreichend Schutz biete, sind solche Regelungen dennoch nicht ausgeschlossen. Das sollte im Hinblick auf die rechtliche Stellung des Stockwerkeigentümers in Bezug auf eine Nutzungsbeschränkung von im Sonderrecht stehenden Gebäudeteilen äusserste Zurückhaltung geübt werden.
Mehr Spielraum ergibt sich bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Nutzungsbeschränkungen von im ausschliesslichen Nutzungsrecht oder im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteilen. Hier können weiter gehende Beschränkungen eingeführt werden. Dennoch sollte immer beachtet werden, dass der Stockwerkeigentümer Eigentümer ist und von Beschränkungen, welche nicht sachlich zwingend notwendig sind, Abstand genommen werden sollte.
Aus den vorerwähnten Gründen sind deshalb allgemeine Verbote grundsätzlich abzulehnen. Als Beispiele unzulässiger Verbote können ein generelles Tierhaltungs-, ein prinzipielles Musizier- und ein ausnahmsloses Gewerbeverbot genannt werden. Die Nutzungsbeschränkung ist vielmehr so auszugestalten, dass die Tierhaltung anzahl- oder artenmässig begrenzt und das Musizieren auf gewisse Stunden beschränkt wird sowie bestimmte gewerbliche Tätigkeiten vorbehalten werden.
Als zusätzliche Richtschnur, sollte meines Erachtens behelfsweise das Mietrecht herangezogen werden. Was ein Mieter zwingend darf, soll erst recht einem Stockwerkeigentümer nicht verboten werden.
Neben der zulässigen Nutzungsbeschränkung mittels Reglement besteht nach wie vor die Möglichkeit, eine allfällige unter dem Gesichtspunkt des Reglements unzulässige Nutzungsbeschränkung mittels einer Grunddienstbarkeit zu regeln. Zu denken ist beispielsweise an den Stockwerkeigentümer eines Ladens, der eine direkte Konkurrenzierung seines Gewerbes im zweiten Ladenlokal derselben Liegenschaft mittels einer Grunddienstbarkeit ausschliessen will.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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