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Ausschluss der Erstreckung * Daniel Petazzi |
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Wird ein
Mietverhältnis durch den Vermieter gekündigt, besteht
regelmässig ein erhöhtes Interesse, dass die Wohnung oder der
Geschäftsraum auf einen bestimmten Zeitpunkt wieder verfügbar ist.
Das Institut der Erstreckung gemäss Art. 272 OR
verunmöglicht es jedoch dem Vermieter in den meisten Fällen, die
tatsächliche Beendigung des Mietverhältnisses
vorauszubestimmen. |
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Der Mieter kann
nämlich, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn oder
seine Familie eine Härte zur Folge hätte, welche durch die Interessen
des Vermieters nicht zu rechtfertigen wäre, eine Erstreckung des
Mietverhältnisses verlangen. Dieses Begehren hat der Mieter innert 30
Tagen ab Zugang der Kündigung durch den Vermieter gegenüber der
Schlichtungsbehörde zu stellen. Wird die Kündigung innert derselben
Frist durch den Mieter angefochten, so wird im Falle der Gültigkeit
der Kündigung von Amtes wegen geprüft, ob das
Mietverhältnis erstreckt werden kann. Auch bei befristeten
Mietverhältnissen, welche ohne Kündigung durch blossen Zeitablauf
enden, kann eine Erstreckung verlangt werden. Diesfalls müsste das
Begehren jedoch mindestens 60 Tage vor Ablauf des befristeten
Mietverhältnisses gestellt werden. Falls es der Mieter verpasst innert der
genannten Fristen eine Erstreckung des Mietverhältnisses zu verlangen bzw.
die Kündigung anzufechten, so hat der Vermieter unter Vorbehalt einer
nichtigen oder unwirksamen Kündigung die Gewissheit, dass das
Mietverhältnis auf den bestimmten Zeitpunkt beendet sein wird. In
fünf weiteren Fällen sieht das Gesetz vor, dass das
Mietverhältnis nicht erstreckt werden kann (vgl. Art. 272a
OR). Dabei ist zwischen den vier absoluten Ausschlussgründen, bei welchen
sich die Frage der Erstreckung von Beginn weg nicht stellt, und dem einen
relativen Ausschlussgrund, bei welchem zusätzlich die Umstände zu
berücksichtigen sind, zu unterscheiden. Als erster und wohl häufigster absoluter Ausschlussgrund ist der
Zahlungsrückstand des Mieters zu erwähnen. Hier wird vorausgesetzt,
dass der Vermieter aufgrund von Art. 257d OR wegen Zahlungsverzugs
des Mieters das Mietverhältnis ausserordentlich kündigte. Die gleiche
Ausschlusswirkung besteht auch für den Fall einer ordentlichen
Kündigung, wenn der Vermieter die Möglichkeit gehabt hätte, die
eben erwähnte ausserordentliche Kündigung auszusprechen. Somit
besteht bei einer ordentlichen Kündigung trotz Zahlungsverzug des Mieters
kein Erstreckungsausschluss, wenn die Formalien gemäss Art.
257d OR nicht eingehalten wurden, wenn zum Beispiel der Mieter nicht
korrekt abgemahnt wurde. Ein weiterer
absoluter Ausschlussgrund stellt die schwere Verletzung der Pflicht des Mieters
zu Sorgfalt und Rücksichtsnahme (vgl. Art. 257f Abs.
3 und 4 OR) dar. Ist der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis
wegen schwerer Verletzung der genannten Pflicht aufzulösen, so ist im
Falle einer Kündigung keine Erstreckung zu gewähren. Dabei ist wie
beim Zahlungsverzug ohne Bedeutung, ob die Kündigung ausserordentlich oder
ordentlich ausgesprochen wurde. Hier bleibt jedoch einschränkend zu
erwähnen, dass jeweils hohe Anforderungen an das Vorliegen einer
Kündigungsmöglichkeit infolge schwerer Pflichtverletzung gestellt
werden. Insbesondere muss das vertragswidrige Verhalten des Mieters korrekt im
Sinne von Art. 257f Abs. 3 OR abgemahnt worden
sein. Fällt der Mieter nach
Mietantritt in Konkurs, so hat der Vermieter aufgrund von Art.
266h OR ebenfalls eine ausserordentliche Kündigungsberechtigung.
Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis, nachdem die Voraussetzungen
von Art. 266h OR gegeben sind, führt dies ebenfalls zu einem
Erstreckungsausschluss. Wurde
schliesslich der Mietvertrag im Hinblick auf ein bevorstehendes Umbauoder
Abbruchvorhaben ausdrücklich nur für die beschränkte Zeit bis
zum Baubeginn oder bis zum Erhalt der erforderlichen Bewilligung abgeschlossen,
ist im Falle einer Kündigung eine Erstreckung ebenfalls absolut
ausgeschlossen. Hier wird verlangt, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
bereits ein konkretes Bau- oder Abbruchprojekt besteht, wobei die Bau- bzw.
Abbruchbewilligung noch nicht vorliegen muss. In diesem Fall handelt es sich
gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung um einen befristeten Vertrag,
welcher durch Eintreten des zuvor ausdrücklich bestimmten Ereignisses
sei es das Vorliegen der Baubewilligung oder der Beginn der Bauarbeiten
ohne weiteres beendet wird. Eine förmliche Kündigung
erübrigt sich daher, denn die Anzeige des vertragsauflösenden
Ereignisses muss genügen. Neben den
erwähnten absoluten Ausschlussgründen ist der einzige relative
Ausschlussgrund zu erwähnen: Danach ist die Erstreckung in der Regel
ausgeschlossen, wenn der Vermieter dem Mieter einen gleichwertigen Ersatz
für die Wohn- oder Geschäftsräume anbietet. Dabei ist es ohne
Bedeutung, ob das Ersatzobjekt dem Vermieter oder einem Dritten gehört. Ob
ein gleichwertiges Ersatzobjekt vorliegt, ist durch den Richter bzw. die
Schlichtungsbehörde durch sein bzw. ihr Ermessen zu entscheiden. Als
Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit sind weder die
Vorstellungen des Mieters noch diejenigen des Vermieters relevant. Als
massgebende Kriterien sind der bisher vereinbarte Gebrauchszweck, die damit
verbundenen notwendigen Eigenschaften des bisherigen Mietobjekts sowie die
persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse des
Mieters anzufügen. Der Mieter kann somit nicht darauf bestehen, dass das
Ersatzobjekt die gleiche Nutzungsfläche und den identischen Mietzins
aufweist. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände kann auch ein
teureres Mietobjekt als gleichwertiges Ersatzobjekt qualifiziert werden. Dem
Mieter muss die Möglichkeit eingeräumt werden, das Ersatzobjekt zu
prüfen. Dafür ist ihm in der Regel eine Frist von zwei Wochen zu
gewähren. Bei Geschäftsräumen ist diese Frist eher zu
verlängern. Dem Vermieter ist es dringend zu empfehlen das Angebot eines
allfälligen Ersatzobjektes bereits frühzeitig dem Mieter mitzuteilen.
Erfolgt die Anzeige erst anlässlich der Schlichtungsverwaltung wird dies
regelmässig zu spät sein. Die Schlichtungsbehörde muss
nämlich prüfen können, ob dem Mieter ein gleichwertiger Ersatz
angeboten wurde und ob dieser das Angebot ohne triftigen Grund ablehnte. Nur
falls diese beiden Fragen zu bejahen sind, wird die Erstreckung des
Mietverhältnisses ausgeschlossen. Als Beispiele für ein berechtigtes
Ablehnen des gleichwertigen Ersatzobjektes durch den Mieter kann Folgendes
angeführt werden: Alter oder Gesundheitszustand des Mieters lassen einen
Umzug auf den Zeitpunkt des Vertragsendes als unzumutbar erscheinen. Im
Zeitpunkt des Ersatzangebotes steht für den Mieter bereits fest, dass ihm
das Ersatzobjekt in naher Zukunft nicht mehr dienen kann. Ein zweimaliger Umzug
innert kürzerer Zeit ist in der Regel nicht zuzumuten. Schliesslich darf
der Mieter ein Ersatzangebot ablehnen, wenn es zur Unzeit kommt. Wie bereits
erwähnt, muss dem Mieter nämlich genügend Zeit zur
Überprüfung des Ersatzobjektes eingeräumt werden. Aufgrund
dieser Ausführungen wird klar, dass sich der Vermieter trotz Anbieten
eines aus seiner Sicht gleichwertigen Ersatzobjektes nicht darauf verlassen
kann, dass das Mietverhältnis nicht erstreckt wird. |
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lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich |
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