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HEV 09/2002 Inhaltsverzeichnis
Leerwohnungsbestand

Niedrigste Leerwohnungsziffer seit 1989
* Paco Oliver

Medienmitteilung von Statistik Stadt Zürich
Trotz der regen Bautätigkeit während der letzten zwei Jahre nahm der Leerwohnungsbestand gegenüber dem Vorjahr um 62 Einheiten oder 43,4 Prozent ab, und die Leerwohnungsziffer sank auf 0,04 Prozent. Damit liegt der ermittelte Leerwohnungsbestand wieder knapp über den Zahlen vom 1. Juni 1989. Auch damals standen nur 65 Wohnungen leer, was einer Leerwohnungsziffer von ebenfalls 0,04 Prozent entsprach.
Die älteren und deshalb wahrscheinlich auch billigeren Mietwohnungen standen noch seltener leer als im Vorjahr: Nur knapp 37 Prozent der Leerwohnungen wurden vor 1940 erstellt (Vorjahr: 50 %). Nach Wohnungsgrösse ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. Ein wichtiger Faktor für das Leerstehen einer Wohnung ist der Miet- bzw. Verkaufspreis. Statistik Stadt Zürich wird die Detailergebnisse der Leerwohnungserhebung in einem ausführlichen Bericht veröffentlichen.
Ein deutliches Zeichen für die Verknappung des Wohnungsangebots liefert auch die Angabe über die Dauer des Leerstehens. Nur gerade 15 Prozent der leer stehenden Mietwohnungen waren seit mehr als drei Monaten nicht vermietet (Vorjahr: knapp 40 %); 41,2 Prozent davon waren zudem eigentlich nicht mehr frei, weil sie bereits auf später vermietet waren (Vorjahr: 21,7%).
Die Zählung erfolgt nach den Richtlinien des Bundesamtes für Statistik (BFS), wonach nur die zur Vermietung oder zum Verkauf angebotenen Wohnungen erfasst werden. Appartement- und übrige Einzelzimmer werden nicht berücksichtigt.1)

     
  Ein Blick zurück …
* Paco Oliver
 
     
   
     
 

Beschränkt man seinen Blick auf die Berichtsperiode, so stellen 0.04 % den Tiefststand des Leerwohnungsbestandes dar. Dieser stieg kontinuierlich bis 1997, um dann etwas steiler auf den Anfangsstand zurückzusinken.

 
     
 

Erfasst man eine etwas längere Zeitspanne, stellt man aber fest, dass der Leerwohnungsbestand auf eine bewegtere Vergangenheit zurückblicken kann. So lag er 1988 bei 0,03 % und damit noch etwas tiefer als während der Berichtsperiode und auch 1979 mit 0,04 % und 1972 mit nur 0,01 % erlebte Zürich schon angespannte Zeiten.

 
     
   
  (1983 wurde der Leerwohnungsbestand nicht erfasst.)  
     
 

Wendet man den Blick noch etwas weiter zurück, muss man feststellen, dass auch die alten Zeiten nicht so gut waren, wie man sich vielleicht zu erinnern glaubt oder wie einem von den Grosseltern erzählt wurde. Nur gerade 1933 bis 1941 – wohl nicht gerade das, was man eine glückliche Zeit nennen könnte – lag der Leerwohnungsbestand über 1 %, zeitweise sogar massiv darüber. Seit Kriegsende hat sich der Leerwohnungsbestand in der Stadt Zürich nur gerade von 1995 bis 1998 über 0,5 % bewegt. Offensichtlich stehen Wohnungen nur in wirtschaftlich härteren Zeiten in grösserer Zahl leer. Beim ersten Anzeichen von wirtschaftlichem Aufschwung werden die Wohnungsreserven dagegen wieder aufgebraucht. Die Mieter protestieren nicht dann, wenn es ihnen schlecht geht, sondern im Gegenteil, wenn es ihnen gut genug geht, um sich eine bessere Wohnung zu leisten. Bleiben Wohnungen leer, so ist das ein Indiz für schwierigere Zeiten, in denen sich die Mieter mit bescheideneren Wohnungen begnügen. Eine Leerwohnungsziffer von über 1 % oder gar 2 %, wie es Mieterkreise immer wieder fordern, erscheint in diesem Lichte als vielleicht doch nicht ganz so erstrebenswert.

 
     
   
  (1940 wurde der Leerwohnungsbestand nicht erfasst.)  
     

