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1:0 für den HEV bei der
Ersatzbeschaffung * Martin Byland
Wenn ein Grundeigentümer seine selbstbewohnte Liegenschaft
verkauft und mit dem daraus gelösten Geld eine ebenfalls selbstbewohnte Liegenschaft erwirbt, wird die
Grundstückgewinnsteuer im Umfang des reinvestierten Erlöses aufgeschoben. Für Fälle, in welchen nur
ein Teil des Veräusserungserlöses reinvestiert wird, hat das Kantonale Steueramt Zürich mit dem neuen
Steuergesetz eine restriktive Praxis eingeführt (Heft 10/2002).
In mehreren Entscheiden vom 29. Oktober 2002, u.a. in einem vom HEV lancierten Pilotprozess, hat die
Steuerrekurskommission III des Kantons Zürich diese Praxis als gesetzeswidrig bezeichnet und die bisherige
grosszügigere Praxis der proportionalen Methode als anwendbar erklärt. |
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Das Zürcher Steuergesetz bestimmt in § 216
Abs. 3 lit. i, dass der Steueraufschub gewährt wird, soweit der «Erlös»
zum Bau oder Erwerb einer gleichgenutzten Liegenschaft verwendet wird. Das Steueramt leitet aus dieser Formulierung
(die schon im alten Steuergesetz enthalten war) neu das sogenannte absolute oder monistische System ab; d.h. es legt
fest, dass ein Steueraufschub nur soweit verlangt werden kann, als der erzielte Gewinn (= Erlös abzüglich
Anlagekosten der Erstliegenschaft) reinvestiert wird. Diese Praxis hat zur Folge, dass derjenige nicht mit einem
Aufschub rechnen kann, der eine Liegenschaft erwirbt, die weniger kostet, als er für die verkaufte Liegenschaft
ursprünglich bezahlt hat (oder diese vor 20 Jahren Wert war), da der Gewinn dabei nicht reinvestiert wird (vgl.
Beispiele in Heft 10/2002). |
Die Rekurskommission hat in ihrem Entscheid
festgehalten, dass zwar die Kantone nach Steuerharmonisierungsgesetz frei sind, welche Methode sie wählen. Der
Kanton Zürich habe aber, indem er von «Erlös» und nicht von «Gewinn» spreche,
den Massstab für die Anrechnung festgelegt. Das Gesetz definiere Erlös als «Kaufpreis mit Einschluss
aller Leistungen des Erwerbers», sodass der erzielte Gewinn keine relevante Messgrösse darstelle. Werde
beispielsweise nur die Hälfte des gelösten Geldes in eine neue Liegenschaft investiert, trete ein
hälftiger Steueraufschub ein, unabhängig davon wie hoch der Gewinn sei. Die Ersatzbeschaffung bei
selbstbewohnten Eigenheimen habe stets den Zweck gehabt, die Mobilität der Bürger zu fördern, sodass
sozialpolitische Überlegungen ebenfalls eine Rolle spielen würden. Sie diene auch der
Wohneigentumsförderung, indem Eigentümer bei geänderter Interessenlage eher bereit seien, ihr Haus zu
verkaufen. So würden beispielsweise ältere Ehepaare nach dem Auszug ihrer Kinder eher dazu motiviert, in eine
kleinere Liegenschaft umzuziehen. Gleichzeitig werde dadurch der raumplanerischen Zielsetzung sowie der
zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens Rechnung getragen. Somit erweise sich die absolute
Methode als gesetzeswidrig und es müsse weiterhin die bisher angewandte proportionale Methode gelten. Die
Rekurskommission hiess den Rekurs gut, was zu einer Herabsetzung der Grundstückgewinnsteuer von Fr.
53'000. auf Fr. 12'000. führte. Die Entscheide der Rekurskommission sind noch
nicht rechtskräftig. Es ist zu erwarten, dass sie an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden.
Kommentar Auslöser
für die neue Praxis war ein Kreisschreiben der Schweizerischen Steuerkonferenz, einer Vereinigung sämtlicher
Schweizerischer Steuerämter. Die Konferenz hat sich mit den Fragen befasst, welche dadurch entstanden sind, dass
die Ersatzbeschaffung ab 2001 auch interkantonal möglich ist, und empfohlen, generell die absolute Methode
anzuwenden. Damit wurde jedoch die Harmonisierung zu weit getrieben, indem die Praxis zur Ersatzbeschaffung von
Geschäftsliegenschaften auch für selbstbewohnte Privatliegenschaften anwendbar erklärt wurde. Die
Rekurskommission hält zu Recht fest, dass die absolute Methode bei Geschäftsliegenschaften angebracht ist,
was jedoch nicht heisst, dass sie auch auf Privatliegenschaften angewendet werden muss. Der Entscheid der Rekurskommission verdeutlicht die verschiedenen Interessenlagen: Die Rekurskommission hebt
in Übereinstimmung mit dem Gesetzgeber die Motive für den Steueraufschub hervor, welche in der Förderung
der Mobilität, der Wohneigentumsförderung und auch in der haushälterischen Nutzung des Bodens zu suchen
sind. Demgegenüber äussert die Schweizerische Steuerkonferenz ausschliesslich steuerliche Gründe
für eine restriktivere Praxis, indem sie nebst dem Bedürfnis auf Vereinheitlichung
Praktikabilitätsüberlegungen in den Vordergrund stellt. Zudem moniert sie, dass keine sachgerechte
Besteuerung des Gewinnes stattfinde, ein Einwand, der angesichts der Tatsache, dass lediglich ein Steueraufschub
stattfindet, verschmerzbar erscheint. Wird das Ersatzgrundstück nachträglich verkauft (oder fallen die
Voraussetzungen für einen Steueraufschub weg) erfolgt eine Nachbesteuerung. Diese fällt bei einem
grosszügigeren Steueraufschub entsprechend höher aus, was eine grosse finanzielle Belastung darstellen
kann. Der Entscheid der Rekurskommission ist zu begrüssen, da er
gesetzeskonform ist und zudem den übergeordneten Zielen am besten Rechnung trägt. Massnahmen, die eine
Mobilisierung des Wohneigentums fördern, sind zu unterstützen, selbst wenn sie lediglich steuerlicher Natur
sind. Demgegenüber fallen die Vorbringen der Steuerbehörde weniger ins Gewicht und rechtfertigen keine
Praxisänderung, solange im Bereich der interkantonalen Ersatzbeschaffung noch viele Fragen offen sind.
* lic. iur. Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG,
Zürich |