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Die Nutzungsbeschränkung im
Stockwerkeigentum * Rafael
Steger |
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Im ersten
Quartal des Jahres findet gewöhnlich die
Stockwerkeigentümerversammlung («Versammlung») statt. Zu
diesem Zeitpunkt anerbietet es sich unter anderem, die Nutzungs- und
Verwaltungsordnung («Reglement») den veränderten
Bedürfnissen der Stockwerkeigentumsgemeinschaft
(«Gemeinschaft») anzupassen. |
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Ein klar und
hinreichend detailliertes Reglement vereinfacht das Zusammenleben der
Gemeinschaft. Idealerweise kann es im Konfliktfall die gesuchte Lösung
bereitstellen. Infolgedessen unterbleiben langwierige Reibereien und eine
Polarisierung unter den einzelnen Mitgliedern. In diesem Zusammenhang stellt
sich die Frage, inwieweit die Gemeinschaft die Nutzung beschränken
darf. |
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Zur
Änderung des Reglements Bekanntlich muss eine von der gesetzlich vorgegebenen Ordnung
abweichende Regelung, worunter eine Nutzungsbeschränkung fällt, ins
Reglement aufgenommen werden, damit diese gegenüber dem Einzelnen Geltung
erlangt und gerichtlich durchsetzbar ist. Damit die neue Bestimmung
eingefügt werden kann, muss sie in der Versammlung beschlossen werden. Es
stellt sich dabei die Gretchenfrage der Versammlung: Mit welchem Quorum muss
der Beschluss gefasst werden? Hier muss unterschieden werden, ob die
einzuschränkende Nutzung einen Gebäudeteil betrifft, der im
Sonderrecht, im gemeinschaftlichen Eigentum oder im ausschliesslichen
Nutzungsrecht eines Stockwerkeigentümers steht. Aufschluss darüber
geben das Reglement und Art. 712b des Zivilgesetzbuches.
Im ersten Fall muss der Beschluss einstimmig, also
mit der Zustimmung aller Stockwerkeigentümer gefasst werden. In den beiden
anderen Fällen vorbehältlich einer anderen Regelung im
Reglement und einer Nutzungsbeschränkung, die einer Zweckänderung der
Nutzung entspräche genügt das qualifizierte Mehr, d.h. die
Mehrheit aller Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der
Hälfte anteilsberechtigt sind. |
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Zur
inhaltlichen Ausgestaltung der Nutzungsbeschränkung
Obwohl zum Teil in der Lehre, die Meinung
vertreten wird, dass Nutzungsbeschränkungen von im Sonderrecht stehenden
Gebäudeteilen grundsätzlich abzulehnen seien, da diese mit der
historischen Intention des Gesetzgebers (dem Stockwerkeigentümer soll eine
dem Alleineigentümer ähnliche Stellung verliehen werden) im
Widerspruch stehen und das Immissionsverbot nach Art. 679/684 ZGB bereits
hinreichend Schutz biete, sind solche Regelungen dennoch nicht ausgeschlossen.
Das sollte im Hinblick auf die rechtliche Stellung des
Stockwerkeigentümers in Bezug auf eine Nutzungsbeschränkung von im
Sonderrecht stehenden Gebäudeteilen äusserste Zurückhaltung
geübt werden. Mehr Spielraum
ergibt sich bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Nutzungsbeschränkungen
von im ausschliesslichen Nutzungsrecht oder im gemeinschaftlichen Eigentum
stehenden Gebäudeteilen. Hier können weiter gehende
Beschränkungen eingeführt werden. Dennoch sollte immer beachtet
werden, dass der Stockwerkeigentümer Eigentümer ist und von
Beschränkungen, welche nicht sachlich zwingend notwendig sind, Abstand
genommen werden sollte. Aus den
vorerwähnten Gründen sind deshalb allgemeine Verbote
grundsätzlich abzulehnen. Als Beispiele unzulässiger Verbote
können ein generelles Tierhaltungs-, ein prinzipielles Musizier- und ein
ausnahmsloses Gewerbeverbot genannt werden. Die Nutzungsbeschränkung ist
vielmehr so auszugestalten, dass die Tierhaltung anzahl- oder artenmässig
begrenzt und das Musizieren auf gewisse Stunden beschränkt wird sowie
bestimmte gewerbliche Tätigkeiten vorbehalten werden.
Als zusätzliche Richtschnur, sollte meines
Erachtens behelfsweise das Mietrecht herangezogen werden. Was ein Mieter
zwingend darf, soll erst recht einem Stockwerkeigentümer nicht verboten
werden. Neben der zulässigen
Nutzungsbeschränkung mittels Reglement besteht nach wie vor die
Möglichkeit, eine allfällige unter dem Gesichtspunkt des Reglements
unzulässige Nutzungsbeschränkung mittels einer Grunddienstbarkeit zu
regeln. Zu denken ist beispielsweise an den Stockwerkeigentümer eines
Ladens, der eine direkte Konkurrenzierung seines Gewerbes im zweiten Ladenlokal
derselben Liegenschaft mittels einer Grunddienstbarkeit ausschliessen
will. |
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