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Das Kapprecht nach Art. 687 ZGB * Rafael Steger |
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Der Nachbar
kann überragende Äste und eindringende Wurzeln, die sein Eigentum
schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist
beseitigt werden, kappen und für sich behalten. Um das Kapprecht
ausüben zu dürfen, bedarf es einer Schädigung durch die
überragenden Äste oder durch eindringende Wurzeln, einer Beschwerde
mit Fristansetzung und einer Untätigkeit des
Pflanzeneigentümers. |
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Schädigung
durch die überragenden Äste oder durch eindringende
Wurzeln Solange überragende
Äste keine Schädigung verursachen, sind diese durch den Nachbarn zu
dulden. Eine Schädigung i.S.v. Art. 687 Abs. 1 ZGB liegt vor, wenn die
Äste oder Wurzeln eine erhebliche Beeinträchtigung in der Benutzung
oder Bewirtschaftung des Grundstückes bewirken. Eine solche ist zu
bejahen, wenn die Beeinträchtigung auch von einem normal empfindlichen
Nachbarn unter den gegebenen Umständen als übermässig empfunden
würde. Bei Laub-, Blüten- oder
Nadelfall kann von einer Übermässigkeit der Beeinträchtigung
gesprochen werden, wenn häufige Reinigungsarbeiten in erheblichem Ausmass
vorgenommen werden müssen, beispielsweise durch regelmässige und
zeitintensive Gartenräumarbeiten. Auch eine wiederkehrende Verstopfung der
Dachrinne, welche nicht durch einfache Gegenmassnahmen verhindert werden kann,
kann als eine übermässige Beeinträchtigung verstanden werden.
Der durch eine Pflanze verursachte Schattenwurf, kann unter
Berücksichtigung der konkreten Umstände ebenfalls als
schädigende Beeinträchtigung qualifiziert werden. Sollte Unklarheit darüber bestehen, ob
tatsächlich eine Schädigung im Sinne des Gesetzes vorliegt, empfiehlt
es sich nicht zuletzt, um eine aufreibende Nachbarrechtsstreitigkeit zu
vermeiden einen Juristen hinzuzuziehen. |
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Beschwerde und
Fristansetzung Als weitere
Voraussetzung, um sein Kapprecht ausüben zu dürfen, bedarf es einer
Beschwerde, in welcher der Pflanzeneigentümer aufgefordert wird, innert
Frist den störenden bzw. schädigenden Zustand zu beseitigen. Aus
Beweisgründen sollte die Beschwerde schriftlich und eingeschrieben
erfolgen. Die Frist sollte genau bestimmt sein. Es empfiehlt sich, den
Zeitpunkt auf den Tag genau anzugeben. Es sollte für den
Pflanzeneigentümer klar ersichtlich sein, dass er bis zu diesem Zeitpunkt
die schädigende Beeinträchtigung selbst beseitigen kann und dass nach
diesem Zeitpunkt der beschwerte Nachbar sein Kapprecht auszuüben
gedenkt. Die Frist hat angemessen zu
sein, d.h. auf die natürliche Vegetationszeit der betroffenen Pflanze ist
Rücksicht zu nehmen. Als Faustregel für Bäume gilt, dass
für das Zurückschneiden der Zeitraum zwischen dem 1. November und 1.
März geeignet ist. |
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Untätigkeit des Pflanzeneigentümers Verstreicht die angesetzte Frist und der
Pflanzeneigentümer ist untätig geblieben, darf die Kappung selbst
ausgeführt werden. Die Kappung muss fachmännisch vorgenommen werden.
Sollte man nicht über fundierte Kenntnisse verfügen, ist der Beizug
einer Fachperson empfehlenswert. Die überhängenden Äste und
eindringenden Wurzeln dürfen bis zur Grundstücksgrenze
zurückgeschnitten werden. Eine klare Markierung der Grundstücksgrenze
mittels Bändern und senkrecht stehenden Stangen ist hilfreich, um einer
unrechtmässigen Kappung, d.h. über die Grundstücksgrenze hinweg,
vorzubeugen. Die Kappung ist selbst dann zulässig, wenn die Pflanze
dadurch Schaden nimmt oder sogar abstirbt. Das Kappgut kann der beschwerte
Nachbar behalten oder dieses auf dem Grundstück des
Pflanzeneigentümers zurücklassen resp. hinüberwerfen. Die Kosten
der Kappung sind vom Ausführenden selbst zu tragen. |
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Klage auf
Beseitigung Sind die Kosten der
Kappung beträchtlich und ist die Beeinträchtigung erheblich,
müsste vorab abgeklärt werden, ob eine Klage auf Beseitigung der
schädigenden Pflanze nicht das adäquatere Vorgehen wäre.
Insbesondere in Fällen, in denen die kantonalrechtlichen
Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden und von der Pflanze eine
Schädigung ausgeht, lohnt sich eine Abklärung durch einen Juristen.
In diesem Fall werden bei Gutheissung der Klage die Kosten für die
Beseitigung dem Pflanzeneigentümer auferlegt. |
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