… und ein Kommentar
* Paco Oliver
Wir haben schon so oft berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit der veröffentlichten Leerwohnungsziffern und an deren Aussagekraft angemeldet, dass wir sie an dieser Stelle nicht wiederholen wollen. Dazu nur soviel: 2001 haben in der Stadt Zürich 50 000 Einwohner gezügelt, also eine Wohnung gefunden. Diese Zahl spricht für sich und für einen recht gut funktionierenden Wohnungsmarkt. Wir werden auch nicht müde darauf hinzuweisen, dass die Wohnungsknappheit (Begriffe wie Wohnungsmangel oder gar Wohnungsnot wollen wir gar nicht erst verwenden.) nicht durch die Hauseigentümer, sondern durch die Hausbewohner – in der Stadt Zürich zu über 90 % Mieter - verursacht wird. Unsere Überlegungen finden aber kaum Beachtung. Es freut uns umso mehr, für einmal eine Stimme zitieren zu können, welche gewiss nicht im Verdacht steht, übermässig vermieterfreundlich zu sein. Im Tagesanzeiger vom 3.8.02 war unter dem Titel «Wir machen die Wohnungsnot» Folgendes zu lesen:
… 1970 begnügte sich ein Zürcher im Durchschnitt mit 38 Quadratmetern, heute beansprucht er 52.
… In der Dreizimmerwohnung, in der 1970 eine fünfköpfige Familie lebte, wohnt heute eine Person.
Der eigentliche Grund für die Wohnungsnot sind unsere gewachsenen Ansprüche, die sich in Quadratmetern niederschlagen.Die Zuwanderung oder das Tief im Wohnungsbau vermögen sie höchstens zu verschärfen. Würden wir uns heute mit 38 Quadratmetern begnügen, gäbe es keine Wohnungsnot. Nein, man könnte sogar von einem völlig entspannten Markt sprechen, schliesslich würden auf einen Schlag 5 Millionen Quadratmeter Wohnfläche frei.
Es gibt zwei Möglichkeiten, um das Problem zu lösen. Erstens: Man drosselt die Nachfrage, indem man das Angebot verteuert und die Mieten erhöht. Dazu muss man den Marktkräften nur freien Lauf lassen. Dies wäre zwar äusserst unsozial, weil sich Familien mit niederem Einkommen in winzigen Wohnungen pferchen müssten. Aber es würde genügend leere Wohnungen geben.
Zweitens: Das Angebot wird massiv erweitert. Weil die jährlich 1000 neu erstellten Wohnungen nicht annähernd genügen, wird im grossen Stil gebaut. Es wird verdichtet, wo es geht, und es werden die letzten Wiesen eingezont. Darauf baut die Stadt Lochergut 2 und die Hardtürme 5, 6 und 7. Auch so würde es mehr leere Wohnungen geben, denn wer wollte dann noch in Zürich leben?
Es gibt also doch keine Lösungen. Die Folgerung ist so simpel wie unbeliebt: Wir Zürcherinnen und Zürcher haben letztes Jahrhundert mit einer mehr oder weniger grossen Wohnung gelebt, wir werden es auch dieses Jahrhundert tun.
Bleibt anzumerken, dass es durchaus noch weitere Möglichkeiten gäbe, das Problem anzupacken. Warum zum Beispiel nicht die Marktkräfte spielen lassen und Familien mit niederem Einkommen direkt so zu unterstützen, dass sie sich eine angemessene Wohnung leisten könnten? Wäre das nicht effizienter, als durch Eingriffe in den freien Markt auch die Wohnungen von Personen mit stattlichen Einkommen künstlich zu verbilligen und dafür nach dem Giesskannenprinzip Millionen in den sozialen Wohnungsbau zu stecken?

1) Als Leerwohnungen im Sinne dieser Zählung gelten alle möblierten oder unmöblierten, bewohnbaren und am Stichtag (1. Juni) unbesetzten Wohnungen, die zur dauernden Miete oder zum Kauf angeboten werden. Den Wohnungen gleich gestellt sind leer stehende, zur Vermietung oder zum Verkauf bestimmte Einfamilienhäuser. Mitgezählt werden auch jene leer stehenden Wohnungen, die auf einen späteren Zeitpunkt bereits vermietet oder verkauft sind.
Ferien- oder Zweitwohnungen und -häuser zählen als leer stehende Wohnungen, sofern sie das ganze Jahr bewohnbar und zur Dauermiete (mindestens drei Monate) oder zum Verkauf ausgeschrieben sind.

Nicht erfasst werden jedoch:
, die am 1. Juni zwar vermietet oder verkauft, aber nicht belegt sind;
Wohnungen, die sich in Abbruch- oder Umbauobjekten befinden, sowie Notwohnungen in Baracken;
(Neu-)Wohnungen, die noch nicht fertig ausgebaut, d.h. am 1. Juni noch nicht bezugsbereit sind;
aus bau- oder sanitätspolizeilichen Gründen gesperrte Wohnungen;
möblierte Appartements, die in der Regel nicht zur Dauermiete (mindestens drei Monate); ausgeschrieben sind und für die häufig Service-leistungen wie Reinigung usw. angeboten werden;
Wohnungen, die einem beschränkten Personenkreis vorbehalten sind (Dienstwohnungen, Wohnungen für späteren Eigenbedarf usw.);
Räumlichkeiten, die nicht Wohnzwecken dienen oder nicht für Wohnzwecke angeboten werden (zweckentfremdete Wohnungen wie Büros, Arztpraxen usw.);
Wohnungen, die mit Gewerbe- oder Geschäftslokalen eine räumliche Einheit bilden;
Mansarden und separate Zimmer ohne eigene Küche oder Kochnische;
Ferien- und Zweitwohnungen bzw. -häuser, die nicht zur Dauermiete (mindestens drei Monate) bzw. nicht zum Verkauf ausgeschrieben sind.
Da die vorliegende Statistik nur jene leeren Wohnungen erfasst, die auf dem Markt angeboten werden, sollte ein Vergleich mit der jeweils im Rahmen der Volkszählung stattfindenden Wohnungszählung, die alle «nicht bewohnten Wohnungen» erhebt, grundsätzlich unterlassen werden.

* Redaktor, lic. iur.

     
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