Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 05/2004 Inhaltsverzeichnis
Zwischen Miete und Eigentum

     
  Nutzniessung, Wohnrecht –
und neu auch Teil-Nutzniessung
HEV Winterthur und Umgebung
 
     
  Rechtlich gesehen findet das private Wohnen in der Schweiz meist unter dem Dach eines Mietvertrages, etwas seltener – doch zunehmend häufiger – auch im eigenen Haus bzw. in der eigenen Wohnung statt. Während das Eigentum das umfassende und gegenüber jedermann geltend zu machende «Gehören» einer Sache bedeutet, vermittelt ein Mietvertrag, da grundsätzlich nur unter den Parteien wirkend, eine an sich schwächere Rechtsposition. Allerdings sorgt ein sehr stark auf den Mieterschutz ausgerichtetes Recht dafür, dass auch Mietende keinesfalls der Willkür ihrer Vermieterschaft ausgesetzt sind: Schutzinstrumente finden sich im Gesetz vor allem im Zusammenhang mit der Vermieterkündigung (inkl. Erstreckungsmöglichkeit), der Mietzinsgestaltung und der Erhaltung der Mietsache in einem zum Gebrauch tauglichen Zustand.
Nutzniessung und Wohnrecht nehmen eine Art «Übergangsstellung» zwischen dem Mietverhältnis und dem Wohneigentum ein. Die entsprechende Berechtigung umfasst zwar gerade nicht das Eigentum an der Sache, «gleicht» ihm aber – je nach Ausgestaltung – in vieler Hinsicht. Dieser rechtlichen «Übergangsstellung» entspricht im Leben oft auch das Bedürfnis nach einer «Übergangsphase». Insbesondere familienund erbrechtlich stellt sich oft der Wunsch ein, bereits zu Lebzeiten gewisse Weichen zu stellen (z.B. Begünstigung bzw. Absicherung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners, Übertragung von Liegenschaften auf Nachkommen usw.). Obwohl es in diesen Fällen eben um «Übergangsphasen » geht, sind Nutzniessung und Wohnrecht Institute, die auf Dauer angelegt sind; sie eignen sich kaum zur Regelung von Problemen, die nur wenige Jahre lang aktuell sein können.
Das Gesetz ordnet Nutzniessung und Wohnrecht in den Art. 745-778 des Zivilgesetzbuches (ZGB), wobei auf das Wohnrecht lediglich die letzten drei Vorschriften fallen und im Übrigen auf die Regeln der Nutzniessung verwiesen wird. Nicht alle angeführten Artikel sind zwingender Natur, sodass andersartige Lösungen zwischen dem Eigentümer und dem Berechtigten vereinbart (oder gegebenenfalls einseitig vom Erblasser verfügt) werden können. Wer eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht bestellen möchte, sollte als Erstes die erwähnten Gesetzesbestimmungen durchsehen und sich besonders jene Punkte merken, die abweichend organisiert werden sollen. Diese Lektüre führt nebenbei auch den Hauptunterschied zwischen Nutzniessung und Wohnrecht vor Augen: die Erstere beinhaltet praktisch die volle Befugnis über die Sache (exkl. Veräusserung, Substanzeingriffe und dergleichen), das Letztere beschränkt sich auf persönliche Wohnzwecke. Zur Entstehung einer Nutzniessung bedarf es in formeller Hinsicht der Eintragung in das Grundbuch (Art. 746 Abs.1 ZGB), was kraft Verweis in Art. 776 Abs. 3 ZGB grundsätzlich auch für das Wohnrecht gilt.
Bis anhin konnte die Nutzniessung – anders als das Wohnrecht – nur an einer ganzen Sache (Grundstück, Liegenschaft) existieren. So jedenfalls, trotz einzelnen Gegenmeinungen in der Lehre, der Standpunkt des Bundesgerichtes. Zufolge einer Anpassung des ZGB (Änderung vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Januar 2004) gilt dies nicht mehr, indem die Neufassung von Art. 745 Abs. 3 die Nutzniessung an einem Teil eines Grundstückes oder Gebäudes ausdrücklich erlaubt.
Da diese Gesetzesänderung einer agrarpolitischen Motivation entspringt, wird abzuwarten sein, ob sich die Neuerung im nichtlandwirtschaftlichen Bereich bewährt. Einerseits eröffnen sich neue Gestaltungsmöglichkeiten, andererseits wird die Grenze zum Wohnrecht an Konturen verlieren. Ferner wird der räumlich klaren Abgrenzung bei einer Teil-Nutzniessung erhebliche Bedeutung zukommen, da mit Bezug auf die Nutzungsweise, Lastentragung usw. mehr Konfliktpotenzial entsteht als bei einem Wohnrecht.
Sicher nimmt der Beratungsbedarf durch die neu geschaffene Variante der Teil-Nutzniessung nicht ab. Für seine Mitglieder bietet der Hauseigentümerverband (HEV) auch zu diesen Fragen juristische Dienstleistungen an. Da die Einräumung einer Nutzniessung bzw. eines Wohnrechts und die damit verbundenen Rechtsgeschäfte regelmässig von grosser Tragweite sind, lohnt sich hier das frühzeitige Einholen fachlichen Rates ganz besonders.
 
     
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