Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 05/2004 Inhaltsverzeichnis
Nachbarrecht

     
  Das Kapprecht nach Art. 687 ZGB
* Rafael Steger
 
     
  Der Nachbar kann überragende Äste und eindringende Wurzeln, die sein Eigentum schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist beseitigt werden, kappen und für sich behalten. Um das Kapprecht ausüben zu dürfen, bedarf es einer Schädigung durch die überragenden Äste oder durch eindringende Wurzeln, einer Beschwerde mit Fristansetzung und einer Untätigkeit des Pflanzeneigentümers.  
     
  Schädigung durch die überragenden Äste oder durch eindringende Wurzeln
Solange überragende Äste keine Schädigung verursachen, sind diese durch den Nachbarn zu dulden. Eine Schädigung i.S.v. Art. 687 Abs. 1 ZGB liegt vor, wenn die Äste oder Wurzeln eine erhebliche Beeinträchtigung in der Benutzung oder Bewirtschaftung des Grundstückes bewirken. Eine solche ist zu bejahen, wenn die Beeinträchtigung auch von einem normal empfindlichen Nachbarn unter den gegebenen Umständen als übermässig empfunden würde.
Bei Laub-, Blüten- oder Nadelfall kann von einer Übermässigkeit der Beeinträchtigung gesprochen werden, wenn häufige Reinigungsarbeiten in erheblichem Ausmass vorgenommen werden müssen, beispielsweise durch regelmässige und zeitintensive Gartenräumarbeiten. Auch eine wiederkehrende Verstopfung der Dachrinne, welche nicht durch einfache Gegenmassnahmen verhindert werden kann, kann als eine übermässige Beeinträchtigung verstanden werden. Der durch eine Pflanze verursachte Schattenwurf, kann unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ebenfalls als schädigende Beeinträchtigung qualifiziert werden.
Sollte Unklarheit darüber bestehen, ob tatsächlich eine Schädigung im Sinne des Gesetzes vorliegt, empfiehlt es sich – nicht zuletzt, um eine aufreibende Nachbarrechtsstreitigkeit zu vermeiden – einen Juristen hinzuzuziehen.
 
     
  Beschwerde und Fristansetzung
Als weitere Voraussetzung, um sein Kapprecht ausüben zu dürfen, bedarf es einer Beschwerde, in welcher der Pflanzeneigentümer aufgefordert wird, innert Frist den störenden bzw. schädigenden Zustand zu beseitigen. Aus Beweisgründen sollte die Beschwerde schriftlich und eingeschrieben erfolgen. Die Frist sollte genau bestimmt sein. Es empfiehlt sich, den Zeitpunkt auf den Tag genau anzugeben. Es sollte für den Pflanzeneigentümer klar ersichtlich sein, dass er bis zu diesem Zeitpunkt die schädigende Beeinträchtigung selbst beseitigen kann und dass nach diesem Zeitpunkt der beschwerte Nachbar sein Kapprecht auszuüben gedenkt.
Die Frist hat angemessen zu sein, d.h. auf die natürliche Vegetationszeit der betroffenen Pflanze ist Rücksicht zu nehmen. Als Faustregel für Bäume gilt, dass für das Zurückschneiden der Zeitraum zwischen dem 1. November und 1. März geeignet ist.
 
     
  Untätigkeit des Pflanzeneigentümers
Verstreicht die angesetzte Frist und der Pflanzeneigentümer ist untätig geblieben, darf die Kappung selbst ausgeführt werden. Die Kappung muss fachmännisch vorgenommen werden. Sollte man nicht über fundierte Kenntnisse verfügen, ist der Beizug einer Fachperson empfehlenswert. Die überhängenden Äste und eindringenden Wurzeln dürfen bis zur Grundstücksgrenze zurückgeschnitten werden. Eine klare Markierung der Grundstücksgrenze mittels Bändern und senkrecht stehenden Stangen ist hilfreich, um einer unrechtmässigen Kappung, d.h. über die Grundstücksgrenze hinweg, vorzubeugen. Die Kappung ist selbst dann zulässig, wenn die Pflanze dadurch Schaden nimmt oder sogar abstirbt. Das Kappgut kann der beschwerte Nachbar behalten oder dieses auf dem Grundstück des Pflanzeneigentümers zurücklassen resp. hinüberwerfen. Die Kosten der Kappung sind vom Ausführenden selbst zu tragen.
 
     
  Klage auf Beseitigung
Sind die Kosten der Kappung beträchtlich und ist die Beeinträchtigung erheblich, müsste vorab abgeklärt werden, ob eine Klage auf Beseitigung der schädigenden Pflanze nicht das adäquatere Vorgehen wäre. Insbesondere in Fällen, in denen die kantonalrechtlichen Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden und von der Pflanze eine Schädigung ausgeht, lohnt sich eine Abklärung durch einen Juristen. In diesem Fall werden bei Gutheissung der Klage die Kosten für die Beseitigung dem Pflanzeneigentümer auferlegt.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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